Wie Brauer dem sinkenden Bierdurst trotzen
Kunden kaufen am häufigsten regionale Marken. Besonders beliebt ist das Helle
Die Deutschen trinken immer weniger Bier und die Umsätze der Brauereien sinken. Besorgt Sie das?
Eigentlich nicht, denn in Bayern haben wir Wege gefunden, den Rückgang zu kompensieren. Im Vergleich zu anderen Bundesländern stehen wir relativ gut da. Solange uns der Exporterfolg nicht im Stich lässt, können die bayerischen Brauereien optimistisch in die Zukunft blicken.
Was ist das Besondere am bayerischen Bier?
Es hat aufgrund seiner Historie und Qualität einen sehr guten Ruf, was sich auch in den wachsenden Exportzahlen zeigt. Als Verband sind wir immer darum bemüht, dieses Image zu stärken. So ist bayerisches Bier seit 2001 als regionale Spezialität durch die EU geschützt und steht damit neben Parmaschinken oder Lübecker Marzipan im Olymp der Spezialitäten. Gibt es weitere Gründe für den Erfolg bayerischer Brauereien?
Der Trend zum alkoholfreien Bier kommt uns zugute. Die Zuwachsraten waren in den vergangenen Jahren beachtlich. Besonders beliebt ist alkoholfreies Weizen. Davon profitieren bayerische Brauereien. Außerdem setzt man in Bayern stärker auf den Service-Gedanken. Während in Mittel- und Norddeutschland eher der Handel im Fokus steht, sind bayerische Brauereien darum bemüht, ihre Sorten auch vor Ort bei Vereinen und Volksfesten zu etablieren. Was trinken die Bayern am liebsten?
Das meistgebraute Bier in Bayern ist das Weißbier. Das gibt es in allen Variationen vom Alkoholfreien bis zum Doppelbock und wird viel in andere Bundesländer exportiert. Die Bayern selbst trinken am liebsten Helles.
Ist es auch außerhalb Bayerns eine beliebte Sorte?
Das bayerische Helle läuft gerade zu Hochformen auf. Denn es ist mild und gilt als ehrliches, bayerisches Produkt. Der Pils-Trend ist vorbei.
Welche Rolle spielt die Regionalität beim Bier?
In den 1980er Jahren galt das Bier vor Ort nichts im Vergleich zu den großen nationalen Marken. Das ist heute eher verpönt. Kunden kaufen lieber das Bier aus der Region als die bekannten Marken.
Was zeichnet die Brauereilandschaft in der Region aus?
In Schwaben gibt es überwiegend Vollsortimentbrauereien. Die wenigsten sind beispielsweise auf Weißbier oder untergäriges Bier spezialisiert, sondern bieten das ganze Jahr über eine riesige Palette an Sorten. Die meisten haben auch alkoholfreie Getränke im Sortiment. Sie bilden damit die Vielfalt ab, die sich der Verbraucher wünscht. Wie wirkt sich die Craft-Beer-Bewegung auf die Brauereien hierzulande aus?
Sehr positiv, denn sie zeigt, wie vielfältig das Produkt Bier ist. Craft-Biere sind oft aufwendig und teurer in der Herstellung als herkömmliche Biersorten. Im Hinblick auf Vielfalt und Wertigkeit des Bieres sind sie eine echte Bereicherung. Haben Sie ein Lieblingsbier?
Nein, ich habe immer ein paar Sorten im Kühlschrank. So kann ich wählen, worauf ich gerade Lust habe. Ich möchte ja auch nicht jeden Tag dasselbe essen. So ein g’mischtes Tragl kann ich nur empfehlen.
Interview: Felicitas Lachmayr
50, studierte Brauwesen in Weihen stephan und ist seit 2000 Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbundes.
Im Herbst seines Lebens züchtet Johann Reichhart Hunde und stellt Haarwasser sowie Parfüm her. Das harmlos-bürgerliche Ende einer erschreckend blutigen Karriere. Eine, über die Reichhart irgendwann sagt: „Ich hab keinem wehgetan.“
Johann Reichhart, gelernter Metzger, geboren 1893 unweit von Regensburg, ist Bayerns letzter Henker. Zwischen 1924 und 1946 sterben exakt 3166 Menschen durch seine Hand, die überwiegende Mehrheit in der Zeit des Nationalsozialismus. So vollstreckt er unter anderem die Todesurteile gegen die Widerstandskämpfer Hans und Sophie Scholl.
2014, vor vier Jahren also, können die wenigsten Menschen mit seinem Namen noch etwas anfangen. Bis zu dem Tag, als seine Guillotine plötzlich auftaucht. Sie galt als verschollen, stand in Wirklichkeit aber jahrzehntelang unbemerkt im Depot des Bayerischen Nationalmuseums in München. Seine Todesmaschine. Die gearbeitet und gearbeitet hat. Wenn es sein musste, im Dreiminutentakt. Reichhart brüstet sich später damit, das Fallbeil so perfektioniert zu haben, dass ein Akt nicht mehr fünf Minuten, sondern nur ein paar Sekunden dauerte.
Reichhart übernimmt den Job 1924 von seinem Onkel Franz Xaver. Aus Existenznot, wie Biograf Johann Dachs herausfindet. Aber nicht nur. Hinzu komme „eine gehörige Portion Eitelkeit“. Und zu einem gewissen Grad auch der Reiz an der „Macht, einen Menschen vom Leben zum Tode zu befördern“. Man muss aber auch wissen, dass der Beruf des Scharfrichters, so der offizielle Name, über Jahrhunderte hinweg als unehrenhaft galt.
Sein Leben nimmt 1945 in unserer Region eine unerwartete Wendung. Ausgerechnet Hitlers Henker wird von den amerikanischen Besatzern dazu gezwungen, 153 NSKriegsverbrecher hinzurichten, und zwar in Landsberg. Allerdings nicht mit dem Fallbeil. Das ist den Amerikanern fremd. Sie bevorzugen den Strang. So zynisch es klingt: Reichhart muss umschulen. Mitte 1946 weigert er sich, weitere Todesurteile zu vollstrecken. Im Zuge der Entnazifizierung kommt er vor Gericht. Die Strafe, eineinhalb Jahre Arbeitslager, gilt als getilgt. Doch wieder ist er ein Geächteter. 1972 stirbt Johann Reichhart einsam in einem Pflegeheim in Dorfen bei Erding.