Ein Lohn für Migranten von 20 Euro am Tag
den Migranten nur etwa 20 Euro pro Tag, davon muss er noch den Transport, das Brötchen und sein Wasser bezahlen.
Das System funktioniert im ganzen Land: in Kalabrien und Sizilien für die Zitrusfrüchte, in Apulien für die Tomaten und im Piemont für Weintrauben. Der Verbraucher kann schwer feststellen, ob er mit seiner gekauften Ware ein modernes Sklavensystem mafiösen Charakters mitten in Europa unterstützt. „Das Problem ist, dass es keine Kontrolle gibt“, sagt der italienische Autor Antonello Mangano, der zahlreiche Recherchen dazu gemacht hat. Mit dem Kauf einer Zitrone oder Tomate im deutschen Supermarkt sei es also möglich, dass man indirekt auch in die Taschen der Mafia zahlt. Zwar würde es in Italien regelmäßig Festnahmen oder Strafen geben. „Aber danach geht es weiter wie vorher.“Statt sich auf die dem Untergang geweihte herkömmliche Landwirtschaft zu konzentrieren, sollte man in Italien an Exzellenz und ethisch korrekten Produkten arbeiten, so Mangano. „Beim Preis können wir schon lange nicht mithalten.“
Italien ist für Deutschland nach Spanien und den Niederlanden das drittwichtigste Land für den Import von frischem Obst und Gemüse, wie aus der Statistik des Bundeslandwirtschaftsministeriums hervorgeht. Doch wo genau die Ware herkommt und unter welchen Umständen sie geerntet wurde, erfährt man im Supermarkt meist nicht. „Es ist für den deutschen Verbraucher schwer zu erkennen, ob er ein mafiafreies Produkt kauft, da steht ja nicht ,Produced by Mafia‘ drauf“, sagt Elmar Schulze Messing vom Fairhandels-Zentrum Rheinland. „Die Menschen wollen mehr Bio haben, weil das gut für ihre Gesundheit ist. Der soziale Aspekt, wie die Produkte hergestellt werden, wird vernachlässigt.“
Aber selbst in Rosarno gibt es einen Lichtblick. Organisationen wie die Vereinigung SOS Rosarno bieten Migranten einen fairen Arbeitsplatz an und verkaufen Bio-Zitrusfrüchte im In- und Ausland. „Hier spielt sich ein unglaublicher Niedergang ab, ein Krieg zwischen den Armen“, sagt Nino Quaranta von SOS Rosarno. Er träumt im grünen Orangenhain von einer besseren Welt. Ihm sei bewusst, dass seine Orangen und Mandarinen teurer seien und sie sich nicht jeder leisten könnte. Aber sein Credo ist: Wenn immer mehr Menschen fair gepflückte Ware kauften, dann würde diese mit der Zeit billiger.