Von Level zu Level hinauf
Marteria verbreitet Weltraum-Stimmung in der Ratiopharm-Arena. Doch die ist nicht ganz voll
Die Tickets von Marterias letzter Tour waren in nur 60 Sekunden ausverkauft, diesmal blieben zahlreiche Plätze in der Ratiopharm-Arena unbesetzt. 4600 Besucher waren da. Doch gesessen wurde während der rund zweistündigen, recht basslastigen Show eh nicht, denn bei den Auftritten des Rostocker Rappers heißt die Devise: Alle aufstehen!
Mit vielen Songs des aktuellen Albums „Roswell“verbreitete Marteria einen Hauch von „Raumschiff Enterprise“, außerirdische Lebewesen inklusive. „Wir sind Aliens“und „Scotty beam mich hoch“sangen die Fans begeistert mit. Bei Letzterem ist jedoch fraglich, ob die teils jungen Fans wissen, woher dieser Satz stammt. Aus eben jener USSerie der 1960er-Jahre rund um Captain Kirk, Mister Spock und eben jenen „Scotty“.
Marteria alias Marten Laciny wurde in den 80ern geboren und ist wohl mit pixeligen Computerspielen aufgewachsen. Denn bei „Endboss“liefen auf der großen Leinwand im Hintergrund diverse Spiele, darunter „Mario Bros.“, „Giana Sisters“oder auch die Disziplin Klippenspringen aus „World Games“. Von Level zu Level rappte sich Marteria und schwor die Fans ein: „Manchmal spürt man schon am Anfang, es wird ein geiler Abend.“
Vor dem Titel „El Presidente“tauschte er sein dunkles Oberteil in eine helle Camouflage-Jacke, die weiße, knielange Hose behielt er dazu an. Im Video explodierte eine Fliegerbombe am Boden. Ob er wusste, dass zur Zeit seines Auftritts nicht allzu weit weg ein Blindgänger dem Zweiten Weltkrieg darauf wartete, entschärft zu werden? Mit einer roten Fackel in der Hand verbreitete er bei „Bengalische Tiger“zumindest explosive Stimmung. Nicht zuletzt bei „Feuer“zum Ende der Show wurde den Fans an vorderster Front heiß. „Alle ausziehen – FKK-Kultur nennen wir das bei uns“, sagte der Rapper. Und so zogen viele ihr Shirt aus und wedelten damit in der Luft.
Doch nicht nur Feuer und Videos waren Bestandteil der Show. So hielt der Künstler bei „Neue Nikes“den Schuh eines Fans nach oben – und der DJ glänzte mit einem Sample aus dem Hip-Hop-Klassiker „The Message“von Grandmaster Flash & The Furious Five. Marteria und seine Band schwangen weiße Handtücher und verbreiteten positive Stimmung. Oder er lief durch den Innenraum, bevor er sich danach auf Händen zur Bühne zurücktragen ließ. Das „Peace“-Zeichen war ihm bei „Skyline mit zwei Türmen“besonders wichtig, geht es in dem Song doch um New York City.
Nachdenklich, moralisch, kritisch – so sind einige Texte des Rappers. Aber auch nostalgisch angeaus haucht, wie bei „Marteria Girl“, dessen Titel an einen 80er-Song von Madonna erinnert. „Danke für diesen wunderschönen Moment“, sagte Marteria nach dem Song, bei dem viele weibliche Fans auf den Schultern getragen wurden. Nach rund einer Stunde ging Marteria von der Bühne, danach wurde es sehr neblig. Er kam als „Marsimoto“mit glänzendem Overall und Maske zurück.
Nach einigen Songs durften die Fans wieder zu Marteria springen. Nach den Hits „Kids (2 Finger an den Kopf)“und „Lila Wolken“gab es Zugabe-Rufe. Der letzte Song wurde angekündigt mit „die ganze Halle soll leuchten“. Viele zückten dann ihre Smartphones bei „Welt der Wunder“. Die traditionellen 20 Sekunden zum Abschluss dauerten mehrere Minuten, es gab KonfettiSchlangen von der Decke und noch mal einen kurzen Auftritt als Marsimoto, dazu Feuer-Fontänen. Marteria nahm ein Bad in der Menge, stellte die Band vor und bedankte sich mit „Das war stark“.
Viele weitere Bilder von Marteria unter
Normalerweise ist der Tastenspieler in Hardrock-Gruppen nicht unbedingt der Lauteste. MetalBands ließen ihren Keyboarder gerne mal hinter der Bühne spielen, weil er ja eh nur eine Art klangliches Füllmaterial lieferte. Hier in der Roxy Cafébar ist das anders. Don Airey gibt mit seiner Tasten-Burg auf der kleinen Bühne den Ton an, er ist der Chef – ein sehr freundlicher Herrscher mit Bäuchlein, rundem Gesicht, einem sanften Dauerlächeln und immer noch flinken Fingern.
Er hat fünf Jahrzehnte HardrockGeschichte mitgeprägt, stand aber stets im Schatten von anderen, deshalb spielt er mit seinen Friends auch nicht auf der großen RoxyBühne. Vielleicht besser so, denn die versammelte Ü-50-Gemeinde erlebt einen kleinen, aber sehr, sehr feinen Classic-Rock-Abend, der vor allem um zwei Bands kreist.
Seit 2001 ersetzt Don Airey bei Deep Purple den großen alten Mann der Rock-Orgel, den mittlerweile