Neu-Ulmer Zeitung

Schon wieder: Blindgänge­r legt die Neu Ulmer Innenstadt lahm

Für die Entschärfu­ng des Sprengkörp­ers müssen erneut fast 13 000 Menschen ihre Wohnungen verlassen. Doch diesmal ist etwas anders: Evakuiert wird an einem Werktag

- VON RONALD HINZPETER

Wird das langsam zur Gewohnheit? Schon wieder muss wegen eines Blindgänge­rs fast die komplette Neu-Ulmer Innenstadt gesperrt werden. Vor gut drei Wochen war erst ein brisantes Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg entschärft worden. Dafür mussten an einem Sonntag 12000 Menschen ihre Wohnung verlassen. Diesmal soll das 500-Kilo-Ungetüm an einem normalen Werktag unschädlic­h gemacht werden: am kommenden Freitag. Von acht Uhr morgens an werden weite Teile der Innenstadt evakuiert. Das dauert nach Schätzunge­n der Polizei sechs bis sieben Stunden, dann entschärfe­n die Experten des Sprengkomm­andos Süd die Bombe.

Wie gestern am frühen Abend bei einer hastig einberufen­en Pressekonf­erenz verlautete, entdeckten Bauarbeite­r um 13.52 Uhr am Südstadtbo­gen die amerikanis­che ZehnZentne­r-Bombe im Boden. Bis dahin gab es offenbar keinerlei Verdachtsm­omente, die auf diesen Blindgänge­r hinwiesen, zumal sich die Sondierung­en in diesem Bereich sehr schwierig gestalten, wie Thomas Nägele erklärte, der Leiter der städtische­n Abteilung für Sicherheit und Ordnung: „Da steckt sehr viel Metall im Boden.“Der jetzt gefundene Blindgänge­r entspricht exakt dem Typ der vor gut drei Wochen beseitigte­n Bombe. Er besitzt zwei mechanisch­e Zünder, die sich für Fachleute verhältnis­mäßig unproblema­tisch beseitigen lassen. Wie lange die Entschärfu­ng voraussich­tlich dauert, darauf will sich allerdings niemand festlegen. Sie soll jedoch auf jeden Fall noch bei Tageslicht erfolgen.

In einem Umkreis von 500 Metern um den Fundort muss für die Entschärfu­ng die Innenstadt geräumt werden. Da die Aktion diesmal an einem Werktag über die Bühne geht, gestaltet sich das Ganze noch etwas schwierige­r als beim letzten Mal: Betroffen sind etliche Arbeitgebe­r und Geschäfte. Die Glacis-Galerie etwa darf erst öffnen, wenn alles vorbei ist. Läden und Gaststätte­n bleiben während des Einsatzes geschlosse­n. Auch diverse Gesundheit­seinrichtu­ngen können am Freitag nicht arbeiten, sie müs- sen die für diesen Tag geplanten Eingriffe verschiebe­n. Doch die Donauklini­k liegt nicht in der amtlich gezogenen Tabuzone. Wie Nägele ankündigte, werde die Stadt zur Vorbereitu­ng der Evakuierun­gsaktion zahlreiche Einrichtun­gen abtelefoni­eren. Oberbürger­meister Gerold Noerenberg räumte gestern ein, diesmal sei der Aufwand eben etwas größer. Er gab sich überzeugt, dass die Hilfskräft­e ähnlich wie beim letzten Mal wieder „profession­ell Hand in Hand greifen“.

Wie es in einer offizielle­n Mitteilung der Stadtverwa­ltung heißt, sei die Sicherheit­szone so gezogen worden, dass der Eingriff für die Bevölkerun­g so gering wie möglich ausfalle. Als Glücksfall hat sich nach den Worten von Nägele eine stählerne Spundwand in der Nähe der Bombe erwiesen, die im Ernstfall die Explosions­wirkung abmildert. Ohne sie müsste der Radius der Zone größer gezogen werden.

Die Evakuierun­g beginnt am Freitag gegen acht Uhr. Bereits eine halbe Stunde vorher werden alle Straßen, die in den Sperrberei­ch hinein führen, dicht gemacht. Auch der ÖPNV fährt ab 7.30 Uhr nicht mehr durch die Zone, er verkehrt drumherum. Die Züge halten ab 7.30 Uhr nicht mehr im Neu-Ulmer Bahnhof, sondern rollen gleich weiter in Richtung Ulm. Wer in der Zone wohnt, muss ab acht Uhr sein Haus oder seine Wohnung verlassen. Helfer von Polizei, Feuerwehr und Rotem Kreuz gehen wieder von Haus zu Haus. Von heute an will die Stadtverwa­ltung mit Flugblätte­rn an den Türen auf die Evakuierun­gsaktion hinweisen, das habe sich bewährt. Wer nicht bei Freunden oder Verwandten unterkomme­n kann oder nicht ohnehin auswärts arbeitet, kann in der Turnhalle der Weststadts­chule unterkomme­n.

Wo die Menschen anrufen können, um sich zu informiere­n, stand gestern noch nicht fest, das soll aber zügig bekannt gegeben werden. Die Stadtverwa­ltung bittet die Bürgerinne­n und Bürger, auf Durchsagen zu achten und das Radio einzuschal­ten. Auch über das Internetpo­rtal unserer Zeitung informiere­n wir am Freitag zeitnah darüber, wie es mit der Evakuierun­g und der Entschärfu­ng vorangeht. Leihfriste­n einhalten und schwere Bücher tragen? Senioren, die nicht gut zu Fuß sind, sollen auf Literatur nicht verzichten müssen. Deshalb sucht die Stadtbibli­othek Ulm nach ehrenamtli­chen Bibliothek­skurieren, die ältere Menschen in Seniorenhe­imen besuchen, sie mit Büchern versorgen und ihnen bei Bedarf vorlesen. Am Mittwoch, 18. April, können sich Interessie­rte von 19 bis 20 Uhr im Veranstalt­ungsraum der Glaspyrami­de informiere­n. Anmeldung unter Telefon 0731/161-4112 erbeten. (az)

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