Die Zukunft war früher auch besser
Wie der verstorbene Helmut Dietl mit Redewendungen die Alltagsphilosophien des Münchners bereicherte. Und F. X. Bogners Herz fürs Umland schlug. Jetzt is ois anders
Verfolgt man die im bayerischen Wesen gründelnden Fernsehserien, kommt man schnell ins Grübeln. Wo sind sie geblieben, all die großartigen Geschichten, deren Dialoge sich Fan-Gruppen wie im Pingpong zuspielten? Es waren kleine Meisterwerke, die sich der 2015 verstorbene Helmut Dietl und Franz X. Bogner, kurz F.X.B. genannt, ausgedacht und inszeniert hatten. Das muss man sich einmal vorstellen: Der Autor und Regisseur Helmut Dietl hatte die beginnende Gentrifizierung eines Stadtteils – gemeint ist hier das Lehel – mit auffahrenden Baggern und sterbenden Läden schon 1974 in „Münchner Geschichten“vorhergesehen.
1982 lässt Dietl in „Monaco Franze – Der ewige Stenz“seinen Spezl Manni Kopfeck auf der gemeinsamen Suche nach dem Wohnviertel des StenzFlirts sagen, dass Haidhausen nicht infrage käme. „Des is ja jetzt so in, das ganze Viertel.“Für den Monaco Franze wohnt die mehr „sowo, wos out is.“Bleibt die Region „... südliche Lindwurmstrass...Sendlinger Kirch... Harras.“„Genau! Da is die her.“
Mit Sicherheit gehören die Geschichten aus der fiktiven niederbayerischen Stadt Kaltenthal nicht in den Kanon von Serien mit KinoQualität wie „Kir Royal“(Dietl, 1986) oder „Irgendwie und Sowieso“(Bogner, ebenfalls 1986). In der Endlos-Serie „Um Himmels willen“jedenfalls verstrickt sich ein Häuflein Nonnen in ein endloses Dauergefecht mit dem Bürgermeister Wöller. Um dabei nur eine Variante von Don Camillo & Peppone abzuliefern. Umso mehr überrascht der große Erfolg des Quotengaranten, zu dem offenbar Fritz Wepper als Bürgermeister wesentlich beiträgt.
Vor allem hat sich die aktuelle Serienlandschaft, auch in Bayern, verändert: Polizeigeschichten, angerei- chert mit Standardwitzen, geben den Ton an. In „Die RosenheimCops“wechseln häufig die Ermittler, Personenkonstanten sind der örtliche Polizeichef Achtziger, der fortwährend auf Einschleim-Tour bei Dr. Lauser-König vom Innenministerium geht.
Dass die von ihr gespielte Sekretärin Miriam Stockl ständig „Es gabat a Leich“rufen muss, stört Schauspielerin Marisa Burger schon länger. Emanzipation ist nicht drin bei all der Kaffeekocherei und den Nebenjobs. Auch Polizeihauptmeister Michi Mohr (Max Müller) lässt sich von den Kommissaren immer scheuchen.
Wo Rosenheim ist, darf Wolfratshausen nicht fehlen. „Hubert und Staller“(Christian Tramitz und Helmfried von Lüttichau) sind bei ihrem Streifenjob oft überfordert. Mit Dusel lösen sie manchen Fall – zur Verwunderung des cholerischen Polizeirats Girwidz (Michael Brand- ner), der aus Dortmund kommt und somit in der oberbayerischen Diktion als „Preiß“gilt.
Wozu der Bayerische Rundfunk im fiktionalen Bereich fähig ist, beweist zurzeit in Wiederholung die als gesellschaftliches Porträt angelegte Familiengeschichte „Löwengrube“, die über Generationen hinweg das Schicksal zweier Münchner Familien verfolgt. Eine sehr junge Christine Neubauer überzeugt in der „Löwengrube“an der Seite Jörg Hubes.
Christine Neubauer hat sich auch in den Schauspielerstamm von F.X. Bogner vorgearbeitet. Der in Pliening (Kreis Ebersberg) geborene Filmemacher arbeitet gerne mit einer „Familie“, die seine Ideen umsetzen soll.
