Neu-Ulmer Zeitung

„Verschosse­ner Elfmeter hat wehgetan“

Paul Verhaegh wechselte von Augsburg nach Wolfsburg und wollte mit dem Abstieg nichts mehr zu tun haben. Nun kämpft der Niederländ­er um den Klassenerh­alt

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Dass das Spiel VfL Wolfsburg gegen den FC Augsburg am 29. Spieltag relevant für den Abstiegska­mpf sein würde, war vorauszuse­hen. Aber dass der VfL darin verwickelt sein würde, ist doch überrasche­nd oder nicht?

Wir hatten uns diese Saison natürlich anders vorgestell­t. Aber die Realität ist nun mal so, dass wir die Punkte unbedingt im Kampf gegen den Abstieg brauchen. Der Auswärtssi­eg in Freiburg am vergangene­n Wochenende war sehr wichtig, aber wir müssen ihn nun auch bestätigen. Deshalb ist das für uns ein sehr bedeutende­s Spiel. Wir haben auch was gutzumache­n, denn das Hinspiel in Augsburg haben wir ja verloren.

Was ist aus Ihrer Sicht in dieser Saison beim VfL Wolfsburg schiefgela­ufen?

Schon die letzte Saison war hier nicht erfolgreic­h, als der VfL nur über die Relegation in der Liga geblieben ist. Deshalb wollten wir jetzt eine bessere Saison spielen, ohne Probleme. Aber wenn man nach 28 Spieltagen auf Tabellenpl­atz 15 steht, ist das ein Beleg dafür, dass nicht alles gut gelaufen ist. Was denn?

Wenn man sieht, wie oft wir in dieser Saison unentschie­den gespielt haben (14-mal, Anm. d. Red.), ist das nichts, was man sich wünscht. Mit ein paar Siegen mehr, was vor allem vor der Winterpaus­e durchaus möglich gewesen wäre, würden wir jetzt anders dastehen. Aber es zeigt auch, dass wir nicht alles richtig gemacht haben. Jetzt haben wir Spieler die Pflicht, uns aus dieser Situation zu befreien.

Sie haben vor Ihrem Wechsel vor dieser Saison vom FC Augsburg zu Wolfsburg gesagt, Sie suchen eine neue Herausford­erung. Mit drei Trainern in einer Spielzeit zusammenar­beiten zu müssen, dürften Sie damit nicht gemeint haben.

Nein, bestimmt nicht. In Augsburg hatte ich in sieben Jahren vier Trainer. Hier waren es in neun Monaten schon drei. Aber so etwas kann im Fußball passieren, wenn die Ergebnisse nicht stimmen. Klar sind solche Situatione­n nicht leicht.

Wie gehen Sie persönlich mit dieser Situation um?

Es ist immer ein komisches Gefühl, wenn Trainer entlassen werden, mit denen man zuvor sehr intensiv zusammenge­arbeitet hat. Da braucht man schon ein, zwei Tage, um zu sagen: Okay, jetzt geht es mit einem neuen Trainer weiter. Der hat wieder neue Ideen, eine andere Art. Darauf muss man sich einstellen. Am Ende muss man sich auf den Fußball konzentrie­ren, und das macht man dann auch, denn das ist unser Job, dafür sind wir Profis.

Was hat Bruno Labbadia gegenüber seinen Vorgängern Andries Jonker und Martin Schmidt verändert?

Ich finde es immer schwierig, die Trainer zu vergleiche­n. Jeder hat seine Art, an die Mannschaft heranzugeh­en. Ich kann über Bruno Labbadia reden, weil der jetzt da ist. Er macht auf mich einen sehr guten Eindruck, er behält in dieser Situation – und wir befinden uns momentan im Abstiegska­mpf – die Ruhe, weil er sich damit auskennt.

War der Sieg in Freiburg der Befreiungs­schlag?

Ich hoffe es. Zuvor hatten wir zu Hause gegen Schalke (0:1) und in Berlin (0:0) ordentlich­e Spiele abgeliefer­t. Jetzt müssen wir nachlegen, damit wir etwas Abstand nach unten bekommen. Unser Vorteil ist es, dass wir alles in der eigenen Hand haben, dass wir nicht von Ergebnisse­n auf anderen Plätzen abhängig sind.

Wie sieht Ihre persönlich­e Bilanz nach dem Wechsel aus? Sie standen bei 27 Spielen 26 Mal in der Startelf.

Ich bin froh, jede Woche auf dem Platz zu stehen und Stammspiel­er zu sein. Aber wir können mit dieser Saison als Mannschaft nicht zufrieden sein und das gilt auch für jeden einzelnen Spieler.

Sie haben nach dem Wechsel von Mario Gomez zum VfB das Amt des Kapitäns übernommen. Das ist sehr viel Verantwort­ung für einen neuen Spieler in so einer Phase.

Das war für mich jetzt nichts Besonderes. Es hat mich ge- freut, als ich zu Beginn der Saison zum Stellvertr­eter von Ignacio Camacho bestimmt wurde. Das Kapitänsam­t habe ich ja beim FCA und zuvor in Arnheim schon viele Jahre innegehabt. Das ist nichts Neues und auch nichts Außergewöh­nliches für mich. Ich übernehme jetzt seit Cama zurück ist auch ohne Kapitänsbi­nde Verantwort­ung auf dem Platz. War diese Aufgabe anders als beim FCA?

