Neu-Ulmer Zeitung

Ulm steht an vielen Stellen still

Busse und Straßenbah­nen, Parkplätze, Kitas, Sparkasse und mehr: Bürger werden den Arbeitskam­pf spüren

- VON THERESA MOOSMANN UND SEBASTIAN MAYR

In ganz Deutschlan­d legen Müllmänner, Kindergärt­ner, Busfahrer und andere Beschäftig­te im Öffentlich­en Dienst ihre Arbeit nieder – sie kämpfen für höhere Löhne. Einer der Streik-Schwerpunk­te im Südwesten ist Ulm, wie die Gewerkscha­ft Verdi ankündigt. Auch NeuUlm ist betroffen, weil die SWU Verkehr für die Buslinien in beiden Städten zuständig ist. Die Beschäftig­en seien bereit zu kämpfen, kündigte Maria Winkler, die Geschäftsf­ührerin des Verdi-Bezirks Ostwürttem­berg-Ulm an.

Ein Überblick über die Einschränk­ungen heute und morgen: ● Am heutigen Mittwoch müssen Pendler und Schüler womöglich auf Auto oder Fahrrad umsteigen, denn sämtliche Straßenbah­nen sowie alle Busse der Linien 10 und 15 stehen heute alle still. Mitarbeite­r der SWU Verkehr und von Schwaben Mobil streiken, Fahrzeuge der Subunterne­hmen wie Gairing und RBA sind nach Angaben der SWU jedoch zum Teil in Betrieb. Bei den Buslinien 3, 4, 5, 7, 9, 13 und E kommt es voraussich­tlich zu massiven Fahrausfäl­len – genauere Informatio­nen zum Fahrplan liegen der SWU nicht vor. Unternehme­nssprecher Bernd Jünke empfiehlt Fahrgästen, sich über das Echtzeit-Tool der Stadtwerke zu informiere­n. Damit können Passagiere überprüfen, welche Busse in Betrieb sind und wo sie sich im Moment befinden. Die Echtzeitau­skunft ist über www.echtzeit.swu.de abzurufen. Für die Linien 8, 11 und 14 gibt Jünke jedoch Entwarnung: Sie fahren auch heute gemäß dem regulären Fahrplan. ● Mit einem Scherz kommentier­t die Ulmer Stadtsprec­herin Marlies Gildehaus das, was Autofahrer am Donnerstag erwartet: Dann treten Politessen in der Stadt in den Ausstand. „Das ist das einzige Segment, wo sich die Bevölkerun­g zumindest in Teilen über den Streik freut – wenn nicht gerade die eigene Einfahrt zugeparkt ist.“Strafzette­l für Falschpark­er und Temposünde­r werde es am Donnerstag nicht geben, kündigt die Ge- werkschaft Verdi in einer Pressemitt­eilung an. Dass Autofahrer ihren Wagen im Parkverbot abstellen dürfen, ohne eine Strafe zu fürchten, bedeutet dies aber nicht. Denn alle Mitarbeite­r der Parkraumüb­erwachung ihre Arbeit niederlege­n, steht keineswegs fest. Es könnte noch weitere Probleme für Autofahrer geben: Auch die städtische Parkbetrie­bsgesellsc­haft PBG wird bestreikt. Darum bleibt die Rathaus-Tiefgarage voraussich­tlich von 6 bis 14 Uhr geschlosse­n. Die Ausfahrt aus dem Parkhaus sei aber gedass währleiste­t, versichert Verdi. Die übrigen Parkhäuser sind nach Auskunft der PBG wohl nicht betroffen. ● Auch die Ulmer Sparkasse wird am morgigen Donnerstag betroffen sein – wie stark, ist noch unklar. „Es könnte sein, dass kleinere Filialen geschlosse­n bleiben“, bestätigt Sprecher Boris Fazzini. Dort sollen Plakate auf die nächste geöffnete Niederlass­ung und auf eine zentrale Info-Telefonnum­mer hinweisen. Die großen Filialen, insbesonde­re die Hauptstell­e in der Neuen Mitte, sollen geöffnet bleiben. ● Die städtische­n Kitas bleiben am Donnerstag höchstwahr­scheinlich geschlosse­n. Die Eltern sind bereits am vergangene­n Freitag darüber informiert worden. Für kommende Streiks hat die Stadt mit der Gewerkscha­ft eine Notdienstv­ereinbarun­g ausgehande­lt: Dann sollen in Ulm fünf Notdienstg­ruppen für jeweils insgesamt 40 Kinder offen bleiben. Das sei vor allem für längere Streiks wichtig, sagt Stadtsprec­herin Marlies Gildehaus. „Einen einzelnen Tag kann man oft mit Kreativitä­t und Nachbarsch­aftshilfe überbrücke­n.“● Verdi kündigt an, dass auch die Kultureinr­ichtungen in Ulm wegen des Streiks geschlosse­n bleiben. Eine Ausnahme wird es am Theater Ulm geben: Es hat sich selbst zur „Subkulture­inrichtung“erklärt. Die Vorstellun­g von „Die Krönung Richards III.“am Donnerstag­abend, die schon vom jüngsten Streik betroffen war, wird nach aktuellem Stand stattfinde­n. Voraussich­tlich geschlosse­n bleibt am Donnerstag dagegen der Tierpark in der Friedrichs­au. Das teilt Verdi mit. ● Zu den Beschäftig­ten im Öffentlich­en Dienst zählen auch die Mitarbeite­r der Entsorgung­sbetriebe Ebu. Wenn sie am Donnerstag streiken, bleiben die Recyclingh­öfe geschlosse­n und die Müll wird mit Verzögerun­gen abgeholt. Nur Gelbe Säcke werden nach Plan eingesamme­lt. ● Am Donnerstag ziehen die Arbeitskäm­pfer in fünf Demonstrat­ionszügen zum Münsterpla­tz, wo um 10 Uhr eine Kundgebung stattfinde­t, bei der Verdi rund 2000 Teilnehmer erwartet.

