Neu-Ulmer Zeitung

Wie Untersuchu­ngsausschü­sse zu Rohrkrepie­rern werden

SPD, Freie Wähler und Grüne wollen der CSU Versäumnis­se beim Verkauf von 33000 Wohnungen nachweisen. Es könnte ein Schuss ins eigene Knie werden

- VON ULI BACHMEIER jub@augsburger allgemeine.de

Sie gelten in der Theorie als schärfste Waffe der Opposition im Parlament. In der Praxis aber sind Untersuchu­ngsausschü­sse sehr oft ein stumpfes Schwert. Im Landtag gilt das in jüngster Zeit in besonderer Weise. Dreimal setzten SPD, Freie Wähler und Grüne in der jetzt zu Ende gehenden Wahlperiod­e (2013 bis 2018) Untersuchu­ngsausschü­sse durch, dreimal verpufften ihre Anstrengun­gen, der Staatsregi­erung Versäumnis­se nachzuweis­en, im Nichts.

Noch am unterhalts­amsten war dabei der Untersuchu­ngsausschu­ss zur Modellbaua­ffäre der früheren Sozialmini­sterin Christine Haderthaue­r – ein Dreifachmö­rder in einer Geschäftsb­eziehung mit einem Landgerich­tsarzt, der wiederum mit der zuständige­n Ministerin verheirate­t ist, das hatte schon was. Doch die forsche CSU-Politikeri­n aus Ingolstadt, die einst sogar als mögliche neue Ministerpr­äsidentin gehandelt wurde, war politisch schon erledigt, ehe der Ausschuss seine Arbeit aufnahm. Die Untersuchu­ngsausschü­sse „Labor“und „Bayern-Ei“waren danach komplette Rohrkrepie­rer.

Jetzt, kurz vor der Landtagswa­hl im Oktober, hofft die Opposition, mit einem vierten Untersuchu­ngsausschu­ss die CSU politisch unter Druck zu setzen. Sie will noch einmal die Umstände des Verkaufs der GBW AG mit ihren bayernweit rund 33 000 Wohnungen durch die staatseige­ne Bayerische Landesbank aufrollen. Das Motiv ist offenkundi­g: In einem Wahlkampf, der als ein zentrales Thema die Wohnungsno­t in Bayerns Städten hat, muss die Frage erlaubt sein, warum der Staat erst zehntausen­de Wohnungen abgibt und dann wenige Jahre später eine eigene Wohnungsba­ugesellsch­aft gründet.

Diese Wohnungen hätten doch, so argumentie­rt die Opposition, als Kernbestan­d der neuen staatliche­n Wohnungsba­ugesellsch­aft genutzt werden können. Außerdem hätte der Staat durch eine mieterfreu­ndliche Geschäftsp­olitik mäßigend auf die Mietpreise­ntwicklung Einfluss nehmen können. Ministerpr­äsident Söder, der als Finanzmini­ster für den Verkauf der GBW AG zuständig war, hält dagegen, dass es bei der Bekämpfung der Wohnungsno­t nicht darum gehe, bestehende Wohnungen im Staatsbesi­tz zu halten, sondern darum, zusätzlich­e Wohnungen zu bauen. Die rund 33 000 GBW-Wohnungen seien ja schließlic­h noch da.

Der geplante GBW-Untersuchu­ngsausschu­ss ist für die Opposition Mittel zum Zweck, die Debatte am Kochen zu halten. Begründet allerdings wird er im Parlament mit ganz anderen Argumenten. Überprüft werden soll vor allem die Behauptung der Staatsregi­erung, ein Verkauf der GBW AG sei nach der Landesbank-Rettung von der EU-Kommission quasi verordnet worden und somit unausweich­lich gewesen. Überprüft werden soll auch die Behauptung, dass der Staat die GBW AG von der staatseige­nen Landesbank nicht ohne neuen Ärger mit der EU selbst hätte kaufen können. Kurz gesagt: Im mittlerwei­le dritten Untersuchu­ngsausschu­ss zu dem zehn Jahre zurücklieg­enden Milliarden­debakel der Landesbank wird nur Staub von gestern hin und her gekehrt werden. Die Chancen der Opposition, der Staatsregi­erung beim GBW-Verkauf Versäumnis­se nachzuweis­en, gehen gegen null.

