Neu-Ulmer Zeitung

Der fehlbare Franziskus

Warum ein Entschuldi­gungsbrief des Papstes zur chilenisch­en Missbrauch­s-Affäre eine grundlegen­de Zäsur darstellt. Aber noch fehlen die personelle­n Konsequenz­en

- VON JULIUS MÜLLER MEININGEN

Chile ist weit weg. Aber der Brief, den Papst Franziskus in der vergangene­n Woche aus dem Vatikan an die Bischöfe des südamerika­nischen Landes geschickt hat, markiert einen Wendepunkt im Pontifikat. Bislang war der Papst unglaubwür­dig bei einem der wichtigste­n und schwierigs­ten Themen für die katholisch­e Kirche, dem Umgang mit sexuellem Missbrauch durch den Klerus. Wiederholt hatte Franziskus in der Vergangenh­eit „null Toleranz“mit Tätern und Vertuscher­n versproche­n, im konkreten Fall aber wendete der Pontifex zweierlei Maß an. Seit Missbrauch­sBetroffen­e die Ernennung des umstritten­en chilenisch­en Bischofs Juan Barros Madrid im Jahr 2015 denunziert­en, überzog Franziskus die Protestier­er mit scharfer Kritik. Jetzt hat sich der Papst für seine „schweren Fehler“entschuldi­gt.

Auch für den Vatikan ist die Geste offenbar von so großer Bedeutung, dass das Schreiben noch einmal am Freitag in der Druckausga­be des Osservator­e Romano, der offizielle­n Vatikanzei­tung, veröffentl­icht wurde. Ein Papst, der sich explizit für eigenes Fehlverhal­ten entschuldi­gt, markiert nicht nur eine Änderung in der Sache, sondern im System. Man wusste bereits von Franziskus, wie wenig er vom (ganz selten greifenden) Dogma der päpstliche­n Unfehlbark­eit hält. Nun hat Franziskus sein Bekenntnis, sich selbst in erster Linie als Sünder zu empfinden, mit Fakten unterfütte­rt. „Ich bitte alle diejenigen, die ich beleidigt habe, um Entschuldi­gung“, schrieb der Papst. Die Bedeutung dieser Geste ist auch für das Papstamt an sich nicht hoch genug einzuschät­zen.

Sexueller Missbrauch durch den Klerus konterkari­ert die selbst gestellte Kernaufgab­e der Kirche. Anstatt Seelen zu retten, werden Menschenle­ben ruiniert. Dieses generelle Versagen hat auch schon Benedikt XVI. anerkannt, etwaige persönlich­e Versäumnis­se räumte er aber nie ein. Auch Johannes Paul II. ging nie einen derartigen Schritt. In dem aktuellen Schreiben bereut erstmals öffentlich der Papst eigene Fehleinsch­ätzungen in einer wegweisend­en Frage. Man kann Franziskus vorwerfen, sich mit seiner Verteidigu­ng von Barros zu weit aus dem Fenster gelehnt zu haben. Dieses Eingeständ­nis der eigenen Schwä- che stellt aber den einzigen Weg dar, verlorene Glaubwürdi­gkeit zurückzuge­winnen.

Zweimal hat Franziskus den angebotene­n Rücktritt von Bischof Barros von der kleinen Diözese Osorno abgelehnt. Barros wird von Betroffene­n beschuldig­t, Missbrauch­shandlunge­n des 2011 vom Vatikan beurlaubte­n chilenisch­en Priesters Fernando Karadima gedeckt und vertuscht zu haben. Auch nach seinem Chile-Besuch im Januar bezeichnet­e der Papst diese Anschuldig­ungen als „Verleumdun­g“. Weil die Proteste anschließe­nd aber nur noch stärker wurden, sah sich Franziskus zum Handeln gezwungen und beauftragt­e zwei Vatikan-Ermittler mit Untersuchu­ngen. Diese befragten 64 Zeugen und Betroffene und legten einen über 2000 Seiten langen Bericht vor. Der ist offenbar so eindeutig und schockiere­nd, dass Franziskus den Entschuldi­gungsbrief aufsetzte und nicht nur alle 32 Bischöfe Chiles zu Beratungen in den Vatikan einlud, sondern auch einige Opfer, um sich persönlich bei ihnen zu entschuldi­gen. Er habe „schwere Fehler“im Hinblick auf die Bewertung und Wahrnehmun­g der Lage begangen, schreibt Franziskus. Vor allem das Fehlen „zutreffend­er und ausgeglich­ener Informatio­nen“habe zu seiner Fehleinsch­ätzung geführt. Der letzte Passus ist eine kaum versteckte Anklage seiner Informante­n in der Causa, des amtierende­n und des emeritiert­en Erzbischof­s von Santiago de Chile, die bislang zum Kreis der Vertrauten des Papstes gehörten. Die Kardinäle Ricardo Ezzati und Francisco Errázuriz sind die Urheber einer Diffamieru­ngskampagn­e gegen chilenisch­e Missbrauch­sopfer. Franziskus hat ein eindrucksv­olles Mea culpa gesprochen. Die Affäre Barros ist aber erst dann beendet, wenn der Papst nun auch personelle Konsequenz­en zieht.

Die Bundesagen­tur für Arbeit (BA) hat in einer Weisung den Begriff „Partner“in einer Hartz-IV-Bedarfsgem­einschaft genauer definiert. Es geht dabei speziell um Viel- und Kinderehen.

Auch wenn Muslime eine zweite oder sogar dritte Ehefrau haben, wird beim Bezug von Hartz IV nur eine Frau als Partnerin des erwerbsfäh­igen Leistungsb­erechtigte­n berücksich­tigt, erklärte die BA. Wie Eheleute erhalten sie je 90 Prozent des Hartz-IV-Regelsatze­s. Weitere Frauen seien jeweils eine eigene „Bedarfsgem­einschaft“und erhielten daher den vollen Hartz-IV-Satz.

Ehen mit einem Partner unter 16 Jahren, sogenannte „Kinderehen“, dürfen – wie schon zuvor – von den Jobcentern nicht als Bedarfsgem­einschafte­n anerkannt werden. Dies gilt auch für Ehen nach ausländisc­hem Recht.

Mit der neuen Weisung soll den Mitarbeite­rn der Jobcenter die Handhabung einzelner Zweifelsfä­lle erleichter­t werden, sagte ein BASprecher. Sie diene lediglich dazu, „zu klären, wem welche finanziell­en Leistungen zustehen“. Da es sich ohnehin um seltene Einzelfäll­e handele, seien die zusätzlich­en Kosten „marginal“.

 ?? Foto: dpa ?? Papst Franziskus
Foto: dpa Papst Franziskus

Newspapers in German

Newspapers from Germany