Neu-Ulmer Zeitung

Szenen einer Ehe

- VON RUDI WAIS rwa@augsburger allgemeine.de

Der bayerische Löwe faucht – und das aus gutem Grund. Eine Kanzlerin, die einem ihrer wichtigste­n Minister öffentlich so in die Parade fährt, wie Angela Merkel es bei Horst Seehofer getan hat, darf sich nicht wundern, wenn in ihrer Koalition jeder für sich und jeder gegen jeden arbeitet. Ob der Islam nun zu Deutschlan­d gehört oder nicht, spielt dabei noch die geringste Rolle. Im Kern geht es in diesem Konflikt um das, was ein Regierungs­bündnis im Innersten zusammenhä­lt: Loyalität, Fairness, eine gewisse Disziplin auch. Indem sie Seehofer öffentlich zurechtwie­s, hat die Kanzlerin gegen das ungeschrie­bene Gesetz verstoßen, nach dem eine Koalition interne Konflikte möglichst auch intern beilegt.

Dass es zwischen Union und SPD häufiger knirschen würde, war bereits vor dem Start der neuen GroKo absehbar. Umso wichtiger wäre es deshalb, dass zumindest die beiden C-Parteien mit sich im Reinen sind. Im Moment allerdings ist genau das Gegenteil der Fall. Angela Merkel fühlt sich von Horst Seehofer provoziert – und er sich erst recht von ihr. Für den Rest der Legislatur­periode verheißt das nichts Gutes. Die „liebe Angela“, wie Seehofer sie lange nannte, und ihr Horst haben sich auseinande­rgelebt. Der nächste Ehekrach ist nur noch eine Frage der Zeit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany