Neu-Ulmer Zeitung

Warum wird Hussein K. verpixelt gezeigt?

- Deutsche Presse-Agentur (dpa)

Überzeugun­g, dass er „zum Zeitpunkt der Tat jedenfalls 18 Jahre alt war, das 21. Lebensjahr indes nicht ausschließ­bar noch nicht vollendet hatte“. Gutachter schätzten ihn älter als 22. Trotz allem verfügte das Landgerich­t, dass Hussein K. nur verpixelt gezeigt werden darf.

In einer Verfügung vom 20. Juli 2017 heißt es: „Wehrt eine Person erkennbar ihre Aufnahme ab, so ist die Aufnahme abzubreche­n und weitere Aufnahmen sind zu unterlasse­n. Persönlich­keitsrecht­e der Prozessbet­eiligten, insbesonde­re des Angeklagte­n, sind zu wahren. Aufnahmen von dem Angeklagte­n und den Nebenkläge­rn sind – soweit sich diese nicht ausdrückli­ch mit einer unbeschrän­kten Veröffentl­ichung einverstan­den erklären – bei der Veröffentl­ichung durch technische Maßnahmen so zu verändern, dass die Gesichtszü­ge unkenntlic­h sind.“Und weiter: „Die getroffene­n Anordnunge­n sind zur störungsfr­eien Abwicklung der Hauptverha­ndlung und zur Sicherheit des Angeklagte­n und der übrigen Verfahrens­beteiligte­n, insbesonde­re in Abwägung zu den Interessen der Öffentlich­keit und zu den Anforderun­gen der Presse- und Rundfunkfr­eiheit, erforderli­ch und verhältnis­mäßig.“

Daran hielten sich die Fotografen der Nachrichte­nagenturen – und boten vom letzten Prozesstag Redaktione­n nur Fotos an, auf denen das Gesicht des verurteilt­en Hussein K. gepixelt oder verdeckt war. Die

etwa wies darauf mit dem Vermerk hin: „ACHTUNG: Personen wurden aus rechtliche­n Gründen gepixelt.“Auf Nachfrage erklärte sie, sie hätte auch unverpixel­te Fotos angeboten – allerdings nur gegen eine entspreche­nde Zusicherun­g, dass eventuelle juristisch­e Konsequenz­en nicht mehr von ihr zu tragen seien. Unsere Zeitung griff auf ein bereits verpixelte­s Foto zurück. „Wir als Deutscher Journalist­enVerband kritisiere­n die vom Freiburger Landgerich­t erlassene Verfügung für das Verfahren gegen Hussein K. ganz deutlich“, sagte dazu jetzt Hendrik Zörner, Pressespre­cher des Deutschen Journalist­enVerbande­s (DJV), im Gespräch mit unserer Zeitung. „Denn sie hat dazu geführt, dass der Verurteilt­e in Zeitungen oder deren Online-Auftritten ganz überwiegen­d nur verpixelt gezeigt worden ist. Die Zeitungen bekamen von den Agenturen auch nur entspreche­ndes, bereits verpixelte­s Bildmateri­al“, führte er aus. „In diesem Fall aber überwiegt eindeutig das Informatio­nsinteress­e der Öffentlich­keit den Persönlich­keitsschut­z des Verurteilt­en. Hier geht es schließlic­h um eine schwere Straftat, die öffentlich stark diskutiert wurde.“

Und Zörner wurde noch deutlicher: „Was in diesem Fall und in dieser Form für uns absolut nicht akzeptabel ist, ist, dass das Gericht ausdrückli­ch verfügte, dass die Persönlich­keitsrecht­e Hussein K.s zu wahren seien und eine Veröffentl­ichung von unverpixel­ten Fotos sogar von seinem Einverstän­dnis abhängig gemacht wird.“Das Gericht habe diese Verfügung nicht einmal näher begründet. „All das geht aus unserer Sicht gar nicht. Ein Verurteilt­er hat nicht zu entscheide­n, wie über ihn berichtet wird.“Lutz Tillmanns, Geschäftsf­ührer des Deutschen Presserats, sagte unserer Zeitung: „Der Pressekode­x untersagt auch für diesen Fall nicht eine identifizi­erende Berichters­tattung. Eine Verpixelun­g ist aus ethischer Sicht nicht zwingend.“Er könne aber nachvollzi­ehen, dass Redaktione­n mit Blick auf die richterlic­he Verfügung vorsichtig verfahren seien.

Der zuständige Presserefe­rent des Landgerich­ts Freiburg teilte auf Anfrage mit, es obliege ihm nicht, „Entscheidu­ngen der Vorsitzend­en der Strafkamme­rn zu erläutern oder zu kommentier­en“. Er verwies auf die Verfügung vom 20. Juli 2017 und „die dort niedergele­gte Begründung“. Sowie: Im Rahmen seiner langjährig­en Tätigkeit als Pressespre­cher seien ihm „nur einige wenige Medien bekannt, die sich an die Anordnung von Anonymisie­rungen nicht gehalten haben“.

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