Das steckt hinter dem Pflegegeld
Bayern zahlt künftig einmal im Jahr 1000 Euro. Die Staatsregierung will zudem die Zahl der Pflegeplätze ausbauen. Denn die Politik hat die Situation völlig falsch eingeschätzt, sagt Söder
Alle Altenpflegekräfte in Deutschland sollten nach Ansicht der bayerischen Staatsregierung nach einem einheitlichen Tarif bezahlt werden. Es dürfe keine Hungerlöhne mehr geben, sondern anständige Löhne für anständige Arbeit, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Zuvor hatte das bayerische Kabinett die Einführung eines Landespflegegeldes noch in diesem Jahr beschlossen. 1000 Euro können pflegende Angehörige künftig einmal im Jahr in Bayern beantragen.
Damit können Pflegebedürftige in Bayern künftig auf eine finanzielle Unterstützung des Freistaats zählen. Erstmals ausgezahlt werden soll die Unterstützung noch vor der Landtagswahl am 14. Oktober. Anspruchsberechtigt sind Pflegebedürftige, bei denen mindestens der Pflegegrad zwei festgestellt wurde und die ihren Hauptwohnsitz in Bayern haben. Die Staatsregierung geht von rund 360000 Anspruchsberechtigten und jährlichen Kosten von rund 400 Millionen Euro aus.
Die staatliche Unterstützung gebe Pflegebedürftigen „mehr finanziel- len Spielraum, um zum Beispiel Angehörigen, die sie unterstützen, eine materielle Anerkennung zukommen zu lassen“, sagte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Es gehe aber auch um Respekt und Anerkennung: „Wir geben mit dieser Leistung denjenigen, die dieses Land mit aufgebaut haben, wieder etwas zurück“, so Huml. Ministerpräsident Söder sprach von einem „wichtigen Signal für soziale Gerechtigkeit, aber auch für Respekt und Würde“. Gerade Langzeitpflegeplätze gefördert werden. Mit weiteren fünf Millionen Euro sollen außerdem mindestens 500 neue Plätze zur Kurzzeitpflege entstehen. Diese könnten pflegende Angehörige entlasten, „wenn sie mal ein paar Tage eine Auszeit brauchen“, erklärte Huml. Ein neues Landesamt für Pflege soll zudem unter anderem den Fachkräftemangel bei Pflegern beheben helfen.
Söder hat damit bereits in der erst zweiten Kabinettssitzung seiner neuen Regierung versucht, soziale Zeichen zu setzen: „Wir kümmern uns auch um die Fragen der sozialen Sicherheit“, beteuerte der Ministerpräsident. Dies sei auch eine Frage der Generationengerechtigkeit.
Der Pflegebeauftragte der Staatsregierung Hermann Imhof (CSU) begrüßte zwar die Beschlüsse, forderte aber weitere Verbesserungsmaßnahmen: „Ich sehe die Situation in der Pflege hochproblematisch“, sagte Imhof unserer Zeitung. Nur mit unverzüglichen politischen Anstrengungen in Bund und Land etwa bei der Personalausstattung „ist ein Kollaps noch vermeidbar“.
Konkret fordert der streitbare Sozialpolitiker für Bayern einen „Pflegepakt“, um den Personalmangel in den stationären Pflegeeinrichtungen zu bekämpfen. Darin müssten Land, Kommunen, Träger, Krankenkassen und Gewerkschaften endlich an einem Strang ziehen, um die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte zu verbessern und mehr Nachwuchs für Pflegeberufe zu interessieren. Auf Bundesebene müsse zudem die Voraussetzung für die tarifliche Bezahlung von Pfleger auch bereits in der Ausbildung durchgesetzt werden.
Pflegende Angehörige bräuchten zudem endlich auch in Bayern ein flächendeckendes Angebot an neutraler und unabhängiger Beratung, „die den Betroffenen den Weg durch die Bürokratie weist“.
Söder räumte ein, dass die Situation in der Pflege von der Politik zu lange völlig falsch eingeschätzt worden sei. Er forderte auch vom Bund und den Tarifpartnern, schnell für bessere Rahmenbedingungen für Pflegekräfte zu sorgen. Alle Verantwortlichen müssten mehr tun, damit Pflegekräfte endlich attraktive Arbeitsbedingungen und eine ihrer Tätigkeit entsprechende Wertschätzung erhielten. Auf einer Baustelle in Neu-Ulm ist zum dritten Mal binnen weniger Wochen eine Fliegerbombe entdeckt worden. Der Blindgänger wurde auf dem Gelände des sogenannten Südstadtbogens ausgegraben. Dort waren bereits im März zwei Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg entschärft worden. Wegen des zweiten, 500 Kilogramm schweren Sprengkörpers mussten vor gut drei Wochen fast 13 000 Neu-Ulmer ihre Wohnungen verlassen. Am kommenden Freitag wird für die Entschärfung des neuerlichen Blindgängers ebenfalls ein Großteil der Innenstadt für rund sieben Stunden lahmgelegt. (hip)