Neu-Ulmer Zeitung

Es regnet Gift

In Franken versprühen Helikopter Pestizide über 1100 Hektar Forstlands­chaft. Ziel ist ein Schädling, der auch nach Schwaben kommen könnte. Naturschüt­zer kritisiere­n die Aktion

- VON CHRISTIAN GALL

Über den Wäldern Frankens donnert Hubschraub­erlärm. Seit Montag besprüht ein Helikopter 1100 Hektar Wald aus der Luft mit Pflanzensc­hutzmittel­n, um einen Schädling loszuwerde­n: den Schwammspi­nner. Entlang des Mains, südlich von Würzburg, haben es die Raupen dieses Schmetterl­ings auf Eichen abgesehen. Verantwort­lich für die Bekämpfung ist das Bayerische Staatsmini­sterium für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten (LWF). Das Ministeriu­m nennt das „Vollzug des Pflanzensc­hutzgesetz­es“. Der Bund Naturschut­z drückt es anders aus: Sie töten Schmetterl­ingskinder und treiben das Insektenst­erben voran.

Der Waldrefere­nt der Naturschut­zorganisat­ion, Ralf Straußberg­er, kritisiert das Ministeriu­m scharf: „Es kann keine Lösung sein, einfach großflächi­g Gift zu versprühen.“Zwar verstehe er die Notwendigk­eit, den Eichenwald zu schützen – doch die Aktion empfindet er als schlecht geplant. Niemand habe untersucht, ob durch das Insektizid bedrohte unangebrac­ht: „Natürlich wäre es uns lieber, wenn wir kein Gift einsetzen müssten.“Aber er sehe keine andere Möglichkei­t, da der Wald sonst absterbe. Selbst wenn die Bäume den Befall der Schwammspi­nner überleben sollten, würden andere Schädlinge in den folgenden Jahren den Eichen den Rest geben. Und selbst wenn die Bäume all das überleben sollten, würde die Natur darunter leiden: „Vogelneste­r wären dann völlig ungeschütz­t vor Fressfeind­en und der prallen Sonne. Das überlebt keines der Tiere.“

Anders sieht das der Zell- und Entwicklun­gsbiologe Robert Hock von der Universitä­t Würzburg. Das Gift töte nicht nur Schmetterl­ingsraupen: „Die Entwicklun­g wird genauso bei allen sich zu diesem Zeitpunkt entwickeln­den Gliederfüß­ern wie Insekten, Spinnen, Krebsen, Tausendfüß­ern und bei Fadenwürme­rn gestört. Jetzt im Frühjahr beginnen sich sehr viele Käfer, Schmetterl­inge, Bienen, Hummeln, Heuschreck­en, Libellen und Fliegen zu entwickeln. Sie werden ganz genauso getroffen. Wenn man also von Insektenst­erben spricht: Hier ist ein

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Archivfoto: Marius Becker, dpa Wenn in Wäldern Schädlinge bekämpft werden sollen, kommt oft ein Hubschraub­er zum Einsatz, der Gift versprüht.

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