Brauchen wir mehr Polizei?
Diese Woche war viel von Sicherheit die Rede. Erst stellte das Polizeipräsidium in Kempten die neusten Kriminalitätszahlen vor, dann die Neu-Ulmer Polizeiinspektion. Beide Male wurde als Kernbotschaft ausgesandt: Die Menschen hier können eigentlich ganz beruhigt leben. Die Gefahr, Opfer einer Straftat zu werden, ist gering.
Das liegt nicht unbedingt daran, dass die Menschen besser und vernünftiger werden, die Sicherheit ist hart erarbeitet – im Wesentlichen von der Polizei. Die muss dafür einiges leisten und kräftig Überstunden schieben. Neu-Ulms Inspektionsleiter Marcus Hörmann stellt hohe Anforderungen an seine Leute. Das ist grundsätzlich zu begrüßen, aber eigentlich bräuchte die Polizei im Norden des Landkreises deutlich mehr als die 80 Frauen und Männer, die hier für die Sicherheit zuständig sind. Hörmann betonte diese Woche zwar ausdrücklich, er wolle „keine Personaldebatte führen“und er mochte sich auch zu den Überstunden nicht konkret äußern, doch die Zahl der Einsätze in dieser Boom-Region war noch nie so hoch wie jetzt. Das geht irgendwann an die Substanz. Um die Belastungen zu begrenzen, braucht die Inspektion mehr Personal.
Als die SPD im März die Debatte über die hohe Zahl unbesetzter Planstellen lostrat, hieß es von der Staatsregierung prompt, die seien eigentlich alle besetzt. Es stünden halt aus verschiedenen Gründen nicht immer alle Beamten zur Verfügung. Nun ja, Sicherheit wird nicht dadurch erzeugt, dass auf dem Papier alles okay ist. Die Polizistinnen und Polizisten müssen tatsächlich verfügbar sein, um die hohe Überstunden-Belastung abzubauen. Zumal es dem Sicherheitsgefühl der Menschen auf jeden Fall zuträglich ist, öfter mal einem Ordnungshüter auf der Straße zu begegnen. Und die Anforderungen etwa bei größeren Veranstaltungen sind deutlich gestiegen: Hier ist mehr Polizeipräsenz gefragt.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Wir leben in einem Land, das deutlich sicherer ist, als es Kriminalromane, Filme und Fernsehserien vorgaukeln. Wir lassen uns in unserer Freizeit mit Morden in Masse berieseln. Wer will, kann an einem TV-Abend mehr Tötungsdelikte auf der Mattscheibe erleben, als im gesamten Bereich des Polizeipräsidiums, das immerhin von der Donau bis zum Kleinwalsertal reicht – in mehreren Jahren tatsächlich begangen werden. Das verschiebt zuweilen die Maßstäbe und schürt unnötig Ängste.