Handelskrieg löst große Sorgen aus
Volkswirte befürchten, dass ein Konflikt zwischen den USA und China auch auf Europa durchschlägt. Doch noch halten die Ökonomen an ihren positiven Konjunkturaussichten fest
Mit dem Streit zwischen den USA, Europa und China über milliardenschwere Strafzölle wächst die Sorge über die Zukunft des globalen Handelssystems. Wirtschaftsverbände und Ökonomen warnten am Wochenende vor einer Eskalation und einem nachhaltigen Schaden für die Welthandelsorganisation WTO. Zugleich gibt es Befürchtungen, dass ein sich verschärfender Handelsstreit die boomende Konjunktur der Exportnation Deutschland bremsen könnte.
Die Drohung der USA, Strafzölle gegenüber der EU zu erheben, stehe weiter im Raum, warnten BankVolkswirte. Grund für Schwarzmalerei gebe es aber nicht, betonen die Ökonomen. Sie sehen bisher keinen Anlass, ihre Prognosen für das Wachstum der deutschen Wirtschaft zu senken. Für dieses Jahr sagen die Experten ein Plus von über zwei Prozent vorher.
Die meisten deutschen Volkswirte fürchten, dass ein Handelskrieg zwischen den USA und China auch auf die europäische und deutsche Wirtschaft durchschlagen wird. „USA und China sind wichtige Handelspartner für Deutschland“, gibt Michael Holstein von der DZ-Bank zu bedenken. Sollten beide Volkswirtschaften durch Zollbarrieren geschwächt werden, werde das auch die Nachfrage nach Importproduk- ten aus der EU drücken. Für KfWChefvolkswirt Jörg Zeuner wären Verbraucher und Arbeitnehmer auf beiden Seiten des Atlantiks Verlierer einer Marktabschottung zwischen den USA und der EU.
Entspannter gibt sich BayernLBVolkswirt Stefan Kipar. Selbst USZölle auf Stahl und Aluminium aus der EU würden Deutschlands Wirtschaft verhältnismäßig wenig treffen.
Seit Freitag erheben die USA Strafzölle auf Aluminium und Stahl. Die 28 EU-Staaten wurden von den Abgaben noch kurzfristig ausgenommen – ebenso wie Kanada, Me- xiko, Australien, Argentinien und Südkorea. Wie berichtet, ist die Ausnahme aber befristet bis zum 1. Mai. So erwartet US-Präsident Donald Trump Entgegenkommen der Europäer an anderer Stelle.
Trump hat zudem Schutzzölle auf Einfuhren aus China von 60 Milliarden Dollar angekündigt – wegen angeblichen Diebstahls geistigen Eigentums und wettbewerbswidriger Praktiken. Die Regierung in Peking will mit Vergeltungsabgaben auf US-Waren im Umfang von drei Milliarden US-Dollar dagegenhalten.
China warnte vor einer Eskalation. Sein Land sei „bereit und in der Lage“, in einem Handelskrieg „seine nationalen Interessen zu schützen“, sagte Chinas Vizepremier Liu He. Das Vorgehen der USA verstoße gegen internationale Handelsregeln. „Die Ankündigungen der USAdministration bereiten uns große Sorge“, meinte dazu Friedolin Strack vom Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft. Die Einschätzung Washingtons, dass es beim Marktzugang Ungleichheiten gebe, teile er, sagte Strack. Auch die deutschen Firmen seien sehr besorgt über die Entwicklung des Geschäftsklimas in China: „Dennoch tritt die deutsche Wirtschaft dafür ein, das regelbasierte Welthandelssystem mit der WTO auszubauen und nicht durch einseitige Maßnahmen zu gefährden.“
Das Münchner Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung ermunterte Wirtschaftsminister Peter Altmaier und die EU, sich schützend vor die Welthandelsorganisation WTO zu stellen und sich nicht in einen Handelskrieg der USA gegen andere Länder hineinziehen zu lassen. „Die EU sollte dieses Spiel nicht mitmachen“, sagte Gabriel Felbermayr, Leiter des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft. Mit dem Abschluss einer bilateralen Vereinbarung lasse die EU zu, dass Präsident Trump einen Keil zwischen die WTO-Mitglieder treibe.
Mögliche Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Städten verunsichern Logistikbranche und Taxigewerbe. „Es gab keinen Alarm in der Szene, aber man ist aufgeschreckt“, sagt Frank Huster vom Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV). Im Fall von Fahrverboten seien Ausnahmeregelungen für das Gewerbe notwendig. „Die Städte sollten Augenmaß anlegen. Unsere größte Sorge ist, dass es zu einem pauschalen Verbot kommt“, räumte Huster ein. Das Bundesverwaltungsgericht hatte Ende Februar entschieden, dass Städte grundsätzlich Fahrverbote für Dieselautos verhängen dürfen, um gegen schmutzige Luft vorzugehen. Allerdings seien solche Verbote das letzte Mittel und die Verhältnismäßigkeit müsse gewahrt bleiben.
Auf das Urteil reagierte auch die Taxibranche mit Sorge. „Mobilität für alle kann nun in den Innenstädten auf der Kippe stehen“, sagte Michael Müller vom Deutschen Taxiund Mietwagenverband BZP. Das liege aber auch daran, dass der Umstieg auf Elektrofahrzeuge noch zu schwierig sei. Einerseits müsse die Autoindustrie bezahlbare Umstiegsoptionen bieten, andererseits seien Kommunen gefragt, flächendeckend Ladestationen zu ermöglichen. „Wir wollen unsere Dienstleistungen mit einer möglichst umweltfreundlichen Fahrzeugflotte erbringen. Unser Ziel ist das emissionsfreie Taxi“, sagte Müller.
Dass mehr Elektromobilität vor Fahrverboten schützen kann, haben die Paketdienstleister bereits erkannt. Die Deutsche Post DHL ließ eigene Elektro-Kleintransporter mit dem Namen Streetscooter entwickeln. 5500 Stück sind nach Konzernangaben schon im Einsatz. Und auch Konkurrent Hermes hat klare Ziele: Bis zum Jahr 2020 sollen 1500 E-Transporter in Betrieb gehen. Bis 2025 wolle man in allen deutschen Großstädten emissionsfrei unterwegs sein, sagte eine Sprecherin.
Dafür fordern die Paketdienstleister unbürokratische Hilfe von den Städten. „Es zeigt sich, dass die Anforderungen und Möglichkeiten zwischen den Kommunen sehr unterschiedlich sind“, sagte die Hermes-Sprecherin. „Die Herausforderungen lassen sich dort deutlich besser bewältigen, wo es einen zentralen Ansprechpartner für die CityLogistik gibt.“