Hat eine „Big Data“Firma die US Wahl entschieden?
Schuld für das Phänomen Trump zuschieben. Auch eine entsprechende – im Internet zigtausendfach geteilte – Enthüllungsgeschichte über „Cambridge Analytica“zweier Schweizer Journalisten des Tagesanzeigers wurde von vielen anderen Medien belächelt. Seit dieser Woche dürfte das vorbei sein: Nachdem ein früherer Mitarbeiter von „Cambridge Analytica“als „Whistleblower“über die Betriebsgeheimnisse und genauen Arbeitsweisen ausgepackt hatte, stürzte die Aktie von Facebook um sieben Prozent ab.
Mark Zuckerbergs Internetriese steckt damit endgültig in der tiefen Krise aus Skandalen, in die das Unternehmen mit der Verbreitung von Fake News, russischen Wahleinflussnahmen und Hasskommentaren schlitterte. Denn „Cambridge Analytica“konnte sich nach Angaben des Insiders Christopher Wylie mit ein paar Tricks die Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern ausspähen und für Trumps US-Wahlkampf instrumentalisieren.
Mithilfe des Vorhersagewerkzeugs, ob ein bestimmter Wähler mit großer Wahrscheinlichkeit Trump wählen würde, konnten die Wahlkämpfer ihren Einsatz effizient planen: Denn bei den US-Wahlen kommt es vor allem auf die Mobilisierung an. Es geht darum, die eigenen Anhänger zu motivieren, zur Wahl zu gehen und abzustimmen. Wylie verriet, wie das VorhersageWerkzeug technisch genau funktionierte: Wie bereits die Tagesanzeiger-Journalisten geschrieben hatten, basiert die Technik auf einem Modell des britischen Marketing-Professors Michal Kosinski. Er verknüpfte Ergebnisse eines weitverbreiteten psychologischen Persönlichkeits-Fragetests mit den damals noch öffentlich sichtbaren Likes auf Facebook-Profilen.
Mit dem wissenschaftlichen Fragebogen wird die Persönlichkeit eines Menschen definiert: Ob er eher konservativ oder neugierig ist, zurückhaltend oder gesellig, emotional oder selbstbeherrscht. Nach zigtausenden Abgleichen von Fragebogen-Ergebnissen und FacebookProfilen stieß Kosinski auf stets wiederkehrende Muster. Aus knapp 70 Facebook-Likes kann er mit über 80 Prozent Wahrscheinlichkeit sagen, welche Partei ein Facebook-Nutzer wählt. Ähnliches gilt für Intelligenz, Religion, sexuelle Orientierung oder Alkoholkonsum. Mit 300 Likes könne die Technik das Verhalten eines Menschen besser vorhersagen als dessen Ehepartner.
Ein Kollege Kosinskis machte aus dem Modell eine Facebook-App, die als amüsantes Persönlichkeitsquiz daherkam. Wie die New York Times und der britische Observer berichten, finanzierte „Cambridge Analytica“die Werbung und Verbreitung der App namens „Thisisyourdigitallife“. Um den Test machen zu dürfen, musste der Nutzer ein Facebook-Konto haben und sich als US-Wähler ausweisen. Binnen weniger Monate hatte die Firma hunderttausende Wählerprofile. Nicht nur das: Laut Observer saugte sie Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern ab, indem sie auf die Freundesprofile der App-Nutzer