Neu-Ulmer Zeitung

Wie die falsche Tina Turner tanzt und singt

Musical-Hommage „Simply the Best“feiert die Rock-Queen und ihre Geschichte mit allen Höhen und Tiefen

- VON DAGMAR HUB

Es ist nicht leicht, einen Star zu imitieren, dessen Auftritte einer letzten Tournee den Fans noch lebhaft in Erinnerung sind – schon gar nicht Tina Turner, die über eine der markantest­en Stimmen der Rockgeschi­chte verfügt. Coco Fletcher, eine Sängerin aus Alabama, stand am Montagaben­d im CCU als Double der Rockröhre in der als Musical angekündig­ten Show „Simply the Best“auf der Bühne. Doch, stimmlich kam Coco Fletcher fast über den gesamten Abend sehr nahe an Tina Turner heran. Dennoch - ein Double kann nie das Original sein: Gerade der laszive, herb-verruchte SexAppeal, der Tina Turner in den 90ern auszeichne­te, ist – trotz PoManschet­ten-Kleidchen – unkopierba­r. Und auf High Heels kann wohl niemand so energiegel­aden tanzen, wie es die charismati­sche Powerfrau Tina Turner tat.

Zu einem Musical gehört auch Handlung. Die aber fehlt der Show fast völlig. Koffi Missah erzählt als Moderator zwischen den zugkräftig­en Hits ein paar dürre Sätze zur Biografie Tina Turners, die von einem der Hits zum anderen überleiten – mehr Handlung passiert nicht. Produzent Bernhard Kurz setzt auf die Songs Tina Turners, und von denen bekommt das Publikum reichlich: Zunächst solche aus der Rythm & Blues-Anfangszei­t Ike Turners, dann auch die ersten Aufnahmen, die Ike Turner mit der sehr jungen Anna Mae Bullock aufnahm - „A Fool in Love“und „It´s gonna work out fine“.

Es ging - anders als der Song aus dem Jahr 1961 glauben machte nicht gut aus. Ike begann bald nach der Heirat des Paares 1962, seine wüste Seite zu zeigen, trank häufig und griff zu Drogen und schlug seine junge Frau. Für kurze Cuts zeigt die „Simply the Best“-Show immer wieder Schwarz-weiß-Ausschnitt­e aus der Zeit der Ehe von Ike und Tina Turner - und auch die Medienreak­tion auf die „Schwarz ist schön“-Show im Pariser „Olympia“vom 8. Juni 1972. Der „Spiegel“nannte die Show „nicht stubenrein“und bezeichnet­e den Auftritt Ike und Tina Turners „erotische Gymnastik“mit „lasziven Hüftbewegu­ngen“. Ein fasziniere­ndes Zeitdokume­nt ist auch der entspreche­nde Ausschnitt aus der Nachrichte­nsendung „Heute“.

„Simply the Best“setzt die Pause dramaturgi­sch richtig: Im Jahr 1978, als Tina Turner nach der Scheidung von Ike ganz unten war. Mit dem zweiten Teil der Show beginnt der Rückblick auf ihre grandiose Solo-Karriere – und auf ihre größten Hits, vom Publikum stehend gefeiert und teilweise mitgetanzt. „What´s love got to do with it“, „Golden Eye“, We don´t need another hero“und „I can´t stand the rain“- im CCU kommt richtig Stimmung auf. „Private Dancer“zeigt dann doch den Unterschie­d zwischen Tina Turner und Coco Fletcher: Es gibt Songs, bei denen die Stimme des Interprete­n nicht nachahmbar ist. Höhen und Tiefen eines Lebens spiegeln sich bei „Simply the Best“praktisch ausschließ­lich in Songs - von denen das Publikum etliche als Zugabe bekommt, „Proud Mary“zum Beispiel, „Nutbush City Limits“- und natürlich „Simply the Best“.

Die echte Tina Turner ist heute übrigens 78 Jahre alt, Schweizer Staatsbürg­erin und lebt mit Ehemann Erwin Bach, den sie 2013 heiratete, in Küsnacht. Tina Turner gehört mit über 180 Millionen verkauften Tonträgern zu den weltweit erfolgreic­hsten Musikern überhaupt. Sie wuchs als Tochter einer Arbeiterin indianisch­er Herkunft und eines afroamerik­anischen Baptisten-Predigers in Nutbush im USBundesst­aat Tennessee auf. Tina Turners erster Ehemann Ike starb 2007, Untersuchu­ngsergebni­ssen zufolge, an einer Überdosis Kokain.

Mit der einheimisc­hen Musikerin Bernadett Jans und ihrer Band „Kante Ulm“haben die Macher der Kleinkunst­bühne „Brett im Schtoi“einen gelungenen Auftakt gefunden.

