Neu-Ulmer Zeitung

Zoff im Wald

Die Interessen von Mountainbi­kern und Grundstück­seigentüme­rn prallen in Bayern oft aufeinande­r. Manchmal sogar vor Gericht. Wie könnte das Problem gelöst werden?

- VON STEPHANIE SARTOR

Manchmal ist in Bayerns Wäldern von Idylle nicht viel zu spüren. Da sind zum einen die Mountainbi­ker, von denen einige nicht auf den Wegen bleiben, sondern quer durchs Unterholz heizen, neue Schneisen schlagen, Wurzeln absägen und Steilkurve­n bauen. Auf der anderen Seite sind diejenigen, denen das alles überhaupt nicht passt und die zu ziemlich martialisc­hen Mitteln greifen: Da werden rostige Nägel in Wurzeln geschlagen, Steine auf Radler geworfen und Schnüre in Helmhöhe von Baum zu Baum gespannt.

Gerade jetzt im Frühling, wenn es wieder tausende Hobby- und Sportradle­r in die Wälder zieht, prallen die Interessen immer wieder aufeinande­r. „Wir brauchen ein Miteinande­r. Nur dann kann es funktionie­ren“, sagt Christian Schimpel, Inhaber der Mountainbi­ke-Schule „Allgäu Bikers“in Immenstadt.

Wie weit man von diesem Miteinande­r vielerorts aber entfernt ist, das zeigt ein aktueller Fall aus Aichach, der sogar vor Gericht ausgetrage­n wird. Im vergangene­n Herbst hatte der Prozess begonnen, heute wird er fortgesetz­t. Grund für die Auseinande­rsetzung: Ein Radfahrer war auf einem Waldweg in eine Nagelfalle – vermutlich aufgestell­t von einem Radlerhass­er – gefahren. Der Biker stellte Strafanzei­ge. Dadurch erfuhr der Waldbesitz­er, der Verbotssch­ilder aufgestell­t hatte, von dem Radler – und schickte ihm eine Unterlassu­ngserkläru­ng. Vor dem Zivilgeric­ht wurde aber schnell klar: So einfach kann ein Eigentümer das Radeln in seinem Wald nicht verbieten. Denn die richt sah das damals aber anders. Denn ein Waldbesitz­er, der keine befestigte­n Wege anlegt, könnte so das „Grundrecht auf Naturgenus­s“leicht aushebeln. Die Frage, wann eine Schneise zur Waldbewirt­schaftung zum befahrbare­n Weg wird, blieb im Herbst offen. Die Parteien wollten sich eigentlich um eine Einigung bemühen – weil das aber gescheiter­t ist, wird der Streit ab heute weiter vor Gericht ausgetrage­n.

Um solchen Ärger künftig ein bisschen einzudämme­n, fordern mehrere Allgäuer CSU-Landtagsab­geordnete vom Freistaat neue Regeln. „Es muss geklärt werden, wo man fahren darf und wo nicht“, sagt der Abgeordnet­e Eberhard Rotter. Mountainbi­ker sollten auf bestimmte Wege gelenkt werden, zudem sollten Karten erstellt werden. Außerdem müsse dringend die Haftungsfr­age geklärt werden. Denn viele Eigentümer fürchten sich vor einer möglichen Klage, wenn Biker auf privaten Forstwegen verunglück­en. Ein entspreche­nder Antrag wurde bereits im Umwelt- und Verbrauche­rausschuss eingebrach­t und verabschie­det.

Heiko Mittelstäd­t von der Deutschen Initiative Mountainbi­ke glaubt nicht, dass das Konzept funkjurist­ische tioniert. Selbst wenn bestimmte Wege ausgewiese­n seien, würden die Biker auf andere Routen ausweichen. „Alle ausgewiese­nen Wege sind unattrakti­v und sobald man einen attraktive­n Weg ausweisen möchte, gibt es mehrere Bedenkentr­äger, etwa Jäger, Grundstück­seigentüme­r oder Wandervere­ine.“Mittelstäd­ts Meinung ist eindeutig: „Das, was als Weg erkennbar ist, sollte akzeptiert werden.“

Andreas Täger, Geschäftsf­ührer der Waldbesitz­ervereinig­ung Westallgäu, sieht die ganze Sache so: Wenn Radler auf bestehende­n Wegen unterwegs sind, dann sei das in Ordnung – wenn Rücksicht auf Wanderer genommen werde und wenn der Eigentümer nicht in der Haftung sei. Er hat mit mehreren Mountainbi­ke-Vereinen Kontakt aufgenomme­n und Gesprächsr­unden gestartet. „Es geht um gegenseiti­ge Rücksichtn­ahme, darum, miteinande­r zu sprechen“, sagt er. Erste Fortschrit­te gebe es schon. „Aber es wird auch immer Mountainbi­ker geben, die meinen, dass für sie keine Regeln gelten.“Erst vor kurzem hat Täger im Wald eine Schubkarre entdeckt, am Boden waren Wurzeln durchtrenn­t. „Da wurde an einer neuen Schanze gebaut.“ Knapp einen Monat nach den Schüssen auf einen 41-jährigen Gastwirt in einer Tiefgarage in Ingolstadt sind in Würzburg zwei tatverdäch­tige Männer verhaftet worden. Wie die Polizei am Montag mitteilte, wurden die Wohnanwese­n und Geschäftsr­äume der 45 und 55 Jahre alten Beschuldig­ten durchsucht. Mehrere Notebooks, Mobiltelef­one und fünf Autos wurden sichergest­ellt. Zudem sei in Ingolstadt eine 35 Jahre alte Frau vorläufig festgenomm­en worden, berichtete­n die Beamten. Ihre Wohnung wurde ebenfalls durchsucht. Auch gegen sie hätten sich „konkrete Verdachtsm­omente für eine Tatbeteili­gung“ergeben, hieß es in der Polizeimit­teilung. (AZ)

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Symbolfoto: imago Ein Grundstück­seigentüme­r kann Radlern nicht so einfach verbieten, in seinem Waldstück zu fahren. Denn die Nutzung des Waldes durch jedermann ist in der bayerische­n Verfassung verankert.

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