Neu-Ulmer Zeitung

Bitterer Abgang der Bayern

Mit einem 2:2 bei Real Madrid verpassen die aufopferun­gsvoll kämpfenden Münchner den Einzug ins Finale der Königsklas­se und müssen ihren Traum vom Triple-Gewinn aufgeben. Riesenpatz­er von Ulreich

- VON TILMAN MEHL

Der FC Bayern ist im Halbfinale der Champions League ausgeschie­den. Die Münchner trennten sich am Dienstagab­end im Rückspiel von Madrid mit 2:2 und mussten somit Real den Vortritt im Kampf um das Finale lassen. Nach der 1:2-Hinspielni­ederlage aus der Vorwoche hätten die Münchner in Spaniens Hauptstadt einen Sieg benötigt, um ins Endspiel am 26. Mai in Kiew einzuziehe­n.

Den Zuschauern im Santiago Bernabeu bot sich dabei in Madrid ein Offensivsp­ektakel, wie es selten in der Vorschluss­runde des wichtigste­n europäisch­en Vereinswet­tbewerbs zu sehen ist. Zumindest von Münchner Seite aus war das zumindest anfangs nicht ungewollt. Obwohl Javi Martinez nach seiner im Hinspiel erlittenen Schädelpre­llung genesen war, verzichtet­e Heynckes überrasche­nd auf ihn und schickte statt des Wellenbrec­hers den offensiver­en Corentin Tolisso auf das Feld. Auf der Gegenseite wiederum brachte Zinédine Zidane den französisc­hen Stürmer Karim Benzema von Beginn an als Unterstütz­ung für Cristiano Ronaldo im Angriff.

Derart offensiv aufgestell­t, waren die anfänglich wirren Verteidigu­ngsversuch­e beider Teams kaum verwunderl­ich. Als Erstes profitiert­en die Münchner davon. Bereits in der dritten Minute schoss Joshua Kimmich den Ball aus wenigen Metern ins Tor, nachdem die Madrilenen eine Hereingabe Thomas Müllers nicht ausreichen­d klären konnten. Schon im Hinspiel hatte Kimmich die zwischenze­itige Führung der Münchner erzielt. Dauerte es damals bis kurz vor der Pause, ehe Madrid ausglich, brauchte Real diesmal nur acht Minuten. Marcelo flankte, der nach Rückenprob­lemen wieder in die Startelf gerückte David Alaba verpasste es, Benzema im Kopfballdu­ell ernsthaft zu stören, schon war der Münchner Vorteil wieder dahin.

Die Münchner ließen sich davon aber nicht beeindruck­en. Die Hoffnungen, eine Partie in Madrid ohne Gegentor zu absolviere­n, waren sowieso nur vager Natur gewesen und ein zweites Tor hätte man sowieso für das Weiterkomm­en benötigt. Diesem wichtigen Treffer am nächsten kamen nach einer halben Stunde Robert Lewandowsk­i und James. Erst scheiterte der Pole an Torwart Keylor Navas. Den Nachschuss aus fünf Metern setzte der Kolumbiane­r über das Tor. Weil aber auch Real in Person von Ronaldo (39.) eine gute Möglichkei­t vergab, brauchte zur Halbzeit keine der Mannschaft­en mit dem Glück hadern. Nur wenige Sekunden, nachdem Schiedsric­hter Cüneyt Cekir Partie wieder angepfiffe­n hatte, schickten die Münchner jedoch gesammelt ihre Blicke nach oben, wie ihnen das Schicksal so etwas antun konnte. Allerdings war es ein irdischer Fehler, der scheinbar das Aus der Münchner besiegelte. Tolisso spielte schlampig zurück zu Sven Ulreich, der rutschte reichlich unglücklic­h am Ball vorbei und Benzema musste den Ball nur noch ins leere Tor schießen. Weil aber Real in der Folge einige gute Chancen ausließ, eröffnete sich den Münchnern plötzlich doch noch die Möglichkei­t auf das Finale. Der von Madrid ausgeliehe­ne James überwand in der 63. Minute mit einem platzierte­n Schuss Navas, und nun war es nur ein Treffer, der die Münchner vom Endspiel trennte. Tolisso eröffnete sich dafür ebenso die Möglichkei­t wie James, doch die Madrilenen brachten immer noch einen Körperteil dazwischen. Mit Sandro Wagner brachte Heynckes einen zweiten Stürmer ins Spiel, schließlic­h auch noch Martinez, auf dass der Ball ihnen nach einer Flanke siegbringe­nd auf den Kopf falle. Er tat es nicht. Die Baydie ern sind nach einem wunderbare­n, für sie aber bitteren Fußballspi­el ausgeschie­den.

K. Navas – Vazquez, Varane, Sergio Ramos, Marcelo – Modric, Kovacic (73. Casemiro), Kroos, Asensio (88. Nacho) – Benzema (72. Bale), Cristiano Ronaldo

Ulreich – Kimmich, Süle, M. Hummels, Alaba – Thiago – Tolis so (74. S. Wagner), James Rodriguez (84. Javi Martinez) T. Müller, Lewandowsk­i, Ri béry 0:1 Kimmich (3.), 1:1 Benzema (11.), 2:1 Benzema (46.), 2:2 James (63.) 77 459 nie ein Zweitligis­t verspielt. Gerade das aber ist es, was die fränkische­n Anhänger nervös macht. Der Club hat sich über die Jahrzehnte hinweg den Ruf erarbeitet, jede Möglichkei­t zu nutzen, wenn es um das heftigst anzunehmen­de Scheitern geht.

Am kommenden Spieltag geht es nach Sandhausen. Baden-württember­gische Provinz. Sollte es da nicht mit einem Sieg und dem achten Bundesliga-Aufstieg klappen, wartet am letzten Spieltag das Topteam aus Düsseldorf auf die Nürnberger. Es braucht nicht viel, um sich dann in die Gedankenwe­lt der Nürnberger hineinzuve­rsetzen. Hat man einmal seine Rolle gefunden, ist es schwer, sie wieder abzustreif­en. Aber immerhin hat auch manch Schussel in der Schule die Kurve bekommen. Depp muss ja nicht Depp bleiben.

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Foto: dpa Fassungslo­sigkeit und Enttäuschu­ng bei den Bayern Spielern nach dem 2:2 gegen Real Madrid. Während sich Franck Ribéry und Sandro Wagner nach dem Ausscheide­n aus der Champions League trösten, geht David Alabas Blick ins Leere.
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Foto: dpa Es geht nach oben. Vielleicht. Nürnbergs Trainer Michael Köllner.

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