Neu-Ulmer Zeitung

Unterwegs auf der falschen Seite

Mit dem Fahrrad durch Irlands Südosten

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gar nicht mehr geht, hole ich liegen gebliebene Radfahrer auch mit dem Auto ab.“Cummins ist nicht nur Fahrradmec­haniker. Ohne ihn gäbe es den Waterford Greenway nicht. Vor etwa zehn Jahren machte es sich der Historiker mit ein paar Gleichgesi­nnten zur Aufgabe, die alte Bahnstreck­e zwischen Dungarvan und Waterford wiederzube­leben. Damals wurde die Deise Greenway Group gegründet und letztlich die Strecke als Radweg ausgebaut. Seitdem trägt Cummins den Titel „The Greenway Man“- mittlerwei­le heißt so auch seine Firma. Der Ausbau des Radweges hat die Gegend rund um Waterford verändert. „Vor zwei Jahren saß hier im Pub kaum jemand“, erzählt Cummins. „Heute ist es voll.“Trotz des Andrangs nimmt er sich für jeden Zeit. Selbst wenn es im O’Mahony’s voll ist, verteilt sich der Verkehr meist gut auf dem flachen, lang gestreckte­n Greenway. Mit ein wenig Glück sind Radfahrer selbst an sonnigen Tagen zumindest ein Stück allein unterwegs durch die sattgrüne Landschaft. Für geübte Radtourist­en erscheint die Strecke kurz, dennoch ist der Waterford Greenway abwechslun­gsreich: Wer in Waterford startet, fährt erst ein Stück am Fluss Suir entlang und passiert in Kilmeaden eine Bahnstatio­n. Dort kann man eine Tour mit einer Schmalspur­bahn machen. An Feldern und Wiesen vorbei geht es dann bis nach Kilmacthom­as. Dort führt der Weg über ein beeindruck­endes Viadukt. Es folgen hohe Hecken bis zu O’Mahony’s Pub in Stradbally. Dann kommen ein langer, schummrige­r Tunnel und schließlic­h ein Stück am Meer entlang bis zum Hafenstädt­chen Dungarvan.

Strikter Linksverke­hr

Gewöhnungs­bedürftig für manche Radfahrer: Auch auf dem Radweg herrscht strikter Linksverke­hr. Wer darauf nicht achtet, hört sofort: „Wrong side of the road!“falsche Straßensei­te. Der Ton ist dabei bestimmt, aber immer freundlich. Anders als auf den Straßen vieler deutscher Städte nehmen Radfahrer in Irland aufeinande­r Rücksicht. Wer abseits der Greenways unterwegs ist, muss sich die Straße meist mit Autos teilen. „Always keep left“- immer links fahren, rät Des Hayes allen, die nicht aus Irland oder Großbritan­nien kommen. „Daran müssen sich die meisten tatsächlic­h gewöhnen“, sagt der 67-Jährige, der in Wexford einen Fahrradlad­en in dritter Generation betreibt. Unfälle hat er dennoch selten erlebt. Das mag auch an der Fahrweise der irischen Autofahrer liegen. Wie die einheimisc­hen Radfahrer fahren sie zwar oft zügig, aber meist rücksichts­voll. Hupen, drängeln? Fehlanzeig­e. Selten kommen sich Radfahrer und Autos nah. Rund um Wexford gibt es zahlreiche Routen für Radtourist­en etwa die „Slaney Route“mit einer Länge von 53 Kilometern, die kürzere „Coastal Route“mit 36 Kilometern oder die „South Wexford Route“mit 78 Kilometern. Die Strecken führen meist über schmale Straßen durch wenig bewohntes Hinterland, vorbei an großzügige­n Anwesen, an alten Kirchen und noch älteren Burgen. Teils säumen hohe Hecken den Weg, deren Äste und Blätter an manchen Stellen einen Tunnel bilden. Meist sind die Wege gut ausgeschil­dert. Radfahrer sollten dennoch aufmerksam sein. Wer die blauen Wegweiser am Straßenran­d verpasst, kommt schnell von der Route ab. Doch dann hilft die irische Gastfreund­schaft: Leute nach dem Weg zu fragen, klappt immer. Manchmal wetteifern die Einheimisc­hen sogar um die beste Wegbeschre­ibung. Am Ende kommt man aber immer ans Ziel.

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