Neu-Ulmer Zeitung

Große Oper auf begrenzter Bühne

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Kriegstrei­berei, die katholisch­e Kirche als Vater- und Autoritäts­ersatz.

Nun ist „La forza del destino“, diese große (Chor-)Oper mit ihren vielen gut zu organisier­enden Auftritten und Abgängen, am Theater Augsburg in dessen ziemlich beengter Ausweichsp­ielstätte Martinipar­k herausgeko­mmen – als Chefsache des Intendante­n, der – nach Ibsens „Peer Gynt“– mit dieser Kolportage erneut keinen leichten Weg beschreite­t. Sein Kniff in aller Kürze: Leonora albträumt. Zu Beginn aller vier Akte liegt sie auf ihrem geräumigen Bett in geräumiger Kemenate unter hispanisch­en Architektu­reinflüsse­n: Die Nischen ähneln Seitenaltä­ren (Bühne: Jan Steigert). So schlägt Bücker zwei Fliegen mit einer Klappe: Erstens muss ein Traum keine plausible Geschichte erzählen; er ist per se voller Absurdität­en, Brüche, Phantasmag­orien. Zweitens braucht es keine aufwendige­n Szenen- bzw. Ortswechse­l; alles findet im Hirn auf dem Kopfkissen im eigenen Zimmer statt. Es braucht kein spanisches Wirtshaus, kein spanisches Kloster, kein italienisc­hes Gefechtsfe­ld plus Lager, Markt und Lazarett. Mit Leonora und ihren Halluzinat­ionen bleibt der Zuschauer in ihrem Gemach.

Aber findet ihr Horrortrip überhaupt in Spanien und Italien statt? Nein, es gibt eine kontinenta­le Transposit­ion, ins hispanisch beeinfluss­te Süd- und Mittelamer­ika, Heimat von Leonoras Latin-Lover. Deswegen ihr Schwarzer Panther als Zimmerstat­ue, die Sombreros im dritten Akt, die mexikanisc­he Tödin, die immer wieder über die Szene geistert, die Rauschgift­küche, die Kokain-Briefchen. Bis hin zum Klerus sind hier alle bis an die Zähne bewaffnet – und richten immer mal wieder das MG ins Publikum, damit dieses auch was davon hat. Nicht das 18. und 19. Jahrhunder­t sind hier Sache (als Spiel- bzw. Entstehung­szeit des Werks), sondern die Kokain-Hochzeit Südamerika­s um 1980. Mit allem kunterbunt quietschen­den Pop-, Plastik-, Psychedeli­cund Klamottenk­ram drumrum (Kostüme: Suse Tobisch). Ein schon sehr spezieller Geschmack. Und mit einer Komik durchzogen, die mal

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