An Stoch kam keiner heran
Der Pole dominiert die Saison und gewinnt den Gesamtweltcup. Dahinter rangiert Richard Freitag als erster Verfolger. Leer ging dagegen eine erfolgsverwöhnte Nation aus
Überflieger Kamil Stoch konnte all seine Trophäen gar nicht mehr alleine tragen. Die große Kristallkugel für den Gesamtweltcup, ein Scheck über 20 000 Schweizer Franken und ein Fahrrad wurden dem 30-jährigen Polen überreicht, der den Skisprung-Winter beherrscht hat. Mit Flügen auf 245 und 234,5 Meter distanzierte er auch am Sonntag die Konkurrenz und gewann das Skifliegen in Planica. Aus deutscher Sicht bemerkenswert: Richard Freitag holte Platz zwei in der Gesamtwertung.
„Dass er sich über den gesamten Winter nur Kamil Stoch geschlagen geben muss, ist für Richard extrem viel wert“, lobte Bundestrainer Werner Schuster. Das Gesamtfazit falle „in Summe sehr positiv aus“, bilanzierte der Österreicher nach Gesamtrang zwei für Freitag und dem Olympiasieg von Andreas Wellinger in Pyeongchang.
Auch der Sachse Freitag freute sich über den Erfolg, der für ihn mehr zähle, als einzelne Medaillen bei Großereignissen. „Es war eine große Freude. Es zeigt eine komplette Saison, es ist viel wert. Die Wertigkeit dieses Erfolgs sieht man mir auch an. Es ist einfach ein Tag zum Genießen“, sagte Freitag.
Das gesamte deutsche Team freute sich mit dem 26-Jährigen, Schuster schoss spontan ein Siegerfoto vom Treppchen. „Ich hoffe, wir können auch in Zukunft auf einen starken Richard Freitag bauen“, sagte Schuster. Der sechste Platz im abschließenden Wettkampf eines langen und kräftezehrenden Winters fiel mit Sprüngen auf 232,5 und 237,5 Meter kaum mehr ins Gewicht. Auch der Allgäuer Karl Geiger als Siebter und Markus Eisenbichler als Zwölfter lieferten auf der riesigen Anlage von Planica starke Ergebnisse ab. Wellinger blieb mit Rang 16 erneut hinter seinen Möglichkeiten zurück.
Im Zentrum stand einmal mehr Stoch, der mit seinem Einzelsieg auch noch 20000 Schweizer Franken als bester Springer von Planica abräumte. „Ich danke meiner Frau. Ein guter Mann braucht auch eine gute Frau“, sagte er über seine Ewa. Auch seine Konkurrenten lobten den bodenständigen Dominator. „Extrem beeindruckend. Da kann man nur den Hut ziehen, es ist bemerkenswert. Er war bei jeder Tour, wo es etwas zu gewinnen gab, vorne dabei“, sagte Wellinger. Freitag sagte: „Wir haben immer versucht, ihn zu schlagen. Aber ich freue mich auch für ihn.“
Nur der Skiflugweltcup war Stoch nicht vergönnt: Er landete knapp hinter dem Norweger Andreas Stjernen. Norwegen sicherte sich auch den Nationencup, bei dem Deutschland wie im Teamwettbewerb am Samstag Zweiter wurde.
Verheerend fällt die Bilanz der Österreicher aus. Die einstigen Überflieger gingen leer aus. Zwar schaffte es Stefan Kraft in Planica zum achten Mal auf das Podest, ein Sieg war aber nicht dabei. Für die Österreicher ist der sieglose Weltcup-Winter eine seltene Schmach. Nur zweimal in der Geschichte des Weltcups haben die ÖSV-Adler eine Saison ohne Einzelerfolg beendet: 1988/89 und 2000/01.
Weil die Österreicher nicht nur im Weltcup enttäuschten, sondern auch Vierschanzentournee, FlugWM und Olympia ohne Sieg und Medaille verlassen mussten, steht Cheftrainer Heinz Kuttin schwer in der Kritik. Über seine Zukunft soll im April beraten werden.
Am Ende fehlten Fabian Rießle und seinen Teamkollegen die Kräfte, um eine erfolgreiche Saison mit einem Heimsieg abzurunden. Das Weltcup-Finale der Nordischen Kombination in Schonach wurde stattdessen zum Schaulaufen des Japaners Akito Watabe, der seinen Weltcup-Gesamtsieg mit zwei Tageserfolgen untermauerte. Für Rießle blieb Platz drei am Sonntag, der ihm auch Rang drei in der Gesamtwertung bescherte. Im Nationen-Cup landete das Team von Bundestrainer Hermann Weinbuch hinter Norwegen auf Platz zwei.
„Unser Fokus lag auf Olympia. Und das ist mit drei Olympiasiegen und insgesamt fünf Medaillen voll aufgegangen. Da ist der Verlust der Spitzenposition im Nationencup zu verkraften“, resümierte Weinbuch. Sein Fazit fällt positiv aus, obwohl erstmals nach fünf Jahren der Weltcup-Gesamtsieger nicht aus seinem Team kommt. „Nach dem schwierigen ersten Saisondrittel, das unserem harten Lauftraining und fehlendem Selbstbewusstsein im Springen geschuldet war, haben wir uns aus dem Tal gemeinsam herausgearbeitet“, sagte Weinbuch.
Rießle und den beiden Olympiasiegern Eric Frenzel und Johannes Rydzek (Oberstdorf) war die lange Saison anzumerken. Im kommenden Winter müssen sie dann ohne Björn Kircheisen auskommen. Der Routinier beendete nach 281 Weltcup-Starts seine Karriere.