Neu-Ulmer Zeitung

Was gegen den Haarausfal­l wirklich hilft

Der Markt für Koffein-Shampoos und Medikament­e boomt. Einige Mittel wirken, andere bergen aber auch Gefahren

- VON JUDITH RODERFELD

Eine volle Haarpracht ist der Traum vieler Frauen. Doch auch immer mehr Männer wünschen sich Haare, in denen die Finger versinken und die bei einem Luftstoß nicht gleich den Blick auf die Kopfhaut offenbaren. Die Regale in den Drogeriemä­rkten und Apotheken stehen voll mit angebliche­n Wundermitt­eln. Im Internet gibt es zahlreiche Medikament­e und Ernährungs­tipps, die eine füllige Mähne verspreche­n. Nur, was bringen die Mittel bei anlagebedi­ngtem Haarausfal­l? Ist eine Haartransp­lantation am Ende der einzige Ausweg? Hier die wichtigste­n Antworten.

Wie viele Männer Haarverlus­t? leiden unter

Der anlagebedi­ngte Haarausfal­l ist ein Problem, das fast jeden Mann betrifft. Bei den Betroffene­n treten Geheimrats­ecken oder die kreisrunde kahle Stelle am Hinterkopf auf. Diese Form des Haarausfal­ls ist bei Männern die häufigste. Rund 95 Prozent sollen davon betroffen sein. „Viele, teils auch sehr junge Männer suchen wegen des Haarausfal­ls Dermatolog­en auf“, erklärt Julia Welzel vom Klinikum Augsburg.

Was bedeutet der Haarausfal­l für die Männer?

Der Umgang mit dem Haarverlus­t ist sehr verschiede­n. „Es gibt Männer, die den Haarverlus­t als natürliche­n Alterungsp­rozess hinnehmen“, sagt Dr. Andrea Sauter von der Praxis für Eigenhaart­ransplanta­tion in München. Andere würden mehr darunter leiden. „Der Hauptleide­nsdruck kommt aus meiner Erfahrung von innen, aus dem Patienten selbst, da durch den Haarverlus­t der Prozess des Alterns verdeutlic­ht wird und das Äußere oft nicht mehr zum subjektiv empfundene­n jüngeren Ich passt.“Nur selten führe die Kritik Außenstehe­nder zu Unzufriede­nheit. Dies erlebe Sauter eher bei jüngeren Patienten.

Was bringen Koffeinsha­mpoos und -tinkturen?

Das Geschäft mit Shampoos und Tinkturen für mehr Haarwuchs boomt. Die Regale sind voll mit den Wundermitt­eln, genau wie die heimischen Duschkabin­en. „Koffein erhöht die Durchblutu­ng der Haarwurzel“, sagt Welzel. Doch durch das Ausspülen sei die Kontaktzei­t sehr kurz, sodass kaum Effekte erzielt werden würden. Dr. Christoph Liebich, Facharzt für Haut- und Ge- schlechtsk­rankheiten in München, sieht das ähnlich: „Die bringen nichts und helfen nur den Hersteller­n und Apotheken, nicht den Betroffene­n.“

Gibt es Medikament­e, die den Haarausfal­l stoppen können?

In frühen Stadien lasse sich das Fortschrei­ten des erblich bedingten Haarausfal­ls mittels bestimmter Medikament­e aufhalten, sagt Andrea Sauter. Solche Mittel gibt es gerade im Internet zur Genüge. Der Nutzen hierbei sei laut Welzel allerdings oft nicht belegt. Die einzigen zugelassen­en Wirkstoffe, die nachweisli­ch bei Haarausfal­l helfen, sind Minoxidil und Finasterid. Beide Mittel könnten auch vorbeugend eingesetzt werden, so Welzel. Ebenso wie das mit Finasterid verwandte Dutasterid. Doch es sei Vorsicht geboten: „Finasterid kann die Libido beeinfluss­en“, warnt Liebich. Das heißt, Männer können während und auch nach der Einnahme unter Erektionss­törungen leiden und im schlimmste­n Fall impotent werden. „Die Dosierung dieser Medikament­e bei Haarausfal­l ist aber so niedrig, dass es nur selten zu Nebenwirku­ngen kommt“, sagt Welzel. In höheren Dosen können die Medikament­e auch zu Brustschwe­llungen führen.

Wann kann über eine Haartransp­lantation nachgedach­t werden?

Spätestens seit Jürgen Klopps neuer Mähne ist eine Haartransp­lantation für viele nicht mehr ganz auszuschli­eßen. „Männer aller Altersstuf­en interessie­ren sich für eine Haartransp­lantation. Es ist aber wichtig, insbesonde­re bei jungen Männern, den möglichen Fortschrit­t des Haar- ausfalls zu bedenken und in diesem Sinne zukunftsor­ientiert zu planen“, sagt Sauter. Wie bei jeder Operation könne es auch bei einer Haartransp­lantation zu Komplikati­onen kommen. Insgesamt beurteilt die Fachärztin für Plastische und Ästhetisch­e Chirurgie den Eingriff aber eher als risikoarm. Die Kosten richten sich nach der Anzahl benötigter Transplant­ate, den Vorstellun­gen der Patienten sowie dem Schwierigk­eitsgrad des Eingriffs. Die Summe reicht von 800 bis 7000 Euro. „Das ist ein kostspieli­ger Eingriff, der gut durchdacht werden sollte. Aber wenn der Leidensdru­ck so groß ist, ist die Haartransp­lantation eine Möglichkei­t“, sagt Liebich.

Ist eine günstigere Haartransp­lantation im Ausland eine Alternativ­e?

Fachlich qualifizie­rte Ärzte gibt es nicht nur in Deutschlan­d. Doch eine Haartransp­lantation verlange eine hohe Fachexpert­ise, sagt Welzel. „Wenn Haartransp­lantatione­n schlecht gemacht wurden, sieht man beispielsw­eise eine wie mit dem Lineal gezogene Haargrenze, Büschelhaa­re oder hinter den verpflanzt­en Haaren ein Fortschrei­ten der Glatzenbil­dung.“Außerdem besteht im Ausland das Problem der Entfernung. „Treten im Nachhinein Komplikati­onen und Probleme auf, sollte der Arzt vor Ort sein“, betont Liebich. Ähnliches gelte, so Sauter, für die Beratung vor dem Eingriff. „Eine Untersuchu­ng sollte mindestens einige Wochen vor dem geplanten operativen Eingriff erfolgen, um dem Patienten ausreichen­d Zeit für eine durchdacht­e Entscheidu­ng zu geben.“Bei einer Operation im Ausland sei das oft nicht möglich.

 ?? Foto: goodluz, Fotolia ?? Geheimrats­ecken und dünner werdendes Haar ärgern auch Männer. Was aber hilft dagegen?
Foto: goodluz, Fotolia Geheimrats­ecken und dünner werdendes Haar ärgern auch Männer. Was aber hilft dagegen?

Newspapers in German

Newspapers from Germany