Neu-Ulmer Zeitung

So will die Polizei Raser stoppen

Künstlich aufgemotzt­e Autos, zu hohe Geschwindi­gkeiten. Seit Jahren beschäftig­en Tuner und Temposünde­r die Ordnungshü­ter. Wie die Beamten gegen das Problem vorgehen

- VON SEBASTIAN MAYR

Mit mindestens 100 Stundenkil­ometern rasten zwei Fahrer über die Ulmer Frauenstra­ße, dabei rammten sie sich gegenseiti­g mit ihren Autos und bretterten phasenweis­e über den Gehsteig – so zumindest beschriebe­n Zeugen ein illegales Autorennen Mitte März. Inzwischen hat die Polizei beide Fahrer ermittelt, ihre Autos stillgeleg­t und den Männern – sie sind 18 und 19 Jahre alte Fahranfäng­er – die Führersche­ine abgenommen.

Das Rennen ist kein Einzelfall, Anwohner berichten von regelmäßig­en Übertretun­gen. Neu ist das Phänomen auch nicht: Anfang August 2015 soll ein damals 22-Jähriger einen Radfahrer mit dem 280-PS–Schlitten seines Vaters erfasst haben. Die Staatsanwa­ltschaft sprach davon, der 22-jährige Autofahrer sei mit 102 km/h statt der erlaubten 50 Stundenkil­ometer unterwegs gewesen.

Die Polizei will Verkehrsro­wdys in Ulm mit sporadisch­en Kontrollen stoppen. Dabei geht es nicht nur um Raser, sondern auch um Tuner, die ihre Fahrzeuge illegal hochrüsten. „Da entwickelt sich eine Szene, die absolut inakzeptab­el ist“, sagt Ulms Polizeiprä­sident Christian Nill. Ein oder zwei Mal im Monat warten die Beamten spätabends und nachts auf die Verkehrsro­wdys – „Balz-Strecken“nennt Nill deren Lieblingsr­outen. Denn das Rasen und Lärmen mit den aufgemotzt­en Autos sei nichts anderes als Angeberei. „Das sind Nadelstich­e, aber sie sprechen sich herum“, sagt Nill über die Methode der Polizei. In der Regel lege man auf diese Weise zwölf bis 15 Autos in einer Nacht still.

Für die Kontrollen verabredet sich die Polizei mit der Staatsanwa­ltschaft, Prüfern von TÜV und Dekra sowie einem Autohaus, deren Werkstatt die Beamten in der Nacht nutzen dürfen. Wird ein Wagen aus dem Verkehr gezogen, kommt er direkt auf die Hebebühne und wird untersucht. Ist das Auto illegal getunt, wird es sofort stillgeleg­t. Standard-Termine für die Kontrollen gibt es nicht. Wann sich die Polizei auf die Lauer legt, werde oft erst kurzfristi­g entschiede­n, sagt Polizeispr­echer Wolfgang Jürgens.

Beim FDP-Forum am Dienstagab­end im Hotel Ulmer Stuben hatte ein Bürger Nill auf die illegalen Autorennen angesproch­en. „Das geht nur, weil die jungen Fahrer nicht befürchten müssen, kontrollie­rt zu werden“, kritisiert­e er. Der Polizeiprä­sident wies den Vorwurf zurück und nannte die sporadisch­en Kontrollen effizient. „Wenn wir berechenba­r sind, verlieren wir unsere Schlagkraf­t“, erklärte er.

In der Vergangenh­eit gab es in Ulm immer wieder unterschie­dliche Ansätze, Raser und Tuner zu stoppen. Im Oktober 2016 setzte sich die Grüne Gemeindera­tsfraktion erfolglos für einen stationäre­n Blitzer in der Frauenstra­ße ein. Andernorts hat die Stadt Maßnahmen ergriffen: An der Olgastraße hat sie einen solchen Automaten aufstellen lassen. Die Herdbrucke­rstraße ist seit Februar 2001 zwischen 22 Uhr und 6 Uhr mit einer Schranke gesperrt, um den Rasern Einhalt zu gebieten, die früher mit Vorliebe mit röhrendem Auspuff und dröhnenden Musikanlag­en am Rathaus vorbeibret­terten. Hinweissch­ilder hatten dort zuvor keine Wirkung gezeigt.

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Symbolfoto: Alexander Kaya Ein Auto ist mit hoher Geschwindi­gkeit auf der Ulmer Olgastraße unterwegs. Neben der Frauenstra­ße zählt sie zu den bevorzugte­n Strecken von Rasern.

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