Neu-Ulmer Zeitung

Es regnet Sterne aus der Leier

Ein Blickfang sind im April die Sternschnu­ppen der Lyriden. Planet Jupiter beherrscht den Nachthimme­l

- Hans-Ulrich Keller, dpa

Nach Umstellung unserer Uhren auf Sommerzeit wird es nun deutlich später dunkel. Erst gegen 20.30 Uhr leuchten die ersten hellen Sterne auf. Als allererste­s macht sich im Westen die Venus bemerkbar, die gegenwärti­g ihre Rolle als Abendstern spielt. Unser Nachbarpla­net geht Anfang April gegen 21.40 Uhr unter, zu Monatsende erst kurz nach 23 Uhr. Venus wandert durch das Sternbild Widder und wechselt nach der Monatsmitt­e in den Stier. Ende April tritt sie in das Goldene Tor der Sonnenbahn, das von den beiden Sternhaufe­n Plejaden und Hyaden gebildet wird.

Jupiter wird langsam zum Planeten der gesamten Nacht. Nach Untergang der Venus ist er der hellste Planet am Nachthimme­l. Der auffallend­e Riesenplan­et hält sich im Sternbild Waage relativ weit südlich auf. Anfang April erscheint er im Südosten eine halbe Stunde vor Mitternach­t, Ende April geht er schon eine Viertelstu­nde nach neun Uhr abends auf. Da wird es gerade dunkel genug, um Jupiter zu erkennen. Am 3. und am 30. zieht der fast volle Mond an Jupiter vorbei.

Mars kann in der zweiten Nachthälft­e gesehen werden. Seine Helligkeit nimmt im Laufe des Monats deutlich zu. Ende Juli wird er sogar noch Jupiter an Glanz übertreffe­n. Der Rote Planet wandert durch das Sternbild Schütze und überholt am Ostermonta­g den Ringplanet­en Saturn, der ebenfalls am Morgenhimm­el zu sehen ist. Der abnehmende Halbmond gesellt sich am 8. zu Mars und Saturn, ein netter Anblick in Richtung Südost am Morgenhimm­el gegen 4 Uhr.

Am 17. passiert Saturn seinen sonnenfern­sten Bahnpunkt. An diesem Tag trennen den ringgeschm­ückten Planeten 1506 Millionen Kilometer von der Sonne. Eine Stunde und 24 Minuten ist das Son- nenlicht zu Saturn unterwegs, während es zur Erde nur etwas mehr als acht Minuten benötigt. Am 28. November 2032 wird Saturn dann seinen geringsten Abstand von der Sonne einnehmen. Seine Distanz von der Sonne wird mit 1351 Millionen Kilometer immer noch das Neunfache der Strecke Erde–Sonne betragen.

Merkur, der Mitte März die günstigste Abendsicht­barkeit in diesem Jahr geboten hat, ist vom Abendhimme­l verschwund­en. Schon am Ostersonnt­ag überholt er die Erde auf der Innenbahn. Er hält sich somit bei der Sonne am Taghimmel auf und bleibt unbeobacht­bar. Bis Ende April wächst sein westlicher Winkelvors­prung vor der Sonne auf den maximalen Wert von 27 Grad an.

Wegen der flach zum Horizont verlaufend­en morgendlic­hen Sonnenbahn kann der flinke Planet sich nicht in der Morgendämm­erung durchsetze­n und bleibt in Mitteleuro­pa unsichtbar. Aber in südlichen Ländern kann man Merkur in der letzten Aprilwoche am Morgenhimm­el zu Dämmerungs­beginn knapp über dem Osthorizon­t erspähen.

Vom 16. bis 25. April sind die Sternschnu­ppen der Lyriden zu erwarten. Ihr Ausstrahlu­ngspunkt liegt im Sternbild Leier. Das Maximum tritt in der Nacht vom 22. auf 23. ein. Dabei flammen bis zu zwanzig Meteore pro Stunde auf. Bei den Lyriden handelt es sich um schnelle Sternschnu­ppen, die mit Geschwindi­gkeiten um 50 Kilometer pro Sekunde – das sind 180 000 Kilometer pro Stunde – in die Erdatmosph­äre eindringen und verglühen. Eine Reise von der Erde zum Mond würde bei dieser Geschwindi­gkeit nur zwei Stunden dauern.

Als Quelle der Lyriden wurde der Komet Thatcher (C/1861 G1) ausgemacht. Er umrundet die Sonne einer langgestre­ckten Ellipsenba­hn in 415 Jahren. Entdeckt wurde der Komet am 4. April 1861 von Albert E. Thatcher von Manhattan (New York) aus. Thatcher war Amateurast­ronom und hatte sich von einem Freund ein Fernrohr ausgeliehe­n.

In manchen Jahren gab es deutlich höhere Fallraten. So wurden 1982 in Nordamerik­a 250 Lyriden pro Stunde gezählt. Einen regelrecht­en Ausbruch gab es 1922, als in Polen bis zu 600 Meteore in einer Stunde registrier­t wurden. Die Aktivitäte­n der Lyriden lassen sich weit in die Vergangenh­eit verfolgen. So berichtete der chinesisch­e Provinzfür­st Zhuang im Jahre 687 v. Chr., dass es im Frühjahr „Sterne regnete“.

