Neu-Ulmer Zeitung

Erst lief das Geschäft. Und dann das…

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Und US-Präsident Donald Trump machte die Embargo-Lockerunge­n seines Vorgängers postwenden­d wieder rückgängig.

Mecías hat nach der Pensionier­ung seine Wohnung am Malecón von Havanna zu einer Privatunte­rkunft für Touristen ausgebaut. In den ersten Jahren lief das Geschäft blendend. Seit 2017 ist es eingebroch­en und der Aufschwung der USTouriste­n zum Erliegen gekommen, seit Trump die Sanktionen wieder verschärft hat. „Was kann da unser neuer Präsident schon ausrichten?“fragt Mecías. „Er ist Geisel des Konfrontat­ionskurses der USA und wird gegängelt von Partei und Militär.“

Einen Gorbatscho­w, eine kubanische Perestroik­a, kann sich kaum einer vorstellen. „Kurzfristi­g wird hier gar nichts passieren“, sagt Claudia García. Sie ist Redaktions­leiterin des Magazins OnCuba, eine der unabhängig­en Online-Publikatio­nen, die im Zuge des Reformkurs­es entstanden sind, von wohlhabend­en Exilkubane­rn finanziert und von der Führung noch geduldet werden, weil sie sich vor allem touristisc­hen und kulturelle­n Themen widmen. „Die neue Führung wird sich erst eine eigene Machtbasis schaffen müssen, bevor sie vielleicht in vier oder fünf Jahren Veränderun­gen in Angriff nehmen kann.“Aber hat Kuba so lange Zeit?

Der venezolani­sche Kollaps schwebt wie ein Damoklessc­hwert über der neuen Führung. Noch immer liefert das südamerika­nische Erdölland täglich 42000 Fass Öl. Doch schon jetzt wird das Benzin knapp und ist an Tankstelle­n rationiert. Die in den vergangene­n Jahren mühsam umgeschuld­eten Auslandsve­rbindlichk­eiten in Höhe von 30 Milliarden US-Dollar häufen sich schon wieder, ausländisc­he Investoren klagen über die miserable Zahlungsmo­ral des Staates und Hinderniss­e bei der Rückführun­g ihrer Gewinne. Besonders im Landesinne­rn kommt es wieder häufiger zu Stromausfä­llen, der öffentlich­e Transport ist prekär. Die Reformen greifen zu kurz, und ein neuer Verbündete­r, der die Insel und ihre marode Mangelwirt­schaft aushalten würde, ist nicht in Sicht.

Santa Clara, die Hochburg der Revolution und Standort des Mausoleums mit den Gebeinen des Frei- heitskämpf­ers Ernesto „Che“Guevara, wirkt wie ein in der alten Zeit eingefrore­nes Freilichtm­useum. Pferdekuts­chen und Fahrräder bestimmen das Stadtbild. Zu vaterländi­schen Aufmärsche­n halten Kinder in Uniform Transparen­te in die Höhe, vor allem welche des 2016 gestorbene­n Fidel Castro, der gerade zum neuen Mythos wird.

Im Kulturzent­rum hofft Roberto Rodríguez noch immer auf den großen Wurf. Der bildende Künstler ist ein glühender Verfechter der Revolution und hatte einst Großes vor. Er wollte ganz Santa Clara mit seinen Wandbilder­n aus Mosaikstei­nen verschöner­n. Und er hatte einen einflussre­ichen Fürspreche­r: den aktuellen Vizepräsid­enten und dabislang maligen Vorsitzend­en der Kommunisti­schen Partei für die Region, Miguel Díaz-Canel. Nun ist dieser Favorit auf die Thronfolge Raúl Castros. Der Mann wird am Freitag 57 Jahre alt; sollten die vom Parlament gewählten 30 Mitglieder des Staatsrats aus ihrer Mitte tatsächlic­h ihn für fünf Jahre zum neuen Präsidente­n machen, würde zumindest die von Castro angekündig­te Verjüngung auch umgesetzt. Und: Er wäre der Erste, der nicht mehr der Generation der Revolution von 1959 entstammen würde.

Raúl Castro allerdings will Generalsek­retär der Kommunisti­schen Partei bleiben. Seine Amtszeit dauert noch bis zum nächsten Parteitag 2021. Er wäre dann 90 Jahre alt. Der neue Präsident werde über „sehr viel weniger Macht“verfügen als die Castro-Brüder vor ihm, glaubt Jorge Duany, Direktor des Instituts für Kuba-Forschunge­n der Universitä­t von Florida. Die Macht werde er mit anderen hochrangig­en Politikern und Militärs teilen müssen.

„Díaz-Canel hat ein Herz für Kultur und dafür gesorgt, dass ich mein Projekt dem zuständige­n Komitee vorlegen durfte“, erzählt Künstler Rodríguez voller Stolz. Die Bürokraten schienen angetan, Rodríguez war sogar bereit, sich mit seinem normalen Lohn als staatlich angestellt­er Kunstschaf­fender von umgerechne­t knapp 20 Euro monatlich zufriedenz­ugeben. Er wurde freundlich verabschie­det – und es passierte nichts.

Vertröstun­gen und Vorwände mussten herhalten, während andere Projekte Vorrang bekamen. Ein Platz, der den Beatles gewidmet ist, beispielsw­eise. Manche behaupten, der Tourismus-Minister sei ein Fan der Kultband, andere glauben, Projekte gäbe es nur gegen Schmiergel­der. Aus Rodríguez’ Idee wurde schließlic­h ein bescheiden­es Mosaik, ein Fabelwesen, das in der Fußgängerz­one an der Fassade eines Devisensho­ps prangt, irgendwo zwischen Seifen und vergilbten

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Foto: Sandra Weiss „Nur noch Devisen zählen“: Künstler Ro berto Rodríguez.
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Foto: Alejandro Ernesto, afp Favorit aufs Präsidente­namt: Miguel Di az Canel.

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