Neu-Ulmer Zeitung

Die Verwandlun­g des Herrn Orbán

Der ungarische Ministerpr­äsident war in den 80er Jahren ein mutiger Gegner des kommunisti­schen Regimes. Heute sind China und die Türkei für ihn Vorbilder

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Gerade 21 Jahre ist Viktor Orbán alt, als er 1989 ein Stipendium bei der Soros-Stiftung antritt. In der von George Soros, einem US-Finanzinve­stor mit jüdisch-ungarische­n Wurzeln, gegründete­n und finanziert­en Einrichtun­g studiert er einige Monate die Geschichte des englischen Liberalism­us. Dann kehrt er in seine ungarische Heimat zurück, die – wie der gesamte sozialisti­sche Ostblock – im Begriff ist, sich des Kommunismu­s und der sowjetisch­en Vorherrsch­aft zu entledigen. Fast 30 Jahre später startet eben dieser Viktor Orbán eine von antisemiti­schen Untertönen flankierte Hetzkampag­ne gegen Soros und preist den „illiberale­n Staat“nach Vorbild Chinas, Russlands oder der Türkei an. Da muss einiges geschehen sein.

1963 im zentralung­arischen Székesfehé­rvár als Kind einer Lehrerin und eines Agrarexper­ten geboren, knüpft Orbán während seines Jurastudiu­ms Kontakte zu linksbürge­rlichen Kreisen, die das Einparteie­nsystem herausford­ern. Bereits 1988 gründet er den regimekrit­ischen Bund Junger Demokraten (Fidesz). Als die Partei 1998 die Wahlen gewinnt, ist Orbán am Ziel.

Doch in seiner ersten Amtszeit als Regierungs­chef zeigt sich, dass Rücksichts­losigkeit und Machtgier zunehmend das Wesen des noch jungen Politikers prägen. Viele Ungarn schreckt dies ab. 2002 landet Fidesz wieder in der Opposition – auch Orbáns politische Karriere scheint am Ende. Doch er beweist Come- back-Qualitäten. Das Versagen des sozialisti­schen Regierungs­chefs Ferenc Gyurcsány, der in einem später veröffentl­ichten Mitschnitt Lügen im Wahlkampf einräumt, bringt Orbán 2010 wieder ans Ruder. Jetzt will er erst recht durchregie­ren: Der verheirate­te Vater von fünf Kindern peitscht ein Mediengese­tz durch, das die Pressefrei­heit einschränk­t. Die EU droht erstmals mit Konsequenz­en. Im Jahr darauf setzt er eine neue Verfassung durch, die nun auch die Unabhängig­keit der Justiz deutlich einschränk­t. Weltweit bekannt wird Orbán letztlich durch seine knallharte Flüchtling­spolitik im Sommer 2015. Für einige ist er fortan der Retter des christlich­en Abendlande­s, für andere ein islamophob­er Populist. Die Ungarn jedenfalls goutieren Orbáns Kurs mit großer Mehrheit.

Seit einiger Zeit jedoch wächst in Ungarn der Widerstand gegen den immer autoritäre­r werdenden Regierungs­stil des Ministerpr­äsidenten – Korruption­svorwürfe gegen die Fidesz, aber auch gegen Familienmi­tglieder Orbáns zeigen Wirkung. Je näher der Wahltermin rückt, desto düsterer werden Orbáns Drohungen gegen seine Gegner: „Nach den Wahlen werden wir uns rächen, wir werden uns moralisch, politisch und juristisch rächen.“Worte, die zeigen, dass ihm Gedanken an Ausgleich und Versöhnung völlig fremd geworden sind.

Nicht zuletzt die Schwäche der zersplitte­rten Opposition aber dürfte Viktor Orbán am kommenden Sonntag zu einer weiteren Amtszeit verhelfen. Simon Kaminski Zu „Ministerin Kiechle bringt ihrem Mann das Waschen bei“(Bayern) vom 3. April: Tief empfundene­n Dank für diese fasziniere­nde Nachricht, die ob ihrer elementare­n Bedeutung für den Fortbestan­d der Menschheit sicherlich ein Beben in der westlichen Welt verursacht hat.

Alleine schon wegen der Brisanz ihres Informatio­nsgehalts hätte sie einen Platz auf der Titelseite einer jeden seriösen Tageszeitu­ng verdient. Eine Kleinigkei­t hat mir allerdings

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Foto: dpa

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