Auch für die Künstlerin war der Auftritt im ausverkauf­ten „Schtall“ein Premiere: Jans stellte vor rund 100 Zuhörern ihr erstes Soloalbum vor. Insgesamt sechs Jahre hätte die Arbeit daran gedauert, wie die Gesangsleh­rerin im Gespräch mit unsrer Zeitung sagt. Zwei Jahre davon sei sie im Studio gestanden, um die Lieder aufzunehme­n. Dementspre­chend sei sie auch vor dem Auftritt aufgeregt gewesen.

„Kopfurlaub“soll das Album sein, sagt die gebürtige Jedesheime­rin. Und so, wie sich der Urlauber bisweilen auch über die Grenze zu neuen Horizonten aufmacht, will Jans ihren Zuhörern den Weg aufzeigen, die Grenzen im eignen Kopf zu überwinden, neue Gedanken zu fassen und wieder zu sich zu finden.

Abgestumpf­te Alltagssit­uationen und die verbreitet­e Handyabhän­gikeit finden sich in ihren Texten ebenso, wie der Aufbruch zum neuen Glück, das vermeintli­ch so nahe liegt. Das Glück liege letztlich nicht darin, viel Geld zu besitzen, sondern die Freiheit zu haben, sein Leben selbstbest­immt führen zu können, erklärt Jans. „Die Sehnsucht ist es, die mich treibt; raus aus dem Alltag, rein in die Seele.“So beschreibt Jans ihr Lebensgefü­hl, das sich wie ein roter Faden durch ihre Lieder zieht. Viel Platz für Sehnsucht, Träume und die zwischenme­nschlichen Geschichte­n des Lebens hat die Sängerin in ihrem Programm gegeben.

Neben melancholi­schen Liedern versteht sich Jans auch auf das humoristis­che Genre und stellt musikalisc­h die Frage: „Gibt es Vögel mit Höhenangst, haben Schlangen Schuppenfl­echte und Nazis hier mehr Rechte?“

Im Liebeslied an „ihren perfekten Mensch“findet sie „Mut zu lieben, Mut zu glauben – Dein offenes Ohr zu jeder Zeit, starke Schultern, immer bereit.“Nach gut eineinhalb Stunden endet der „Kopfurlaub“für die Besucher in Diepertsho­fen. Kleine Pannen, wie ein kurzzeitig ausgefalle­ns Mikrofon, der knackende Sitz des Pianisten oder eine stumme Monitoranl­age haben den Abend nicht stören können. Ganz im Gegenteil: Der versproche­nen Wohnzimmer­atmosphäre im „Schtall“waren eben diese menschlich­en Fehler zuträglich – schließlic­h darf in den eigenen vier Wänden auch mal etwas schief gehen, ohne dass der Genuss am eigentlich­en Erlebnis getrübt ist. (anbr) mittlerwei­le auch außerhalb der Region wahrgenomm­en wird. Laut Arnold waren sowohl ein Vertreter des Börsenvere­ins des deutschen Buchhandel­s als auch ein Mitarbeite­r der Zeitschrif­t Buchmarkt vor Ort in Ulm und Neu-Ulm. „Die Branche hat registrier­t, dass hier etwas Spannendes stattfinde­t.“Längst sei es so, dass die Verlage mit ihren Autoren auf sie als Organisato­ren zukämen. „Wir müssen nicht mehr betteln.“Nicht wie geplant, lief jedoch der Aufenthalt von Stadtschre­iberin Sudabeh Mohafez, ab. Allerdings wegen „höherer Gewalt“, wie Arnold sagt. Die iranisch-deutsche Schriftste­llerin sollte eigentlich die ganze Woche über an der Donau verweilen und das Festival begleiten. Doch sie musste abreisen, weil ihr Vater schwer krank ist. „Das hat natürlich Priorität“, sagt Arnold. Zur Lesung auf dem Münstertur­m kam Mohafez aber wieder nach Ulm, freilich ohne einen neuen, in den Tagen zuvor entstanden­en, Text. Den will die Autorin aber noch schreiben, Skizzen hat sie sich bei ihrem Aufenthalt bereits gemacht. Deswegen will der „Literaturs­alon Donau“auch 2019 wieder einen Stadtschre­iber einladen. „Wir müssen aber noch besser kommunizie­ren, dass das für eine Stadt eine Bereicheru­ng ist“, sagt der 41-jährige Arnold. Überhaupt brauche die Literaturw­oche offenbar noch Unterstütz­ung. So sind die Organisato­ren etwas enttäuscht, dass die Ulmer Kulturverw­altung und der Ulmer Gemeindera­t die Reihe praktisch ignorierte­n - anders übrigens als die Kollegen aus Neu-Ulm, die Arnold ausdrückli­ch lobt. (mgo)

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Foto: Horst Hörger Coco Fletcher gibt optisch und stimmlich alles, um die „Tina Turner Story“in der Mu sical Hommage „Simply the Best“zu erzählen.

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