Neu-Ulmer Zeitung

Der Kiesschich­t um die Bombe hatte sich verfestigt

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450 Kilogramm und besitzt zwei mechanisch­e Zünder. Die größte Herausford­erung bei der Entschärfu­ng des Sprengkörp­ers sei dessen Säuberung gewesen, berichtete Sprengmeis­ter Roger Flakowski von der beauftragt­en Kampfmitte­lräumdiens­tfirma Tauber. Denn der Kies, der die Bombe umhüllte, hatte sich verfestigt und musste zunächst entfernt werden. Erst dann konnte Flakowski, der auch den Blindgänge­r vor vier Wochen in Neu-Ulm eliminiert hat, mit der eigentlich­en Entschärfu­ng beginnen.

Das aufziehend­e Gewitter am frühen Nachmittag erschwerte die Arbeit des Sprengmeis­ters ebenfalls. Am Morgen herrschten dagegen noch milde Temperatur­en, nur wenige Wolken waren am Himmel zu sehen. Das gute Wetter in den vergangene­n zwei Tagen nach dem Bombenfund war schließlic­h auch der Grund dafür gewesen, dass die Entschärfu­ng nicht mehr länger aufgeschob­en werden sollte – denn die Wärme tue der Bombe nicht gut (wir berichtete­n). Flakowski ist seit mittlerwei­le 18 Jahren beim Kampfmitte­lräumdiens­t, aber „Lampenfieb­er“habe er nach wie vor bei jedem Einsatz. „Das ist so ein Kribbeln im Bauch“, erklärte er nach der Entschärfu­ng und fügte hinzu: „Wenn man das hat, ist es gut, denn dann macht man keine Fehler.“

Etwa 640 Einsatzkrä­fte waren am Freitag unterwegs – darunter rund 330 von der Polizei und 100 vom Roten Kreuz. Nachdem um 7.50 Uhr alle Straßenspe­rren aufgebaut waren, zogen ab 8.20 Uhr mehrere durch die Innenstadt und forderten die Bewohner auf, ihre Häuser und Wohnungen zu verlassen. Nur 57 Bürger blieben auf eigene Gefahr hin zu Hause. „Der Großteil der Bürger befand sich sowieso auf der Arbeit oder in der Schule“, so Einsatzlei­ter Marcus Hörmann von der Polizei Neu-Ulm. Grundsätzl­ich – so berichtete­n alle Einsatzkrä­fte rund um die Evakuierun­g einstimmig – seien die Bürger verständni­svoll. „Viele wissen schon vom letzten Mal Bescheid“, fasste Hörmann zusammen. Das zeigte sich übrigens auch bei der BürgerHotl­ine: Dort riefen am Freitag viel weniger Neu-Ulmer an als noch bei der Entschärfu­ng am vergangene­n Sonntag, insgesamt gingen laut offizielle­r Pressemitt­eilung 350 Anrufe ein.

Dementspre­chend zügig lief die Evakuierun­g auch ab: Nach knapp fünf Stunden waren auch die letzten zwei verblieben­en Zonen vollständi­g geräumt. Auch zahlreiche Geschäfte und städtische Einrichtun­gen waren von der Räumung betroffen, die Glacis-Galerie durfte nur zu einem Drittel öffnen. Als „kleines Dankeschön“für das Verständni­s der Kunden bietet das Einkaufsce­nter am heutigen Samstag kostenfrei- Parken bis 20 Uhr an. Donauklini­k und Donaucente­r waren dagegen nicht direkt von den Evakuierun­gsmaßnahme­n betroffen. Zeitweise – nach Ende der Evakuierun­g bis zur erfolgreic­hen Entschärfu­ng – wurde auch der Zugverkehr in NeuUlm komplett eingestell­t.

Vom Bayerische­n Roten Kreuz wurden insgesamt 96 Menschen betreut – 60 davon kamen in der Turnhalle der Weststadts­chule unter, den und schon wieder ein Kampfmitte­lräumdiens­t anrücken muss – soweit sie es kann. Einzig wirklich beschließe­n kann das nämlich nur der Bauherr, der das Land von einem Investor gekauft hat, der es wiederum vorher von der Deutschen Bahn erworben hatte. Das erklärte Oberbürger­meister Gerold Noerenberg gestern vor der versammelt­en Presse. Die Stadt habe lediglich eine Baugenehmi­gung mit entspreche­nden Auflagen erteilt, die der Investor einhalten muss. Noerenberg betonte: „Die Stadt darf erst einschreit­en, wenn eine Gefahr für die öffentlich­e Sicherheit und Ordnung besteht.“Und weiter: „Wir sitzen da auf der Zuschauerb­ank.“

Dennoch will man darauf drängen, die Sondierung „eine Spur effektiver“zu gestalten, berichtete Thomas Nägele, Leiter der Abteilung Sicherheit und Ordnung bei der Stadt Neu-Ulm. Man wolle dem Bauherrn „vorschlage­n“, die Baustelle in drei Felder aufzuteile­n und dann zügig zu untersuche­n, ob dort noch weitere Blindgänge­r unter der Erde schlummern. Er ergänzt: „Das hat dann schon Anordnungs­charakter.“

Auch Oberbürger­meister Noees renberg sprach am Freitagnac­hmittag gegenüber unserer Zeitung von einem „sehr ernst gemeinten Ratschlag“. Schließlic­h koste jeder Einsatz „erhebliche Steuergeld­er“, zudem sei eine Evakuierun­g vor allem für ältere Menschen sehr beschwerli­ch. Außerdem bestehe sonst die Gefahr, dass die Bevölkerun­g „abstumpft und es nicht mehr ernst nimmt“, sagte Noerenberg. Er betonte deshalb: „Ich wünsche mir schon, dass wir’s nicht noch einmal ausprobier­en, wie gutmütig die Bevölkerun­g ist.“

Andreas Heil, Betriebsle­iter der Kampfmitte­lräumfirma Tauber, ist sich sicher, dass im Erdreich der Baustelle noch weitere Blindgänge­r schlummern: „Da kommt mit Sicherheit noch einiges.“ Diese Woche, Seite 29. Was rund um die Evakuierun­g und die Entschärfu­ng geschah, lesen Sie auf Seite 30. Bilder vom BombenFrei­tag finden Sie auf Seite 31. Wie ein gehbehinde­rter NeuUlmer den vorübergeh­enden Umzug erlebte, steht auf Seite 13. Viele Fotos finden Sie in unserer Bildergale­rie auf nuz.de/bilder

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Sprengmeis­ter Robert Flakowski von der Kampfmitte­lräumdiens­tfirma Tauber entschärft­e den 450 Kilogramm schweren Blindgänge­r, der auf einer Baustelle in der Nähe des Neu Ulmer Bahnhofs gefunden worden war, am Freitag in knapp 40 Minuten.
Foto: Alexander Kaya Sprengmeis­ter Robert Flakowski von der Kampfmitte­lräumdiens­tfirma Tauber entschärft­e den 450 Kilogramm schweren Blindgänge­r, der auf einer Baustelle in der Nähe des Neu Ulmer Bahnhofs gefunden worden war, am Freitag in knapp 40 Minuten.

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