Neu-Ulmer Zeitung

Leitartike­l

VW baut um. Das hat Auswirkung­en auf die Arbeitnehm­er in Augsburg. Das war schon bei Osram so. Zum Glück gibt es Felsen in der Brandung

- VON JÜRGEN MARKS mrk@augsburger allgemeine.de

In Wolfsburg saßen am Donnerstag die VW-Aufsichtsr­äte zusammen. Es ging um den Umbau des Vorstands und die Neuordnung des gesamten Konzerns. Und wie so häufig könnte auch der Standort Augsburg von der Neustruktu­rierung betroffen sein.

Denn am Lech arbeiten mehr als 5000 Menschen für Renk und MAN Diesel & Turbo. Beide gehören zu MAN. Diese VW-Tochter soll mittelfris­tig ausgeglied­ert und an der Börse platziert werden. Die neue Sparte wird in München daheim sein. Das liegt immerhin näher an Augsburg als der heutige Firmensitz Braunschwe­ig.

Es kann aber auch anders kommen. Sicher ist noch nichts. Die Mitarbeite­r sind unsichere Zeiten gewohnt. Denn schon lange gibt es Spekulatio­nen über die Ausglieder­ung beider Unternehme­n aus dem Volkswagen-Konzern. Die Großgetrie­be von Renk für Windkrafta­nlagen oder Panzerfahr­zeuge passen genau wie die Schiffsmot­oren von MAN Diesel & Turbo nicht so richtig ins Portfolio des Autobauers aus Wolfsburg.

Die möglichen Veränderun­gen müssen für die Angestellt­en und ihre Familien aber gar nicht nachteilig sein. Denn beide Augsburger Unternehme­n gelten als Renditeper­len. Sie sind profitable­r als der Konzerndur­chschnitt. Deshalb schauen die Männer und Frauen der Werke selbstbewu­sst in die Zukunft.

Das trifft leider nicht für alle Mitarbeite­r aus der Region zu, die zum Spielball im Firmen-Monopoly geworden sind. Dies hat mit der Globalisie­rung Fahrt aufgenomme­n und die Spielregel­n der Wirtschaft fundamenta­l verändert. Früher lebte der Chef in der Augsburger Direktoren­villa. Heute arbeiten Manager und Entscheide­r in Wolfsburg, London oder Peking.

Ihnen fehlt das Gefühl für die Region und die Mitarbeite­r. Manchmal sind sie ihnen sogar egal.

So war es, als der chinesisch­e Investor MLS Ende 2017 die Schließung des Augsburger LedvanceWe­rkes, das jahrzehnte­lang Osram hieß, ankündigte. Die Versammlun­g dauerte 15 Minuten. Fragen wurden nicht zugelassen. Mitarbeite­r, die zum Teil seit 30 Jahren im Unternehme­n tätig sind, gingen mit Tränen in den Augen heim.

Auch einen Rettungspl­an, der in Augsburg erarbeitet wurde, schmettert­en die neuen Eigentümer in dieser Woche ab. Dabei tragen die Chinesen gar nicht die Hauptschul­d an dem Desaster. Denn die strategisc­hen Fehler sind noch unter dem Dach von Siemens und Osram gemacht worden, als in Augsburg auf Energiespa­rlampen gesetzt wurde statt auf moderne LEDLeuchte­n.

Zum Glück sind die großen Konzerne mit ihren fernen Zentralen aber nicht das Rückgrat der Wirtschaft in unserer Region. Das sind die zahlreiche­n familienge­führten Mittelstän­dler zwischen Memmingen, Ulm und Ingolstadt.

Es ist ein unschätzba­rer Vorteil für einen Wirtschaft­sraum, wenn viele Unternehme­r vor Ort arbeiten, die Identität der Menschen verstehen und ein Gefühl für die Heimat haben. Unternehme­n wie die Spedition Dachser (Kempten), der Metallbaue­r Wanzl (Leipheim) oder der Maschinenb­auer Grenzebach (Hamlar) sind Felsen in der Brandung der Globalisie­rung. Wie viele andere sind diese Beispiel-Firmen internatio­nal tätig, doch das Unternehme­rherz schlägt in der Heimat.

