Plünderungen und Gewalt in Afrin
Die türkische Armee festigt ihre Kontrolle über die kurdisch dominierte Stadt. Kritiker vermuten, dass Ankara die feste Absicht hat, das Gebiet zu annektieren
Als strahlender Erfolg erscheint in den türkischen Medien und den Bulletins der türkischen Armee aus Afrin die Eroberung der nordsyrischen Stadt: Die türkische Fahne wehe über den Regierungsgebäuden, die Ordnung in der Stadt sei wieder hergestellt, die Kurdenkämpfer der Miliz YPG seien geflohen. „Afrin ist endlich blitzsauber“, verkündete die Zeitung Milliyet. Doch die Wirklichkeit sieht wohl anders aus. Bewohner berichten von Plünderungen, mehr als 200 000 Menschen sind auf der Flucht, die EU kritisiert eine Woche vor einem geplanten Gipfeltreffen mit Präsident Recep Tayyip Erdogan das türkische Vorgehen in Syrien. Kritiker werfen Ankara vor, syrische Grenzgebiete de facto zu annektieren.
Trotz der Siegesmeldungen sind die Auseinandersetzungen zwischen der türkischen Armee und der protürkischen Miliz FSA mit der YPG in Afrin offenbar noch nicht vorbei. Die YPG kündigte einen GuerillaKrieg an, der für die Türken zum „Albtraum“werden soll. Auf Twitter veröffentlichte die Miliz ein Video, das laut YPG den Einschlag einer Rakete in einem gepanzerten Fahrzeug der türkischen Soldaten und deren Verbündeten in einem Dorf bei Afrin zeigte. Am Montag wurden nach türkischen Angaben in Afrin elf Menschen bei der Explosion einer Sprengfalle getötet.
Bewohner der Stadt und die unabhängige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichteten, Kämpfer der FSA hätten in Afrin viele Geschäfte und Wohnhäuser geplündert. Videos zeigten bewaffnete Männer, die körbeweise Beute aus Häusern trugen; andere brachten auf Traktoranhängern ganze Wagenladungen aus der Stadt. Die FSA bestätigte die Plünderungen, erklärte aber, es handele sich um die Taten von Banditen, denen Einhalt geboten werde.
Wie lange die türkische Armee in Afrin bleiben wird, ist noch offen. Noch gebe es für die Truppen im Nordwesten Syriens viel zu tun, sagte Regierungssprecher Bekir Bozdag. An eine dauerhafte Truppenpräsenz im Nachbarland werde aber nicht gedacht. Ein rascher ist damit wohl ausgeschlossen, zumal der Afrin-Feldzug in der türkischen Öffentlichkeit breite Unterstützung genießt.
Was die kommenden Monate für Afrin bringen könnten, lässt sich möglicherweise an der Entwicklung in der weiter östlich gelegenen Stadt Dscharablus ablesen, die 2016 das Ziel einer türkischen Intervention war. Seitdem sind nach türkischen Angaben rund 140 000 Syrer aus der Türkei nach Dscharablus gezogen. Die Stadt wurde an das türkische Stromnetz angeschlossen und wird von Polizeikräften gesichert, die von der Türkei ausgebildet und ausgerüstet worden sind. Die Anbindung der syrischen Stadt an die Türkei ist so eng, dass kürzlich sogar eine FiRückzug liale der türkischen Post PTT in Dscharablus eröffnete.
Türkische Nationalisten fordern, die Armee solle ihren Feldzug fortsetzen und – wie von Erdogan angekündigt – die als Ableger der Terrororganisation PKK betrachtete YPG aus dem gesamten Norden Syriens vertreiben. Dies würde erhebliche Spannungen mit Russland und den USA provozieren; nach einer Vereinbarung zwischen den Supermächten steht das syrische Gebiet westlich des Euphrat unter russischer Kontrolle, während östlich des Stroms die USA das Sagen haben.
Auch die Beziehungen der Türkei zu Europa werden durch die Intervention in Syrien belastet. Die EUAußenbeauftragte Federica Mogherini sagte, sie sei wegen des türkischen Vorgehens im Norden Syriens besorgt. Schließlich sollten internationale Bestimmte Drogendealer sollen nach dem Willen von Präsident Donald Trump künftig in den USA mit dem Tode bestraft werden können. Dies ist nach Angaben hochrangiger Regierungsbeamter Teil eines Plans zur Bekämpfung des schweren Opioid-Problems im Land, den Trump am Montag in New Hampshire verkünden will. Demnach soll das Justizministerium als Chefanklagebehörde auf Bundesebene in Prozessen die Todesstrafe beantragen, „wenn es unter dem geltenden Gesetz angemessen ist“. Konkrete Beispiele nannten die Beamten nicht, aber machten klar, dass die Entscheidungen jeweils im juristischen Ermessen des Ministeriums lägen und der Kongress dazu keine Gesetzesänderung beschließen müsse. Trump will den Angaben zufolge jedoch Senat und Abgeordnetenhaus auffordern, es gesetzlich zu erleichtern, Mindeststrafen für Menschen zu verhängen, die mit besonders potenten Drogen handeln.