Herrmann warnt vor Extremisten
Rechte, Linke, Islamisten: Von vielen Gruppierungen wird die Demokratie nach Ansicht der Verfassungsschützer bedroht. Von welcher Szene geht die größte Gefahr aus?
In Bayern ist 2017 die Zahl der politisch-extremistischen Gewalttaten im Vergleich zu den Vorjahren zwar deutlich gesunken. Dennoch sieht Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) eine „nach wie vor sehr hohe Gewaltbereitschaft“in allen ExtremismusBereichen – ob islamistisch, rechtsextremistisch oder linksextremistisch.
„Es geht von allen PhänomenBereichen eine große Gefahr aus, die ich sehr ernst nehme“, sagte Herrmann bei der Vorstellung des aktuellen Verfassungsschutzberichtes für Bayern in München. Obwohl die Zahl der Straftaten im Bereich des Rechtsextremismus am höchsten ist, sieht Herrmann die größte politische Bedrohung für Bayern nach wie vor im islamistischen Terrorismus: „Wir dürfen uns nicht in falscher Sicherheit wiegen“, warnte er. An Anschlägen wie zuletzt in Frankreich könne man sehen, „dass die Gefahr weiter evident ist“.
Bislang sei eine Rückkehrwelle von aus Bayern in die Kampfgebiete im Irak und Syrien ausgereisten IS- Sympathisanten zwar ausgeblieben. 21 Rückkehrer würden von den Sicherheitsbehörden allerdings intensiv beobachtet. Zumindest mittelfristig zum Problem werden können aus Sicht des Ministers auch in den Krisengebieten geborene Kinder aus Bayern stammender Extremisten, die möglicherweise traumatisiert und indoktriniert zurückkehren. Herrmann verteidigte deshalb die in Bayern neu geschaffene Möglichkeit, auch Kinder und Jugendliche von Sicherheitsbehörden beobachten zu lassen. „Wir müssen diese Kinder kennen, um präventiv tätig werden zu können“, erklärte auch Bayerns Verfassungsschutzpräsident Burkhard Körner.
Im Bereich des Rechtsextremismus sieht Herrmann eine sinkende Akzeptanz rechtsextremer Parteien wie der NPD, aber verstärkte Aktivitäten der „Identitären Bewegung“. Rechtsextreme „Bürgerwehren“wie etwa die Gruppe „Soldiers of Odin“, die etwa auch in Donauwörth „Streifengänge“durchgeführt hatte, versuchten ebenfalls das Vertrauen der Bürger in den Staat zu erschüttern: „Sie knüpfen dabei oft an tatsächliche oder behauptete Straftaten von Flüchtlingen an und suggerieren, dass die Bevölkerung sich selbst schützen müsse, da der Staat dies weder könne noch wolle“, erklärte Herrmann. Hinter den Gruppen stehe jedoch eine klar rechtsradikale Ideologie.
Die starke Zunahme der Zahl der in Bayern bekannten „Reichsbürger“von rund 1700 in 2016 auf nun 3850 führt Herrmann vor allem auf einen deutlich höheren Ermittlungsdruck zurück. Die Szene selbst sei mit einem harten Kern von rund keine ausreichende Handhabe. Allerdings gebe es Kontakte einzelner Mitglieder der Partei zu der „Identitären Bewegung“, zu „Reichsbürgern“und auch zu militanten Islamfeinden. Diese Einzelpersonen stünden sehr wohl unter Beobachtung, so Körner. Der SPD-Landtagsabgeordnete Florian Ritter warf Herrmann dagegen vor, den bei Rechtspopulisten weit verbreiteten Rassismus zu ignorieren: „Für mich sind Teile der AfD längst reif für eine Beobachtung“, sagte Ritter.
Im Bereich des Linksextremismus ging die Zahl der Gewalttaten von 122 im Jahr 2015 auf 54 im Jahr 2017 zurück. Herrmann beklagte allerdings eine sinkende Hemmschwelle der Szene, etwa bei Sachbeschädigungen oder Brandanschlägen auch Menschenleben in Gefahr zu bringen. Auch Angriffe etwa auf Veranstaltungen der AfD zeigten „die Demokratiefeindlichkeit der Linksextremisten“, findet Herrmann. „Ich erwarte deshalb von wahren Demokraten, dass sie sich eindeutig von jenen abgrenzen, die keinen Platz für andere Meinungen lassen und sie sogar mit Gewalt zu unterdrücken versuchen.“ Bayern will seine Polizei in den nächsten Jahren personell besser aufstellen. Ausgebildet werden die Nachwuchskräfte in Schwaben bei der Bereitschaftspolizei in Königsbrunn (Landkreis Augsburg). Um die Schüler aufnehmen zu können, werden ein neues Unterkunftsund ein Lehrsaalgebäude errichtet. Innenminister Joachim Herrmann hat die Arbeiten gestern mit dem ersten Spatenstich eröffnet. Bereits im Herbst 2019 sollen die Häuser bezugsfertig sein. Auf dem Gelände entsteht auch eine neue Schießanlage für die Bereitschaftspolizei und das Präsidium Schwaben Nord. Insgesamt investiert der Freistaat 32 Millionen Euro. (adi)