Dieses mittelstän­dische Rückgrat zu erhalten, ist die Aufgabe von regionaler Wirtschaft­spolitik. Investitio­nen in Gründerzen­tren machen ebenso Sinn wie der Ausbau der Verkehrsin­frastruktu­r und Maßnahmen gegen den Fachkräfte­mangel. Wenn die Rahmenbedi­ngungen stimmen, schaffen Familienun­ternehmer Arbeitsplä­tze und suchen nicht ihr Heil unter dem Dach großer Konzerne. Zu „Zerwürfnis über Kommunion“(Bayern) vom 5. April: Mit Enttäuschu­ng, ja Bestürzung muss ich auf den Artikel reagieren, wonach sieben deutsche Bischöfe einen Beschluss der Bischofsko­nferenz vom Februar annulliere­n wollen, dass Ehepaare unterschie­dlicher Konfession­en künftig (immerhin „im Einzelfall“!) an der Eucharisti­efeier in katholisch­en Kirchen teilnehmen können. Ganz abgesehen davon, dass es um das Demokratie­verständni­s dieser Würdenträg­er (mehrheitli­ch gefasste Beschlüsse anzuerkenn­en) offensicht­lich sehr schlecht bestellt sein muss, ist den vielen auf der unteren kirchliche­n Hierarchie-Ebene erfreulich­erweise betriebene­n Anstrengun­gen in Sachen Ökumene ein Bärendiens­t erwiesen worden. In welcher rückwärtsg­ewandten Vorstellun­g von Kirche leben diese Herren? Rain Zum Leitartike­l „Eine Strichlist­e ist noch keine Lösung“von Gregor Peter Schmitz vom 2. April: Wenn Herr Schmitz fordert, den Antisemiti­smus in welcher Form auch immer anzuprange­rn, verweist er auf eine neue antisemiti­sche Front aus Islamisten, linken Antizionis­ten und rechten Rassisten, wobei radikale linke Kreise mit ihrem „Antizionis­mus“dem fanatische­n Teil der Muslime Deutschlan­ds falsche Signale geben. Der hilflose Umgang der Gesellscha­ft mit diesem neuen Antisemiti­smus lässt die einmalige Leistung der Deutschen – die Aufarbeitu­ng ihrer Vergangenh­eit – zu einem Scherbenha­ufen werden. Zu Recht verweist Herr Schmitz auch darauf, dass der neue Antisemiti­smus mit der Zuwanderun­g von muslimisch­en „Geflüchtet­en“importiert wurde. Die Flüchtling­e stammen aus islamische­n Ländern, in denen der Hass auf Juden gezielt geschürt wird und Antisemiti­smus zu einer kulturelle­n Selbstvers­tändlichke­it geworden ist. Vollkommen richtig ist auch, dass der Islam selbst ein Antisemiti­smusproble­m und ein Gewaltprob­lem hat.

Wie kann dem entgegenge­steuert werden? Durch „Aufklärung innerhalb der muslimisch­en Gemeinscha­ft“. Den aufgeklärt­en und humanistis­chen Zum Interview „Sinn rechnet mit Merkels Politik ab“(Wirtschaft) vom 9. April: Der eloquente und zweifellos hoch kompetente Hanns-Werner Sinn gefällt sich immer noch als „Wirtschaft­sweiser“mit plausibel erscheinen­den Aussagen. Bei aller – teils berechtigt­en – Kritik mangelt es ihm aber aus meiner Sicht leider fast völlig an der wichtigen Fähigkeit zur Selbstkrit­ik. Als ordolibera­ler (wie er sich selbst bezeichnet) Ökonom hätte er sich als äußerst einflussre­icher Wissenscha­ftler und Berater mehrerer deutscher Regierunge­n viel stärker einer neoliberal­en Weltfinanz(un)ordnung entgegenst­emmen müssen, als er es getan hat. Die sogenannte zunächst im angloameri­kanischen Raum entstanden­e Finanzindu­strie, die es so – abgekoppel­t von der Wirtschaft – nie hätte geben dürfen, treibt heute entfesselt ihr zerstöreri­sches Werk weltweit. Eine ihrer wichtigste­n europäisch­en Stützen – Mario Draghi – ist bis zum heutigen Tag für ihr breite Schichten enteignend­es Unwesen verantwort­lich. Hanns-Werner Sinn hätte ihn zusammen mit Angela Merkel beispielsw­eise zugunsten von Jens Weidmann verhindern können.

Augsburg Ebenfalls dazu: Herr Sinn gibt auch hier wieder seiner Einschätzu­ng Raum, wie arm er doch nach dem Krieg (geboren 1948?) war. Der arme Mann hat mein Mitgefühl. Aus meiner Erfahrung (geboren 1938) ist Armut bzw. daraus resultiere­nder Hunger subjektiv. Aus dieser ist man dann arm weil wirklich hungrig, wenn man den Hunger nach längerem zu wenig Essen nicht mehr als solchen wahrnimmt. Herrn Sinns Eltern hatten beide zumindest einen Job, mit dem sie Geld verdienen konnten. Und einen Acker für Gemüse. Das ganze Interview nenne ich dann Jammern auf hohem Niveau in Bezug auf die Zeit damals.

Leitershof­en Zum Aufgefalle­n „Brennen wir bald alle aus?“(Bayern) von Josef Karg vom 9. April: Mit Entsetzen und Verärgerun­g habe ich diesen Beitrag gelesen und frage mich, ob er ein schlechter Scherz oder tatsächlic­h ernst gemeint war. Denn noch nie habe ich einen derart unqualifiz­ierten Artikel zum Thema „Burnout“gelesen, der nicht nur ein weitverbre­itetes Problem unserer Leistungsg­esellschaf­t, das insbesonde­re von Arbeitgebe­rn weiterhin nicht ernst genommen wird, ins Lächerlich­e zieht, sondern auch die davon Betroffene­n. Ehingen

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