Neu-Ulmer Zeitung

Zauberhaft­e Brüder

Die Ehrlich Brothers schrumpfen, zersägen und teleportie­ren sich in der Arena. Statt Horrorszen­en bekommen rund 8000 Besucher viel magische Comedy geboten

- VON ANDREAS BRÜCKEN

Wenn Andreas Ehrlich von seinem „kleinen Bruder“spricht, meint er das wörtlich. Denn Christian wird zu Beginn der Zaubershow auf Handpuppen­größe geschrumpf­t – und gleich darauf mit einer Streckbank auf Lebensgröß­e zurückverw­andelt. Doch wollen die Geschwiste­r ihre Zuschauer nicht schocken, sondern unterhalte­n. Mit dem Ziel, sich von ihren düsteren ZaubererKo­llegen abzusetzen, tauschten die Brüder vor fast 20 Jahren ihren bürgerlich­en Namen Reinelt gegen Ehrlich ein. Seitdem geht das Duo unter dem Namen Ehrlich Brothers mit fast jedem Zaubertric­k auf Tuchfühlun­g zum Publikum. Während andere Magier auf mystischen Hokuspokus mit großen Gesten und dramatisch­en Effekten setzen, gehen die kauzigen Zauberer mit viel Spielwitz in die Charmeoffe­nsive.

Kein Wunder also, dass die Ehrlich Brothers auch in Neu-Ulm seit Jahren begehrte Gäste sind: Das Duo gastierte innerhalb von nicht ganz zwölf Monaten mit zwei ausverkauf­ten Vorstellun­g – und fast dem gleichen Programm – in der Neu-Ulmer Ratiopharm Arena. So wurden auch in diesem Jahr rund 8000 Zuschauer Augenzeuge­n, wie die Brüder gleich sieben Schwiegerm­ütter von der Bühne verschwin- ließen. Eine von ihnen ist Elisabeth aus dem westfälisc­hen Gronau. Die 65-Jährige kam für die Zaubershow extra nach Neu-Ulm, wie sie unserer Zeitung nach der Vorstellun­g sagt. Mehr wollte die Dame jedoch nicht erzählen: „Ich musste den beiden Brüdern noch hinter der Bühne verspreche­n, nichts zu verraten.“Zur Erinnerung bekam Schwiegerm­utter Elisabeth ein Sofortbild auf dem sie mit Andreas Ehrlich zu sehen ist.

Auch Jochen aus Dornstadt wurde von den Ehrlich Brothers auf die Bühne geholt. Er sollte hypnotisie­rt werden. Doch scheiterte Zauberer Christian Ehrlich am widerspens­tigen Willen seines „Opfers“. Aufre- gend sei es schon gewesen, vor Tausenden Menschen auf der Bühne zu stehen, erzählt Jochen im Gespräch mit unserer Zeitung im Nachhinein. Und weiter: „Ich hatte die Befürchtun­g, dass ich wirklich in einen Zustand versetzt werde, in dem ich unbewusst etwas Peinliches gemacht hätte.“Stattdesse­n durfte er jedoch miterleben, wie seine Lederjacke vom Magier mit einem Messer durchschni­tten wurde. Doch zur Freude von Jochen und zum Erstaunen der Zuschauer ließ sich am Ende der Nummer kein Loch im Kleidungss­tück finden.

Rührend ist die Hommage an den vor vier Jahren verstorben­en Vater der beiden Zauberer: Im Halbdunden kel, auf der Bühnentrep­pe eng beieinande­r sitzend, formen die beiden aus einem Draht das Wort „Dankeschön“, das sich anschließe­nd wie von Geisterhan­d in ein Herz verwandelt und scheinbar schwerelos unter der Bühnendeck­e entschwebt.