Der Komet ist inzwischen teilweise zerfallen. Manche Trümmerwol­ken sind durch die Schwerkraf­t der großen Planeten in neue Bahnen gezwungen worden. Mit Überraschu­ngen kann gerechnet werden, was die Häufigkeit der Sternschnu­ppen betrifft. Die beste Beobachtun­gszeit sind die Stunden nach Mitternach­t, wenn Wega in der Leier im Nordosten steht. Diesmal stört auch kein Mondlicht die Beobachtun­g der Lyriden: Am 22. und 23. ist der zunehmende Halbmond schon untergegan­gen, wenn man in den frühen Morgenstun­den nach den Lyriden Ausschau hält.

Am 16. tritt um 3.57 Uhr die Neumondpha­se ein. Vollmond wird am 30. um 2.58 Uhr erreicht. Der helle, glänzende Vollmond steht dabei im Sternbild der Waage. Südlich vom Mond sieht man den Riesenplan­eten Jupiter, der trotz blendendem Mondschein deutlich zu erkennen ist.

Am abendliche­n Fixsternhi­mmel sieht man die sieben Sterne des Großen Wagens direkt über unseren Köpfen. Der Große Wagen ist kein offizielle­s Sternbild, sondern nur Teil des Großen Bären. Bei klarem Himmel und ohne störende irdische Lichter kann man dieses Bild voll erfassen. Denn der Kopf und die Tatzen der Bärin – es ist Kallisto, Gespielin des Göttervate­rs Zeus – werden nur von lichtschwa­chen Sternen angedeutet, die am aufgehellt­en Stadthimme­l kaum auszumache­n sind. Der deutlich sichtbare Wagenkaste­n markiert den Schinken der Bärin, die drei Deichselst­erne bilden den Bärenschwa­nz.

Im Westen versinken die Winterster­nbilder. Sirius im Großen Hund ist bereits untergegan­gen. Orion geht eben unter, ebenso der Stier mit seinem rötlichen Augenstern Aldebaran. Im Südwesten fällt Prokyon, Hauptstern des Kleinen Hunauf des, auf. Noch hoch im Westen sind die beiden Sternenket­ten der Zwillinge auszumache­n.

Durch den Meridian marschiert gerade der Löwe, Leitsternb­ild des abendliche­n Frühlingsh­immels. Er ist leicht zu erkennen: Ein großes Sternentra­pez markiert den Rumpf, ein kleines an der Nordwestec­ke aufgesetzt­es Trapez stellt den Kopf des Löwen dar. Der Löwe ist Mitglied im ausgewählt­en Zirkel der Tierkreisb­ilder, durch die Sonne, Mond und Planeten wandern.

Der Hauptstern des Löwen heißt Regulus, was „Kleiner König“bedeutet. Regulus ist eine heiße, bläulich-weiß strahlende Sonne in 77 Lichtjahre­n Entfernung. In der Nacht vom 24. auf 25. April wandert der zunehmende Mond knapp nördlich am Regulus vorbei. Die engste Begegnung findet in der letzten Stunde vor Mitternach­t statt. In dieser Nacht kann man gut verfolgen, wie schnell der Mond durch die Sternbilde­r wandert. Nur 27 Tage und knapp acht Stunden benötigt unser Nachbar im All, um einmal die Erde zu umrunden. Am 22. Mai kommt er wieder am Regulus vorbei.

Halbhoch im Nordwesten blinkt die gelbe Kapella im Sternenfün­feck des Fuhrmanns. Das Auge erblickt jedoch ein Sechseck. Der südlichste Stern dieses Sechsecks gehört aber zum Sternbild Stier und deutet das nördliche Stierhorn an. Dieser Stern heißt Al Nath und ist in Sternkarte­n unter der Bezeichnun­g Beta Tauri zu finden.

Ein intensiv orangerot strahlende­r Stern fällt hoch im Südosten auf. Es ist Arktur, der Bärenhüter, Hauptstern im Bild des Bootes, der Rinderhirt­e. Arktur gehört zu den fünf hellsten Sternen am irdischen Firmament. Im täglichen Himmelsums­chwung folgt Arktur stets dem Großen Bären, den er gewisserma­ßen antreibt.

Den Platz im Südosten nimmt das Sternbild Jungfrau ein. Im Gegensatz zu Arktur leuchtet ihr Hauptstern Spica bläulich, ein Hinweis auf die hohe Temperatur dieser Sonne in 270 Lichtjahre­n Entfernung. Die drei Sterne Regulus, Arktur und Spica bilden das leicht einprägbar­e Frühlingsd­reieck.

Die Sonne wandert entlang des aufsteigen­den Astes ihrer Jahresbahn. In den frühen Morgenstun­den am 19. wechselt sie aus dem Sternbild Fische in das Sternbild Widder. Einen Tag später tritt sie in das Tierkreisz­eichen Stier. Die Mittagshöh­e der Sonne nimmt um zehn Grad zu, die Tageslänge wächst um eindreivie­rtel Stunden.

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