Bomben: Nun wird genauer gesucht
Neues Sondierungskonzept für das Baugelände des Südstadtbogens soll schneller die Altlasten zutage fördern. An Werktagen wird möglichst nicht mehr entschärft
Ein wenig Ironie muss schon sein angesichts der Großaktionen der vergangenen Wochen: „Wir waren außergewöhnlich erfolgreich im Auffinden von Fliegerbomben“, sagte Oberbürgermeister Gerold Noerenberg am Freitag. Dafür musste immerhin zweimal fast die komplette Innenstadt geräumt werden. Doch eine Groß-Evakuierungsaktion an einem ganz normalen Werktag wie vor gut einer Woche soll in Zukunft tunlichst vermieden werden. Deshalb wird jetzt das Sondierungskonzept auf dem Baugelände des Südstadtbogens so angepasst, dass bei möglichen Blindgängerfunden im Idealfall sonntags evakuiert werden kann, wenn der Geschäftstrubel ruht. Noerenberg: „Wir versuchen, die Situation für die Bevölkerung kommoder zu gestalten.“Eine Garantie, dass dies so klappt, gibt es allerdings nicht.
Mit dem neuen Sondierungskonzept reagieren Stadt und Bauträger, die Ulmer Wohnungsbaugesellschaft Realgrund, auf die Kritik, die sich vor und nach der Evakuierungsaktion vom vergangenen Freitag erhoben hat. So forderte etwa der Betriebsleiter der beauftragten Kampfmittelräumfirma Tauber, Andreas Heil, den Boden des Bauareals akribischer zu untersuchen. Auch die Stadt hatte bei Realgrund angemahnt, den Untergrund effektiver zu sondieren. Das soll nun geschehen. Wie Vertreter der Stadt und des Bauträgers in einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärten, wird das rund 165000 Quadratmeter große Areal des Südstadtbogens in drei Sondierungsabschnitte eingeteilt, die zu festgelegten Zeiten untersucht werden. Bis Ende Mai, Anfang Juni könnte demnach das Areal frei sein von den explosiven Altlasten des Zweiten Weltkriegs.
Das Problem an der Sache sind die unterschiedlichen Bodenschichten, sagte der Kampfmittelräumer Andreas Raabe, denn einige Bereiche bestehen aus einer wilden Mischung, in der etwa Betontrümmer, Erde, Schotter und Metalltrümmer gemixt sind. Schwierigkeiten bereiten in erster Linie die Eisenteile wie Schrauben oder alte Gussrohre und sonstige metallhaltige Leitungen. Die machen es unmöglich, dieses Erdreich mit einer Metallsonde zu untersuchen, denn die unterscheidet eben nicht zwischen ungefährlichem Schrott und einem Blindgänger – es muss daher in dünnen Schichten quasi scheibchenweise unter der Aufsicht eines Kampfmittelexperten abgetragen werden.
Wenn dabei sogenannte Verdachtspunkte zutage treten, bei denen nicht klar ist, ob dort ein Blindgänger oder etwas anderes im Boden steckt, soll diese Stelle erst einmal in Ruhe gelassen und dann an einem Donnerstag oder Freitag untersucht werden. Falls dabei etwas Explosives zutage tritt, müsste am darauffolgenden Sonntag wieder mal in einem Radius von 500 Metern die Stadt evakuiert werden, damit der Sprengmeister die Bombe unschädlich machen kann. Was passiert, wenn die Arbeiter auf einen Schlag mehrere Sprengkörper freilegen? Dann werden sie eben zusammen entschärft, sagt Raab.
Allerdings könnte es sein, dass die Kampfmittelräumer tatsächlich so schnell wie möglich eingreifen müssen und nicht mehr bis zum Sonntag warten wollen, schränkte der Oberbürgermeister ein. Dann werde sofort gehandelt. „Ich würde nie gegen den Sprengmeister opponieren“, beteuerte Noerenberg, „sein Wort ist für mich Gesetz.“
Da im Südstadtbogen eine Tiefgarage entsteht, graben die Bagger bis in zwölf Meter Tiefe. Es könnte also noch einiges zutage treten. Allerdings lassen sich nach den Worten von Jens Müller, Projektmanager bei Realgrund, weite Gebiete des Baugeländes relativ leicht sondieren. Probleme bereiten eben die sogenannten Auffüllungsbereiche mit ihrer wilden Bodenmischung, die aber nur einen geringen Teil des Gesamtgeländes ausmachen.
Warum gerade der Bereich des Neu-Ulmer Bahnhofs mit einem massiven Bombenhagel belegt worden war, hat nach den Worten von Raabe damit zu tun, dass die Bahnlinie in Richtung Kempten führte. Die Alliierten fürchteten, auf diesen Gleisen würden Munition und Waffen in Hitlers „Alpenfestung“gebracht – was es zu unterbinden galt. Doch die gab es nicht.
Noch ein Wort zum Geld: Die Kosten für die Evakuierung hat die Stadt zu tragen, denn sie fallen unter den Bereich „Sicherheit“. Doch wie viel Kämmerer Berthold Stier dafür locker machen muss, steht nach Darstellung von Thomas Nägele, Leiter der Abteilung Sicherheit und Ordnung, noch nicht fest. Für die Sondierung und die Freilegung der Blindgänger kommt Realgrund auf, die Kampfmittelbeseitigung trägt der Freistaat.