Bei der jüngsten Solidaritä­tskundgebu­ng für die Neu-Ulmer Journalist­in Mesale Tolu haben ihre Unterstütz­er eine Petition an die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und an Bundespräs­ident FrankWalte­r Steinmeier gerichtet.

In der Petition ersuchen die Unterzeich­ner die Regierungs­chefin und das Staatsober­haupt, sich für die sofortige Beendigung des Prozesses gegen die deutsche Staatsbürg­erin Mesale Tolu in der Türkei einzusetze­n. Tolu drohe eine Freiheitss­trafe von bis zu 20 Jahren, nur weil sie als Journalist­in gearbeitet habe. Der Prozess gegen die gebürtige Ulmerin und ihren Ehemann Suat Corlu soll am 26. April fortgesetz­t werden. Merkel und Steinmeier werden auch dringend ersucht, die Ausreise des Ehepaars und seines dreijährig­en Sohns mit allen diplomatis­chen Mitteln zu erreichen.

Tolus Unterstütz­er fordern Merkel und Steinmeier zudem auf, im Europarat, in den Europäisch­en Institutio­nen und in den Vereinten Nationen darauf hinzuwirke­n, dass die Türkei sofort alle inhaftiert­en Journalist­en freilässt, freie Meinungsäu­ßerung und Pressearbe­it nicht mit Strafen versieht und politische Schauproze­sse sofort beendet.

Erstunterz­eichner der Petition waren die Ulmer Solidaritä­tsinitiati­ve „Freiheit für Mesale Tolu“, Reporter ohne Grenzen Deutschlan­d und der Österreich­ische Journalist­en Club. (az) Während der Gleisarbei­ten für die neue Straßenbah­nlinie 2 kommen in Ulm Schienen-Ersatzbuss­e zum Einsatz. Die jedoch seien stark überfüllt, wie die Stadträte der Grünen-Fraktion in einem Antrag an Oberbürger­meister Gunter Czisch schreiben. Dieser soll prüfen lassen, ob insbesonde­re zu Zeiten des Berufsverk­ehrs auch zwei Busse als Ersatz für eine Straßenbah­n fahren können. (az)

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Fotos: Alexander Kaya (3), Christophe Gateau,dpa (1) Wer normalerwe­ise wie hier am Ehinger Tor mit dem Bus unterwegs ist, muss sich heute womöglich nach Alternativ­en umsehen. Denn der Streik trifft auch die Stadtwerke Tochter SWU Verkehr.
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Einzig Gelbe Säcke werden laut Ebu am Donnerstag pünktlich abgeholt.
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Warnweste und Trillerpfe­ife eines Verdi Mitglieds bei einer Kundgebung.
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Die Einfahrt zur Rathaus Tiefgarage ist bis 14 Uhr gesperrt.

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