So wie das Beharren auf dem Autokennzeichen EBE. In der Polizistenserie rund um den Viktualienmarkt harmonierten Andreas Giebel und Florian Karlheim so gut, dass Bogner und sein Team 2005 mit dem Grimme-Preis in Gold geehrt wurden.
Etwas unterschätzt hatten Publikum und Kritiker die Bogner-Serie „Der Kaiser von Schexing“, in der Dieter Fischer als moderner Bürgermeister erklärtermaßen „den Oberdeppen eines Deppenhaufens“abgab. Und der als belächeltes Ziel den Kampf gegen die Agrarbürokratie ausgab.
Definitiv entpuppte sich „Moni´s Grill“mit seinen Talk-Elementen als Reinfall. Die Fortsetzung „München Grill“und prominenten Gästen punktet zumindest phasenweise.
Der schönste Bogner-Satz stammt aus der Kultserie „Irgendwie und Sowieso“. Fuhrunternehmertochter Christl (Olivia Pascal) lehnt sich unbewusst an Karl Valentin an („Die Zukunft war früher auch besser“). Christl philosophiert: „Jetzt is hoid irgendwie ois ganz anders. Gestern war’s no so wie früher – und jetzt, jetzt is’ so wia nachher.“
Wenn der Staat baut, spielt die Kostenkontrolle bisher offenbar keine besondere Rolle. Diesen Eindruck erweckt zumindest die Liste, die der Vizechef des Haushaltsausschusses im Landtag, der schwäbische SPD-Abgeordnete Harald Güller, zusammengestellt hat. Beim Gärtnerplatztheater in München explodierten die Kosten demnach von anfangs 70,7 auf letztlich 121,6 Millionen Euro – eine Steigerung um 72 Prozent. Bei einem Bauprojekt der Landespolizei in der McGraw-Kaserne in München lag die Kostensteigerung bei 6,67 Millionen Euro (47 Prozent), bei einem Sanierungsprojekt auf der Kaiserburg in Nürnberg bei 5,9 Millionen Euro (34,5 Prozent). Und das sind nur drei der elf besonders ärgerlichen Bauprojekte auf Güllers Liste.
Mit einer Serie von Anträgen im Landtag versuchten SPD und Grüne in jüngster Zeit gegen diesen Missstand anzugehen. Auch Abgeordnete von CSU und Freien Wählern mahnten mehrfach Handlungsbedarf an. Jetzt hat die Staatsregierung reagiert. Leitende Beamte des neuen Bauministeriums legten am Mittwoch im Haushaltsausschuss des Landtags ein Konzept für eine verbesserte Kosten- und Terminkontrolle vor, das noch unter der Regie des früher zuständigen Innenministeriums entworfen worden war.
Nach Aussage von Ministerialdirektorin Brigitta Brunner ist die Situation nicht ganz so dramatisch, wie es aufgrund einzelner Projekte erscheint. So lagen die Kostenüberschreitungen in den Jahren 2006 bis 2016 bei „lediglich 7,2 Prozent“. Dennoch räumte sie ein, dass es in den vergangenen Jahren vor allem bei Großprojekten Probleme gegeben habe. Eine Ursache dafür sei auch der Personalmangel an den Bauämtern. Dort seien in den vergangenen zehn Jahren 970 Stellen abgebaut worden.
Nun will das neue Bauministerium gegensteuern. Eine zentrale Stabsstelle in München soll sich um die derzeit rund 150 Projekte mit einem Volumen von über 20 Millionen Euro kümmern. Die rund 600 Projekte mit einem Volumen von einer bis 20 Millionen Euro sollen von den Bezirksregierungen kontrolliert werden. Außerdem soll künftig bereits vor dem Planungsbeginn der Bedarf kritisch geprüft, spätere Änderungswünsche des Bauherrn – wie zum Beispiel beim Gärtnerplatztheater – sollen nicht mehr akzeptiert werden.
Die neue Bauministerin Ilse Aigner (CSU) soll für ihre Aufgaben auch wieder mehr Personal bekommen. Geplant ist, bei der Obersten Baubehörde in München 100, bei den Bauämtern in der Fläche 172 neue Stellen zu schaffen.