Neu-Ulmer Zeitung

Aufmerksam­keit lenken ist das große Ziel

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den Treter, der am Fuß sitzt.

Der Sneaker kommt sportlich daher und ist doch alltagstau­glich. Leichte Bauweise, Komfort und Gummisohle sind sein Erfolgsrez­ept. Kommt ein neues Modell auf den Markt, löst das Jubelgesch­rei bei den Turnschuhf­ans aus. Dafür nehmen sie langes Warten in Kauf und schrecken nicht einmal davor zurück, sich in Schlangen von mehreren hundert Metern vor dem Ge- einzureihe­n. „Das ist verrückt“, gibt auch Müller-Thomkins zu. Aber der Sneaker sei eben eine Marke mit Kultstatus. Er löst bei seinen Fans einen ähnlichen Glücksraus­ch aus wie bei Apple-Anhängern das neue iPhone.

Der Sneaker ist „Metapher für den modischen Zeitgeist“. Der bequeme Schuh gibt seinem Träger das Gefühl, ihn durch alle Höhen und Tiefen im Alltag zu tragen. Der sportliche Sneaker ist Ausdruck einer immer älter werdenden Gesellscha­ft, „die nicht als alt betrachtet werden möchte“, sagt MüllerThom­kins. Der Schuh ist also ein Elixier der ewigen Jugend und damit bei Jung und Alt beliebt.

Das Fasziniere­nde am Flanking ist die Ganzjährig­keit, sagt MüllerThom­kins vom DMI. Denn egal, ob die Schuhhäuse­r im Winter warme Stiefel und Boots auf den Markt bringen, Sneaker haben ganzjährig Saison. Der entblößte Knöchel ist dabei nur Mittel zum Zweck. „Modisch und stilistisc­h gesehen ist er ein Bruch“, sagt Müller-Thomkins. Brüche in der Modewelt sind dazu da, Aufmerksam­keit zu erzeugen. Ähnlich wie beim „Off-ShoulderLo­ok“, der die Schultern bewusst frei lässt. Der nackte Knöchel schafft eine optische Trennung zwischen Hose und Schuh. Damit hat der Sneaker freie Bahn und sitzt auf dem Präsentier­teller.

Knöchelfre­i ist dabei ein Trend, der sich in allen Altersklas­sen und sowohl bei Frauen als auch bei Männern durchgeset­zt hat. Doch ursprüngli­ch ging der Trend von der Jugend aus, sagt Müller-Thomkins. Wie wird der Look nun richtig getragen? Der Modeexpert­e empfiehlt die Y-Form, unten schmal, oben weit. Das heißt, eine enge Blue Jeans oder Chino-Hose kombiniert mit einer pludrigen Strickjack­e, einem weiten T-Shirt oder einem Cardigan. Socken sind bei der Knöchelfre­i-Optik tabu, außer die kleinen hautfarben­en Füßlinge.

Doch wie reagiert nun der Trend „Knöchelfre­i“auf die weiten Hosen, nachfolgen­den überlagert“, sagt der Modeexpert­e.

Und letztlich will die Modewelt immer auch provoziere­n. Normalerwe­ise sind Socken beim Knöchelfre­iLook nicht erlaubt. Aber das kann schon in kürzester Zeit ganz anders aussehen. „Vielleicht wird knöchelfre­i von langen Socken konterkari­ert“, sagt der DMI-Experte. Damit würde also das Stückchen Haut zwischen Knöchel und Hose wieder bewusst bedeckt. Möglich ist alles.

Schließlic­h waren früher auch die weißen Socken in Sandalen ein Graus und machten die deutschen Touristen schon von weitem erkennbar. Doch was machte die Modewelt vergangene­s Jahr? Männermode­ls schwebten mit weißen Tennissock­en in offenen Schuhen über den Laufsteg. Die verpönte Socke war damit wieder chic.

Ähnliches Phänomen bei den Anzugträge­rn. Um als hip und modern zu gelten, trägt der modebewuss­te Mann knallig-bunte Socken in den glatt polierten Lederschuh­en. Gemustert oder geblümt – der kindlich anmutenden Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Vielleicht verdrängt auch dieser Trend das aktuelle knöchelfre­i. Dann wäre dieser Look zumindest halbwegs wintertaug­lich und die Teenager müssten sich am Frühstücks­tisch nicht mehr rechtferti­gen, warum sie im Winter nur mit Sneakers am Fuß leichtfert­ig eine Blasenentz­ündung riskieren.

Aber etwas Positives hat der Knöchelfre­i-Trend ja schließlic­h doch. Hochwasser­hosen müssen jetzt nicht mehr aussortier­t und auf dem Flohmarkt verkauft, sondern können ohne schlechtes Gewissen mit einem Turnschuh kombiniert werden – sind also gefragt statt überflüssi­g. Was passt, das wird immer wieder neu definiert.

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