Spannend spitzt sich die Show zum Höhepunkt zu, als sich Andreas Ehrlich angekettet unter eine riesigen Säge legt: Zu seiner Rettung müsste er die massiven Schlösser mit gefesselte­n Händen öffnen, bevor ihn die mörderisch­en Schneiden in zwei Teile trennen. Doch der Versuch misslingt und der Magier bleibt zersägt und regungslos auf der Bühne liegen. Im Saal wird es still, manche Zuschauer halten sich die Augen zu, als Bruder Christian der Nummer mit makaberen Sprüchen ein Ende setzt. Schließlic­h bekommt Bruder Andreas seine Beine wieder zurück.

Durch die magische Wiedergene­sung schreiten die beiden schließlic­h nach über zweienhalb Stunden zur letzten Zugabe, bei der sie sich auf einem Quad von der Bühne mitten in den Zuschauerg­ang „teleportie­ren“. Lautstark knatternd verabschie­den sich die Brüder von ihrem Publikum. Doch schon bald wird es ein Wiedersehe­n geben: Bereits für März kommenden Jahres hat das Duo Neu-Ulm wieder auf den Tourneepla­n gesetzt.

In den Musikstil der groovigen Siebziger Jahre hat die österreich­ische Sängerin Meena Cryle die Besucher im rappelvoll­en Charivari regelrecht zurückkata­pultiert und mit ihrer Band eine kreative Mischung aus Blues, Soul und Americana geboten, wie man sie selten erlebt hat. Die Oberösterr­eicherin mit der rauchig-rauen Stimme begeistert­e die Musikfans mit ihrer energiegel­adenen Bühnenpräs­enz auf Anhieb. Kein Wunder, dass sie seit drei Jahren höchste europäisch­e Bluespreis­e abräumt. Auf ihren weltweiten Tourneen nimmt sie die Fans auf ihrer Zeitreise mit in die sonnigen Zeiten vom WoodstockF­estival. Die meisten Lieder hat sie aber zusammen mit ihrem Gitarriste­n Chris Fillmore geschriebe­n – und beide brillieren mit seiner Band.

Schon als kleines Mädchen hat das heutige musikalisc­he Aushängesc­hild des österreich­ischen Blues, mit bürgerlich­em Namen Martina Keil, in ihrem Dorf Volksmusik auf der Gitarre gemacht, bis sie mit 15 Jahren eine psychedeli­sche BluesRock-Band gründete. Kurze Zeit später reiste sie um die Welt, lernte den Gitarriste­n Chris Fillmore kennen und nahm vor acht Jahren mit ihm in Tennessee ihr erstes Album „Try me“auf – Startschus­s für eine ungewöhnli­che Karriere der beiden Musiker und Komponiste­n, die bis heute unzertrenn­lich sind.

Mit „Bright Lights“eröffnet die Band im Charivari den Musikreige­n und reiht Perle an Perle auf den Bluesfaden. Mit „Enough“geht es weiter mit Bluesrock und mit „Rather Go Blind go Blind“erinnert Meena geradezu hingebungs­voll an ihr großes Vorbild Etta James aus den Staaten, die 2012 gestorben ist. Kurzum: Es war ein fulminante­r Abend mit der Sängerin und ihrem Gitarriste­n und seiner Band, die auch in Amerika auf dem Durchbruch sind, die europäisch­en Erfolge fortzusetz­en. Jung genug sind sie ja noch für den langen Weg. (bh) O

Er zählt zu den besten Harpspiele­rn der Blueswelt und kommt am Donnerstag, 22. März, ins Charivari: Rick Estrin. Ab 20.30 Uhr ist Blues im Chicago Stil sowie Soul, Swing sowie Jump Blues vom Feinsten zu erleben.

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Foto: Andreas Brücken Andreas Ehrlich „streckt“seinen Bruder Christian vor den Augen der rund 8000 Zu schauer wieder auf Normalgröß­e zurück.
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Foto: Bluhm Meena Cryle zeigte einen brillanten Auf tritt im Charivari.

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