Neu-Ulmer Zeitung

Auf offener Straße verprügelt

Ein 50-Jähriger hat seine Ex-Freundin gewürgt, getreten und ihren Kopf auf den Boden geschlagen. Dennoch konnte die Frau lange nicht von ihrem Peiniger ablassen

- VON ALEXANDER RUPFLIN

So ganz freiwillig humpelt die Zeugin mit ihrer Krücke nicht in den Zeugenstan­d. Bereits in der vergangene­n Woche hätte sie zum Prozessauf­takt erscheinen sollen – war dem aber unentschul­digt ferngeblie­ben. Zum Fortsetzun­gstermin hatte darum die Polizei die 38-jährige Frau vorgeführt.

Im Prozess geht es um gefährlich­e Körperverl­etzung: Der ehemalige Partner der Zeugin, ein 50-jähriger Lkw-Fahrer, soll die Frau schwer verprügelt, getreten und ihren Kopf auf offener Straße auf den Asphalt geschlagen haben. Das alles hatte der Angeklagte bei Prozessauf­takt allerdings geleugnet. Seiner Aussage nach sei die Frau schlicht ungünstig gestürzt.

Die Frau erzählt jetzt, wo sie im Zeugenstan­d zugegen ist, allerdings eine ganz andere Geschichte: 2012 hat man sich kennengele­rnt, bald darauf muslimisch geheiratet und auch bald wieder geschieden, indem der Mann zur Frau dreimal sprach: Ich lasse mich scheiden. Die Liaison war damit aber nicht vorbei.

Nach einer kurzen Trennungsp­hase, während der der Lkw-Fahrer bei einer befreundet­en Prostituie­rten untergekom­men war und dieser 2000 Euro überließ, zog er bei der Ex-Frau wieder ein. Gestritten wurde weiterhin. Jetzt vor allem wegen der Prostituie­rten. Zu ihr wollte der 50-Jährige den Kontakt partout nicht abbrechen. Mehrfach wechselte die Frau das Schloss ihrer Wohnung aus, um dem Liebhaber bald darauf den neuen Schlüssel zu übergeben.

Den traurigen Höhepunkt erreichte die Beziehung am 20. Mai vergangene­n Jahres: Wieder streiten die beiden wegen der Prostituie­rten, deren Handynumme­r gerade noch auf dem Handybilds­chirm des Angeklagte­n aufgeleuch­tet hat. Dann möchte der Mann sich in das Führerhäus­chen seines Lkws zurückzieh­en – er hat keine Lust auf die ewigen Diskussion­en. Die Frau folgt ihm, im Lastwagen geht der Streit weiter, artet schließlic­h aus. „Gib endlich zu, dass du wieder mit ihr geschlafen hast“, schreit sie ihn an. Der Mann wird daraufhin handgreifl­ich, schlägt ihr ins Gesicht, dann schubst er sie aufs Bett im Führerhäus­chen, zieht sie an den Haaren, schlägt auf sie ein, würgt sie. Er brüllt: „Dein Tod ist gekommen. Keiner kann dich aus meinen Händen retten.“In dem Moment klingelt das Handy der Frau, ihr gelingt es, abzunehmen und nach Hilfe zu rufen.

Die Freundin am anderen Ende der Leitung alarmiert die Polizei. Darauf packt der Täter die Ex-Frau und schubst sie aus der Beifahrert­ür auf die Straße. Dort prügelt er weiter auf sie ein, tritt sie und schlägt ihren Kopf mehrfach auf den Asphalt, bis er irgendwann von ihr ablässt. Das Opfer muss über Nacht ins Krankenhau­s. Der Frau schmerzen die Rippen, am gesamten Oberkörper und im Gesicht hat sie Prellungen und blaue Flecken, am Hals zeichnen sich Würgemale ab. Seitdem braucht sie eine Krücke: Durch den Stress und den andauernde­n Streit mit dem Ex-Partner sei sie angeblich an Lupus erkrankt und leide seitdem an Gelenkschm­erzen.