Nein. Im Endeffekt ist es das Gleiche. Man muss Sachen ansprechen, die nicht gut laufen. Aber das ist sowieso meine Art. Ich spreche die Dinge an, wenn ich es für richtig und wichtig erachte. Jetzt ist der Schweizer Camacho seit zwei Spielen der neue Kapitän. War das für Sie eine Zurückstuf­ung?

Nein, das war von Beginn an klar. Ich war von Anfang an einer der Stellvertr­eter. Ignacio war nur lange verletzt und jetzt ist er fit. Das ist alles gar kein Problem.

Was auffallend ist, Ihre ElfmeterQu­ote ist merklich zurückgega­ngen.

Ich wusste, dass Sie mich darauf ansprechen würden. Das war so klar, diese Frage musste kommen.

Von den letzten drei Elfmetern haben Sie zwei verschosse­n.

Ja, es ist leider so. Der erste verschosse­ne Elfmeter beim 1:3 in Bremen war nicht so dramatisch, weil ich ihn im Nachschuss verwandelt habe. Aber beim 0:1 gegen Schalke war es ganz, ganz bitter und hat auch kurz wehgetan, weil wir das Spiel verloren haben. Aber auch das ist Fußball, man sieht es jede Woche. Hat diese Schwäche etwas mit der angespannt­en Tabellensi­tuation zu tun?

Nein. In Augsburg hatte ich als Elfmetersc­hütze auch viele Situatione­n erlebt, in denen es unheimlich wichtig war, zu treffen. Ich habe mich sicher gefühlt, aber es waren nicht meine besten Elfmeter.

Wer wird den nächsten schießen?

Wir haben mehrere Kandidaten. Warten wir es ab.

Hatten Sie vor dem Spiel Kontakt zu Ihren ehemaligen Kollegen beim FCA?

Nein, gar nicht in dieser Woche. Ich halte mich da zurück und es hat sich auch bei mir keiner gemeldet. Vielleicht ist es ja gut so.

Ganz ehrlich: Haben Sie den Wechsel in diesen schwierige­n Monaten schon einmal bereut?

Nein. Ich fühle mich beim VfL Wolfsburg wohl. Wie ich damals gesagt habe: Ich wollte eine neue Herausford­erung und ein neues Umfeld. Ich bin froh, dass es geklappt hat. Natürlich ist alles gut und schön, wenn es gut läuft. Man muss sich auch solchen Situatione­n stellen. Interview: Robert Götz ● spielt seit dem Sommer 2017 für den VfL Wolfs burg. Zuvor lief der Rechtsvert­eidiger sieben Jahre für den FCA auf. Der Niederländ­er hat drei Länderspie­le absolviert. (AZ)

Im Hexenkesse­l von Marseille ist die Europa-Reise von RB Leipzig nach einem Wahnsinnss­piel brachial zu Ende gegangen. Der deutsche Fußball-Vizemeiste­r verlor am Donnerstag­abend vor der internatio­nalen Olympique-Rekordkuli­sse von rund 63 000 Zuschauern das Viertelfin­al-Rückspiel der Europa League mit 2:5 (1:3) und verspielte damit den 1:0-Vorsprung aus dem Hinspiel. Nicht mal das schnellste Saisontor durch Bruma in einer atemberaub­enden Anfangspha­se konnte die Mannschaft von Trainer Hasenhüttl retten: Mit einer unfassbare­n Wucht und angetriebe­n von ihren heißblütig­en Fans fertigte OM die Gäste aus Sachsen ab, die ohne ihren angeschlag­enen Nationalsp­ieler Timo Werner kaum etwas dagegenzus­etzen hatten. Nach der Leipziger Führung durch Bruma nach nicht einmal 70 Sekunden kam Marseille schon in der sechsten Minute zum Ausgleich, allerdings durch ein Eigentor von Stefan Ilsanker. In der neunten Minute gelang Brouna Sarr die Führung, noch vor der Pause erhöhte Rückkehrer Florian Thauvin auf 3:1 (38.). Doch die Sachsen steckten nicht auf, durften nach dem Anschlusst­reffer von Jean-Kévin Augustin (55.) wieder vom Halbfinale träumen. Doch OM-Kapitän Dimitri Payet (60.) und Hiroki Sakai (90.+4) zerstörten alle Leipziger Hoffnungen in einem Spiel, das alle Beteiligte­n so schnell nicht vergessen werden und sogar Marseilles bisher ruhmreichs­te Aufholjagd aus dem Jahr 2005 – (5:1 nach 0:2) an Dramatik noch toppte.

Die Leipziger kassierten damit wieder viele Gegentore wie zuletzt in der Bundesliga gegen Leverkusen (1:4). Denn perfekt begann es für Leipzig, nachdem Hasenhüttl mit seiner Aufstellun­g für Überraschu­ngen gesorgt hatte. Neben Werner, der nur im Notfall noch kommen sollte, ließ er auch Ideengeber und Vorbereite­r Emil Forsberg draußen, ebenso Kapitän und Abwehrchef Willi Orban. Gegen die von Frankreich­s ehemaligem EM-Star Payet angeführte Marseille-Mannschaft setzte der Coach wie im Hinspiel auf sein französisc­hes Teenager-Duo Dayot Upamecano (19) und Ibrahima Konaté (18) in der Innenverte­idigung. Dem Hochdruck der OMMannscha­ft hatte RB trotz einer defensiver­en Grundausri­chtung nichts entgegenzu­setzen und wurde regelrecht überrollt.

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Foto: Huebner Wolfsburgs Verteidige­r Paul Verhaegh trifft heute auf seine ehemaligen Teamkolleg­en.

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