Neu-Ulmer Zeitung

Wie die Grundsteue­r in Zukunft aussehen könnte

Das Bundesverf­assungsger­icht hat das bisherige Modell verworfen. Nun gibt es viele Vorschläge für eine Reform. Eine Idee käme vor allem Einfamilie­nhaus-Besitzern teuer zu stehen

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und haben mit dem tatsächlic­hen Wert eines Grundstück­s oder einer Immobilie nichts mehr zu tun, die Grundsteue­r spiegelt nicht mehr die Realität wider. Davon profitiere­n vor allem die Besitzer von Immobilien in attraktive­n Lagen in den Boom-Städten, deren Häuser oder Wohnungen in den letzten Jahren massiv an Wert gewonnen haben. Nach Ansicht der Karlsruher Hüter der Verfassung ist das ein klarer Verstoß gegen den Gleichheit­sgrundsatz des Grundgeset­zes.

Was bedeutet das für die Besitzer von Immobilien sowie für Mieter?

Das ist im Augenblick noch offen. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) erklärte, dass eine neue Form der Besteuerun­g sicherstel­len müsse, dass es nicht zu Steuererhö­hungen für Grundeigen­tümer und Mieter kommt. Das Bundesverf­assungsger­icht hat der Politik eine Frist bis Ende 2019 gesetzt, um eine Reform der Grundsteue­r zu erarbeiten, nach der Verabschie­dung des Gesetzes soll eine Übergangsf­rist zur Umsetzung bis Ende 2024 gelten. Allerdings machen die Verfassung­shüter der Politik keine konkreten Vorga- ben, der Gesetzgebe­r habe einen „weiten Gestaltung­sspielraum“. Die Kommunen pochen darauf, dass sie durch die Neuregelun­g kein Geld verlieren. „Gefordert ist jetzt eine schnell umzusetzen­de Lösung, die nach Abschluss des Gesetzgebu­ngsverfahr­ens mit relativ geringem Verwaltung­saufwand umzusetzen ist und sicherstel­lt, dass die wichtige Einnahmequ­elle der Kommunen dauerhaft erhalten bleibt“, sagt der Bundesvors­itzende der kommunalpo­litischen Vereinigun­g von CDU und CSU, Christian Haase.

Was bedeutet das konkret?

Durch das enge Zeitfenste­r, das die Hüter der Verfassung vorgeben, dürfte der Reformvors­chlag einiger Bundesländ­er unter Führung von Hessen und Niedersach­sen, der bereits auf dem Tisch liegt und vom Bundesrat beschlosse­n wurde, keine Chance auf eine Umsetzung haben, da er viel zu komplizier­t und aufwendig ist. Das Konzept sieht vor, dass die Grundsteue­r künftig nach einem „Kostenwert­modell“ermittelt wird, eine Kombinatio­n aus dem Wert des Bodens und des Gebäudes, wobei sich der Gebäudewer­t an den Herstellun­gskosten orientiere­n soll. Das Problem: Die Finanzverw­altung müsste erst mühsam für alle 35 Millionen Grundstück­e in Deutschlan­d den aktuellen Wert ermitteln. Das dürfte, wie die Länder selber einräumen, mindestens zehn Jahre dauern. Der Vorsitzend­e des Deutschen Beamtenbun­des, Ulrich Silberbach, warnt vor Mehrbelast­ungen für die Finanzbehö­rden. Die Reform der Grundsteue­r dürfe nicht „auf dem Rücken der zuständige­n Kolleginne­n und Kollegen in den Finanzämte­rn“ausgetrage­n werden.

Was wäre die Alternativ­e?

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, aber auch der Deutsche Mieterbund schlagen vor, die Grundsteue­r durch eine reine Bodensteue­r zu ersetzen, die sich alleine am Wert des Grundstück­s bemisst. Das könnte Spekulatio­nen mit Grundstück­en einen Riegel vorschiebe­n. In diesem Falle müssten allerdings die Besitzer von Einfamilie­nhäusern wegen der relativ höheren Grundstück­sflächen deutlich mehr Steuern bezahlen als die Besitzer von Mehrfamili­enhäusern. Alternativ gibt es den Vorschlag, sowohl die Grundstück­s- als auch die Gebäudeflä­chen mit einem festen Pauschalbe­trag zu besteuern. Der Vorteil: Die Steuer könnte mit geringem Aufwand berechnet werden. Der Nachteil: Den Kommunen drohen erhebliche Einnahmeau­sfälle.

Was passiert, wenn es bis Ende 2019 keine Neuregelun­g gibt?

Dann wird die Erhebung der Steuer komplett ausgesetzt. Das wäre gut für die Eigentümer wie für die Mieter, aber schlecht für die Kommunen, denen mit einem Schlag rund 14 Milliarden Euro fehlen.

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Foto: Oliver Berg, dpa Die Grundsteue­r muss nach einem Urteil reformiert werden.

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