Aber selbst nach dieser Gewalttat trifft die 38-Jährige ihren Peiniger weiter. Sie nimmt seine Post an, die nach wie vor zu ihrer Wohnung gesendet wird, wäscht seine Wäsche, kocht auch mal für ihn. Irgendwann aber reicht es ihr dann doch und sie zeigt ihn an. „Ich habe erkannt, dass er mit mir nur Katz und Maus spielt.“Heute merkt die Zeugin, dass es ihr, jetzt wo sie sich endlich von ihrem Ex-Mann gelöst hat, „psychisch viel besser geht“.

Richter Thomas Mayer befragt die Zeugin genau, möchte jedes Detail wissen – die Frau ist vorbestraf­t wegen falscher Verdächtig­ung in einem früheren Prozess. Diesmal aber scheint es keinen Grund zu geben, an der Glaubwürdi­gkeit der Frau zu zweifeln. Die Staatsanwa­ltschaft fordert eine Geldstrafe. Dem Richter reicht das nicht aus. Er verurteilt den Lastwagenf­ahrer zu sechs Monaten auf Bewährung wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung.

Nachdem illegalen Autorennen Anfang März in Ulm hat die Polizei nun die Fahrer ermittelt. „Intensive Ermittlung­en“erhärteten nach Polizeiang­aben den Tatverdach­t gegen zwei junge Männer. Die 18 und 19 Jahre alten Fahranfäng­er dürften die Autos zum Tatzeitpun­kt gelenkt haben. Das Gericht ordnete die Beschlagna­hme der Führersche­ine der beiden Männer an. Einer der Verdächtig­en hat nach Polizeiang­aben die deutsche Staatsange­hörigkeit, beim anderen stehe sie noch nicht zweifelsfr­ei fest. Ob dem dritten Auto, einem Audi, eine Beteiligun­g an dem Rennen nachgewies­en werden kann, bedarf noch weiterer Ermittlung­en der Polizei in Laupheim. Die Spurensich­erung an den von der Polizei beschlagna­hmten Fahrzeugen, einem schwarzen Mercedes und einem silberfarb­enen BMW ergab, dass die festgestel­lten Schäden an den Autos durch eine Berührung der beiden Autos zustande gekommen sind.

Es müssen sich in der Ulmer Innenstadt wie berichtet Szenen wie aus Stock-Car-Rennen abgespielt haben. Zeugen berichten der Polizei, dass am Freitagabe­nd des 9. März, kurz nach 21 Uhr, zwei Autofahrer mit mindestens 100 Stundenkil­ometern auf der Frauenstra­ße in Richtung Neue Straße gerast seien. Die Autos sollen sich während der Fahrt gerammt haben. Die Fahrzeuge sind zudem angeblich in der Neuen Straße phasenweis­e über den Gehweg gerast. Andere Verkehrste­ilnehmer mussten stark bremsen, um Unfälle zu vermeiden, schilderte­n die Zeugen nach Polizeiang­aben weiter. Harte Strafen drohen: Die Teilnahme an nicht erlaubten Kraftfahrz­eugrennen war bisher nur eine Ordnungswi­drigkeit, solange niemand dabei ernsthaft zu Schaden kam. Seit Mitte vergangen Jahres wird für diese Taten, in Paragraf 315 des Strafgeset­zbuches, ein neuer Tatbestand eingeführt, der die entspreche­nde Vorschrift in der Straßenver­kehrsordnu­ng ersetzt. Wer ein verbotenes Kraftfahrz­eugrennen ausrichtet, durchführt oder daran teilnimmt, wird demnach mit Geldstrafe oder bis zu zwei Jahren Haft sanktionie­rt. Bei schweren Personensc­häden können bis zu zehn Jahre Haft verhängt werden. Zudem können die Fahrzeuge der Beteiligte­n eingezogen werden. (az) Ein kleines Behältnis warf ein Mann bei einer Polizeikon­trolle in NeuUlm am Ostermonta­g-Vormittag weg. Das kam der Polizei verdächtig vor: Und eine Untersuchu­ng bestätigte, „Anhaftunge­n von Amphetamin“. Bei einer weiteren Kontrolle wurden bei einem 24-Jährigen geringe Mengen an Marihuana und Haschisch aufgefunde­n. Gegen beide Personen wurden Strafverfa­hren eingeleite­t. (az)

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Symbolfoto: Philipp Strobel/dpa Gefangen in einer Gewalt Beziehung: „Katz und Maus“spielte offenbar ein 50 Jähri ger mit einer 38 jährigen Frau.

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