Der Held von Trèbes
Seine Selbstlosigkeit bezahlte Arnaud Beltrame mit dem Leben. Vom tragischen Tod des französischen Polizisten und drei weiteren Menschen nach dem Überfall auf einen Supermarkt
Wer Arnaud Beltrame gekannt hat, zeigte sich erschüttert über seinen Tod nach der blutigen Geiselnahme im südfranzösischen Trèbes am Freitag; aber zugleich kaum überrascht darüber, dass er der Gendarmerie-Offizier war, der sich freiwillig für den Austausch mit einer Supermarkt-Mitarbeiterin angeboten hatte. Möglicherweise rettete er der Frau das Leben und bezahlte mit dem eigenen. Am Samstagmorgen erlag der 44-Jährige in einer Klinik seinen Schussverletzungen. Damit stieg die Zahl der Todesopfer durch den Anschlag auf vier; 15 Menschen wurden verwundet.
Der Attentäter Radouane Lakdim hatte am Freitag zunächst beim Überfall auf ein Auto dessen Fahrer schwer verletzt und den Beifahrer getötet, anschließend in einem Supermarkt einen Metzger sowie einen Kunden erschossen und schließlich Beltrame, der noch versucht hatte, mit ihm zu verhandeln. Er ging als Held, sagte dessen Bruder Cédric in den französischen Medien. Beltrame den Respekt und die Bewunderung der ganzen Nation, erklärte Präsident Emmanuel Macron. Niemals wird Frankreich sein Heldentum, seine Tapferkeit, sein Opfer vergessen, schrieb Innenminister Gérard Collomb auf Twitter.
Die französische Regierung will in den kommenden Tagen eine nationale Hommage für Beltrame abhalten. Ein Priester hatte ihm noch vor seinem Tod das Sakrament der Ehe gegeben. Im Juni wollte sich der Offizier mit seiner Frau Marielle kirchlich trauen lassen, einer Tierärztin, der er im August nach Südwestfrankreich gefolgt war. Zuvor arbeitete er im Pariser Umweltministerium sowie in Avranches in der Normandie, wo er jeweils leitende Funktionen innehatte. Frühere Kollegen nannten ihn, der in 18 Jahren die Karriereleiter hinaufgeklettert war, einen guten Kerl, der menschlich mit seinem Team umging. Erst vor wenigen Monaten hatte Arnaud Beltrame bei einer Übung einen Einsatz simuliert, der jenem in Trèbes auf erschreckende Weise ähnelte: einen bewaffneten Überfall auf einen Supermarkt. „Wir wollen so nah wie möglich an den realen Bedingungen sein“, sagte er damals einer Regionalzeitung. Weil er sein Handy auf Empfang geschaltet hatte, während er alleine mit dem Attentäter war, konnten die Einsatzkräfte draußen mithören, was sich im Gebäude abspielte. Als sie Schüsse hörten, stürmten sie das Gebäude und töteten den Attentäter. Bei diesem handelte es sich um einen in mals schoss Lakdim um sich, bevor er einige Mitarbeiterinnen als Geisel nahm. Sie ließ er nach und nach frei, die letzte im Austausch gegen Beltrame. Im Supermarkt entdeckte die Polizei später drei selbst gemachte Sprengsätze, eine Pistole vom Kaliber 7,65 und ein Jagdmesser. Am Wochenende wurden die Freundin sowie ein noch minderjähriger Freund des Täters in Untersuchungshaft genommen.
Lakdim war wegen unerlaubten Waffenbesitzes und Drogenkonsum vorbestraft und den Behörden für seine Verbindungen zu Salafisten bekannt. „Wir haben ihn beobachtet und dachten, dass es keine Radikalisierung gibt“, sagte Innenminister Collomb. Lakdim sei plötzlich zur Tat geschritten. In seiner Wohnung fanden die Ermittler Notizen in Verbindung mit dem sogenannten Islamischen Staat (IS) sowie ein handgeschriebenes Testament. Der IS hat sich zu dem Anschlag bekannt. Präsident Macron sagte, die terroristische Bedrohung in Frankreich bleibe hoch in dem Land, das seit 2015 wiederholt von Attentaten erschüttert worden ist.
Mit der Unbeschwertheit vor dem King’s College der Universität Cambridge ist es vorbei, seitdem der britische Wissenschaftler Aleksandr Kogan im Fokus des Datenskandals von Facebook und der britischen Analysefirma Cambridge Analytica steht. Der Psychologe, der an der englischen Elite-Universität im Bereich Neurowissenschaften lehrte, hatte für eine wissenschaftliche Studie eine Umfrage auf Facebook gestartet. Dies geschah Berichten zufolge in Zusammenarbeit mit dem Online-Netzwerk.
Mithilfe einer Quiz-App konnte Kogan private Daten von mehr als 50 Millionen Facebook-Mitgliedern sammeln, die er dann an die umstrittene Firma Cambridge Analytica weitergegeben haben soll. Das Datenanalyse-Unternehmen wiederum nutzte die Informationen, um 2016 mit zielgerichteten politischen Anzeigen den US-Wahlkampf des republikanischen Kandidaten und aktuellen Präsidenten Donald Trump zu unterstützen. Und offenbar bot man diese Dienste danach auch anderen an. Facebook spricht von Betrug und erklärte, schon 2015 gewusst zu haben, dass ein Professor den Konzern belogen habe. Kogan sieht sich dagegen zu Unrecht als Sündenbock abgestempelt. Gegenüber Medien sagte er, er habe in gutem Willen gehandelt und ohnehin sei man lax mit Datenbeständen umgegangen. Akademiker-Kollegen aber haben einem Bericht der Financial Times zufolge bereits vor vier Jahren Bedenken über Kogans Pläne angemeldet, die Daten in Zusammenarbeit mit Cambridge Analytica zu benutzen. So sollen die Mitarbeiter die Frage aufgeworfen haben, ob Kogan die wissenschaftlichen Erkenntnisse verwenden könnte, um eine ähnliche App für Cambridge Analytica zu entwickeln.
Der Brite soll die Sorgen der Kollegen als falsch zurückgewiesen haben. Die Datenanalyse-Firma aber leitete nach eigenen Angaben schon vor zwei Jahren rechtliche Schritte gegen die Firma Global Science Research ein, mittels der Kogan die Daten für Studienzwecke sammelte. Das bestreitet der Professor. Gegenüber der Financial Times sagte er, es habe lediglich einige Gespräche gegeben.