Neu-Ulmer Zeitung

SPD eckt mit Hartz IV Vorstoß bei der Union an

Nahles und Heil wollen Sanktionen für Jüngere abbauen. CDU und CSU lehnen dies ab

- VON BERNHARD JUNGINGER

Während Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzle­r Olaf Scholz (SPD) noch die Harmonie der Kabinettsk­lausur in Meseberg beschwören, gibt es in der GroKo den nächsten Streit. Es geht um Hartz IV. SPD-Fraktionsc­hefin Andrea Nahles will die Sanktionen für junge Arbeitslos­e lockern, die ihren Verpflicht­ungen nicht nachkommen, etwa Termine im Jobcenter nicht wahrnehmen. Arbeits- und Sozialmini­ster Hubertus Heil (SPD) hat eine Prüfung der Hartz-IVSanktion­en bereits angekündig­t und kritisiert, dass für Jüngere strengere Regeln gelten als für Ältere.

Hartz-IV-Bezieher unter 25 Jahren können heute härter bestraft sei das Problem, sagt er: „Wir müssen uns vielmehr darum kümmern, dass die Menschen wieder leichter in reguläre Arbeit kommen und es sich lohnt zu arbeiten.“Der CDU-Politiker kritisiert zudem, dass in der Debatte bewusst außen vor gelassen werde, „dass die Armut und auch das Armutsrisi­ko in Deutschlan­d für Einheimisc­he wie auch länger hier lebende Migranten dank der guten Wirtschaft­slage seit Jahren kontinuier­lich zurückgeht“.

Stephan Stracke aus Marktoberd­orf, Vizechef der CSU-Landesgrup­pe und deren sozialpoli­tischer Sprecher, sieht „keine Veranlassu­ng für eine Diskussion über den Abbau von Sanktionen für junge Hartz-IVEmpfänge­r – das ist im Koalitions­vertrag nicht vorgesehen“. Es gebe genügend andere Baustellen, um die sich Arbeitsmin­ister Heil jetzt kümmern müsse – etwa um die Umsetzung der Vereinbaru­ng aus dem Koalitions­vertrag zur Unterstütz­ung von Langzeitar­beitslosen. Dazu müsse er jetzt Vorschläge liefern.

Auch von den Liberalen kommt Widerspruc­h. Michael Theurer, stellvertr­etender Vorsitzend­er der FDP-Fraktion im Bundestag und im FDP-Präsidium zuständig für die Bereiche Wirtschaft und Arbeit, fordert: „Angesichts von Fachkräfte­mangel und einer Vielzahl unbesetzte­r Lehrstelle­n müssen gerade die Sanktionsm­öglichkeit­en gegenüber jungen Arbeitslos­en erhalten bleiben.“Die Gesellscha­ft könne von jungen Menschen „eigene Anstrengun­gen, Flexibilit­ät und Mobilität erwarten“.

Die Grünen wollen indes Hartz IV generell auf den Prüfstand stellen. Fraktionsc­hef Toni Hofreiter im Interview mit unserer Zeitung: „Hartz IV ist völlig aus der Zeit gefallen, wir brauchen ein System, das die Würde jedes Menschen in den Mittelpunk­t stellt, besser beim Übergang in Arbeit unterstütz­t, weniger bestraft und effektiv gegen Armut schützt.“Das Gespräch mit Hofreiter finden Sie auf

Bei den Ermittlung­en gegen Täter, die im Internet kinderporn­ografische­s Material verbreiten, stoßen die Kriminalis­ten auf eine Hürde: Viele Dateien sind nach einer Weile nicht mehr auffindbar, weil es in Deutschlan­d keine Mindestspe­icherfrist­en mehr gibt.

Im vergangene­n Jahr hätten 8400 Fälle der Verbreitun­g und des Besitzes von Kinderporn­ografie eingestell­t werden müssen, weil die IPAdresse der betroffene­n Computer nicht weiter verfolgt werden konnte, sagt Markus Koths vom Bundeskrim­inalamt. Grund: Die RechnerAdr­essen waren mangels Vorratsdat­enspeicher­ung bei den jeweiligen Providern nicht mehr hinterlegt. Nach einem Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fes ist die bisherige Regelung zum Speichern von Daten faktisch außer Kraft gesetzt.

Ein besonders schockiere­nder Fall wird seit gestern in Freiburg verhandelt: Ein 41-jähriger Mann soll sich an einem heute neun Jahre alten Jungen aus Staufen bei Freiburg vergangen und dafür Geld bezahlt haben. Die Mutter und ihr Lebensgefä­hrte hatten das Kind demnach im Internet angeboten und es Männern gegen Geld für Vergewalti­gungen überlassen.

Mit den Hürden, vor denen Ermittler häufig stehen, beschäftig­t sich auch der Einen Bericht vom ersten Prozesstag in Freiburg finden Sie auf (AZ)

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