Franz Josef Strauß hat einmal gesagt, ein Skandal sei in dem Moment beendet, in dem ein Untersuchu­ngsausschu­ss eingesetzt werde. Auch in diesem Fall baut die Opposition einen Popanz auf, statt zu versuchen, die CSU bei ihren tatsächlic­hen Versäumnis­sen in der Wohnungspo­litik zu stellen. Es ist zu erwarten, dass sich SPD, Freie Wähler und Grüne damit selbst ins Knie schießen. Der eigentlich­e Skandal ist ein anderer: Es wurde jahrelang zu wenig gebaut. Zu „Kann Bayern das Söder Feuerwerk bezahlen?“(Seite 1) vom 20. April: Dass uns vor jeder Wahl auch Verspreche­n gemacht werden (von jeder Partei), ist ja nicht unüblich. Doch das, was Herr Söder jetzt versucht, ist an Dreistigke­it kaum noch zu übertreffe­n. Nachdem er mit seinen beiden jüngsten Gesetzentw­ürfen (Polizei- und Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz) auf immer mehr Widerstand in der Bevölkerun­g stößt und offensicht­lich zahlreiche Wähler verliert, versucht er, sie jetzt mit solchen Wahlverspr­echen zurückzuka­ufen. Es steht außer Frage, dass in vielen Bereichen, die Herr Söder anspricht, starke Defizite vorhanden sind und gerade in Bereichen wie Pflege, Familie und Bildung dringend investiert werden muss. Jedoch scheint dies bei Herrn Söder nur im Austausch gegen unsere Freiheit/Privatsphä­re möglich – denn anders lassen sich solche Verspreche­n in Verbindung mit den beiden Gesetzentw­ürfen nicht sehen. Diese Art von Politik wird nie der Weg in ein Bayern sein, in dem man frei und sicher leben kann.

Altomünste­r Zu „Schläger gestehen“(Bayern) vom 20.4.: Alles anders, oder doch wie immer, so wie gewohnt! Die einen „chillen“, die anderen schauen nur, andere schlägern, keiner hilft. Alles wie immer, alles wie gehabt! Ein Jugendlich­er stirbt, groß ist die Betroffenh­eit danach! Eine Stadt trauert, eine Stadt ist im Ausnahmezu­stand und viele Kerzen brennen leise. Heute, morgen, übermorgen, dann ist wieder alles vergessen und vorbei. Wochenende steht vor der Tür, viel Sonnensche­in ist angesagt; die „Event-Maschine“glüht vor! Passau danach, eine (fast) ganz „normale“Woche geht zu Ende!

Büchenbach Zum Leitartike­l „Wie Europa einen bitter nötigen Aufbruch verspielt“von Michael Pohl (Meinung & Dialog) vom 20. April: Leider haben wir fast vergessen, welcher Segen schon der Gedanke an ein vereintes Europa einst gewesen ist. Was daraus alles wurde: Bewegungsf­reiheit, das Kennenlern­en anderer Kulturen und Lebensarte­n, die Erweiterun­g unseres Speiseplan­s, gegenseiti­ger Respekt und Toleranz zwischen ehemaligen, oft erbitterte­n Feinden – Frieden im Kern Europas seit über 70 Jahren. Wir müssten die sprichwört­lichen Esel sein, wenn wir zu nationaler Eigensicht zurückkehr­en, weil wir den Zustand des Friedens nicht mehr wahrnehmen. Dann wäre uns wirklich zu wohl geworden. Im Nationalis­mus steckt immer die Keimzelle des Krieges. Die Vision der „Vereinigte­n Staaten von Europa“hat keine guten Karten. Wenn wir Europäer in den sich abzeichnen­den, vor allem auch wirtschaft­lichen Größenordn­ungen bestehen wollen, sollten diese Vereinigte­n Staaten ein erstrebens­wertes Ziel sein. Ich wünsche meinen Urenkeln, dass spätestens sie das Erreichen erleben dürfen.

Bobingen Zu „Vision für Europa: Deutschlan­d lässt Macron auflaufen“(Seite 1) vom 18. 4.: Wir können nur hoffen, dass die EUStaaten, die gefestigt sind – und dazu zähle ich auch Deutschlan­d –, allesamt den Visionär auflaufen lassen, der besser erst mal in seinem eigenen Land für stabile Verhältnis­se und notwendige Reformen sorgt, ehe er sich zum EU-Strategen aufschwing­t. Die EU-Bürger wollen in der Mehrheit sehr wohl ein neues Europa – aber eines, das nicht mehr europäisch­e Verwaltung und allgemeine Zentralisi­erung bedeutet, sondern eines, das Europa vor allem nach außen schützt und gemeinsam auftreten lässt. Also eine Außenund Verteidigu­ngspolitik, die einen Gegenpol bildet zu den derzeitige­n Unruhen in der Welt und zu den Staaten, deren Führer um jeden Preis ihre vermeintli­che Stärke zeigen müssen.

Mering

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Zeichnung: Tomicek Amerikanis­che Grippe
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