Neu-Ulmer Zeitung

Nach sieben Stunden ist der Spuk vorbei

12 600 Bürger der Neu-Ulmer Innenstadt müssen wegen der Entschärfu­ng ihr Domizil verlassen. Oberbürger­meister Gerold Noerenberg lobt den reibungslo­sen Ablauf der Aktion. Welche gute Nachricht es noch gab

- VON STEFAN KÜMMRITZ

Um 15.35 Uhr war gestern der Spuk in Neu-Ulm, der morgens begonnen hatte, vorbei. Davon hatten in erster Linie zwei Sprengmeis­ter etwas gemerkt, die die Aufgabe hatten, eine 500 Kilo schwere USBombe zu entschärfe­n, die am Donnerstag im Südstadtbo­gen gefunden worden war. Sie leisteten saubere Arbeit, es ist nichts passiert. Ab 16 Uhr konnten die 12600 Neu-Ulmer Innenstadt­bewohner, die zur Vorsicht ab 8.30 Uhr evakuiert worden und somit von der Aktion stark betroffen waren, in ihre Häuser und Wohnungen zurück. Der Verdacht, auf dem Gelände könnte eine zweite Bombe liegen, löste sich im Nichts auf. An der entspreche­nden Stelle wurde in fünfeinhal­b Meter Tiefe nur Bauschutt gefunden.

Alle an der Evakuierun­g und der Bombenents­chärfung Beteiligte­n zeigten sich erleichter­t, als die Gefahr vorüber war. Außerorden­tlich war, wie gut die Maßnahmen in der Kürze der Zeit organisier­t worden waren und wie reibungslo­s der gestrige Tag insgesamt ablief. Oberbürger­meister Gerold Noerenberg war dann auch voll des Lobes für die insgesamt 652 eingesetzt­en Helfer, von denen die Hälfte ehrenamtli­ch ihren Dienst versah: „Die Evakuierun­g war die größte, die wir bisher hatten, und ist ohne Probleme nach Plan gelaufen.“Ins gleiche Horn blies Polizeipre­ssespreche­r Sven Hornfische­r: „Es gab keine besonderen Vorkommnis­se.“

Gestern Morgen hatte die Polizei alle Zufahrtswe­ge zur betroffene­n Region rings um die Bombe im Umkreis von rund 500 Metern abgesperrt, um 8.30 Uhr wurde mit der Evakuierun­g begonnen. Zwar waren alle Bewohner des betroffene­n Gebiets im Vorhinein vielfältig darauf hingewiese­n worden, dass sie ihr Domizil verlassen müssen, trotzdem fuhr die Feuerwehr noch einmal durch die Straßen und forderte per Lautsprech­erdurchsag­e die Menschen auf, jetzt einen Ort au- ßerhalb des Sperrgebie­ts aufzusuche­n. Wer nicht sowieso das Weite gesucht hatte, sondern in Neu-Ulm bleiben wollte, konnte die Weststadts­chule oder die Hochschule Neu-Ulm aufsuchen. In ersterer fanden sich dann auch 266 Leute ein, in der Hochschule 51.

Nur ganz wenige Bewohner, nämlich nur 62, ließen sich nicht dazu bewegen, ihr Heim vorübergeh­end zu verlassen. Zu ihnen zählten Caroline Credo und Johannes Lehmann. Der Herr des Hauses erklärte den Grund: „Die Sperrlinie läuft genau durch unser Haus. Im alten Teil müssten wir raus, im neuen Anbau nicht. Da bleiben wir hier.“

Die Evakuierun­g, bei der die Helfer von Polizei, Feuerwehr und Technische­m Hilfswerk an jeder Haus- und Wohnungstü­r klingelten und aufpassten, dass niemand zurückblei­bt, der es nicht explizit will, zog sich letztlich gut sechs Stunden hin. Um 14.45 Uhr wurde gemeldet: Die Entschärfu­ng der Bombe läuft.

Nun hieß es weiter warten. Auch für die Menschen in der Weststadts­chule. Geduldig harrten sie dort aus. Es gab kostenlos warmes Essen und Brötchen sowie Getränke. Manche spielten Karten, andere mit ihrem Smartphone, wieder andere machten ein Nickerchen oder plauderten mit Bekannten. „Wir hätten doppelt so viel Menschen aufnehmen können“, sagte Rolf Vogelmann vom Deutschen Roten Kreuz, das den Dienst in der Schule übernommen hatte. „Es sind hier fast alle Nationalit­äten vertreten. Wir haben Erwachsene und Kinder, die einen Mordsspaß haben, es wird auch gebastelt und gelesen oder es werden Geschichte­n erzählt.“Wie überall in der Neu-Ulmer City, die mittags menschenle­er wie eine Geistersta­dt wirkte, waren alle sehr entspannt. Letztlich auch ein älterer Herr, der sich nur etwas ärgerte, als er hörte, wie lange der „Ausstand“dauern würde. „Davon ist man vorher nicht richtig informiert worden“, meinte er, „sonst ist hier alles wunderbar.“

Dass die Entschärfu­ng der Bombe lief, merkte man auch daran, dass während dieser Zeit, wie mit der Bundesbahn abgestimmt, aus Sicherheit­sgründen kein Zug durch Neu-Ulm fuhr. Um 15.40 Uhr ging im eigens eingericht­eten und stark frequentie­rten Pressezent­rum an der Reuttierst­raße das Gerücht um, die 1,40 Meter lange Bombe mit einem Durchmesse­r von 50 Zentimeter­n sei jetzt entschärft. Die Bestätigun­g folgte eine Minute später. Die Sprengmeis­ter hatten ganze Arbeit geleistet. Es dauerte dann noch gut 20 Minuten, bis sich die Neu-Ulmer City wieder bevölkerte.

OB Gerold Noerenberg, der vor der Entschärfu­ng an einem Hubschraub­er-Kontrollfl­ug teilgenomm­en hatte, zeigte sich beeindruck­t: „So eine total leere Stadt wirkt von oben schon etwas gespenstis­ch. Es gibt im Stadtgebie­t weitere Verdachtsp­unkte und wir werden weitere Sondierung­en vornehmen.“

»Bilder vom Evakuierun­gstag unter

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Foto: Alexander Kaya Da ist das Ding: Die beiden Sprengmeis­ter Roger Flakowski (links) und Martin Radons präsentier­en den Blindgänge­r, für dessen Entschärfu­ng am Sonntag ein Gutteil der Neu Ulmer Innenstadt lahmgelegt werden muss te. Rund 12 600 Menschen verließen ihre...
 ?? Foto: Alexander Kaya Ludwigstra­ße 10, 89231 Neu Ulm
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Bayern, Politik: ?? Der Altenstadt­er Sprengmeis­ter Martin Radons mit den beiden Zündern der amerikanis­chen 500 Kilogramm schweren Flieger bombe, die sie gestern Nachmittag am Südstadtbo­gen in 55 Minuten entschärft haben. Neu Ulmer Zeitung Lokalredak­tion: Sportredak­tion:...
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