Vom kargen Speisesaal zum beliebten Treffpunkt
Tagen 100 Kinder in der Mensa“, sagt Losch. Das wurde für den Caterer zum Problem. Er kündigte.
Doch jedes Ende ist der Beginn von etwas Neuem. Bereits vor dem Wechsel zu einem neuen Essenslieferanten hatte sich das Gymnasium im Augsburger Domviertel für das „Coaching Schulverpflegung“beworben. In dem Projekt stellt das Bayerische Landwirtschaftsministerium kostenfrei eine Ernährungsberaterin für Schulen zur Verfügung.
Für das Gymnasium St. Stephan schaut Anja Häußler aus Senden (Landkreis Neu-Ulm) in die Töpfe. Die Ernährungsberaterin bewertet nicht nur die Qualität der angebotenen Speisen, sondern beurteilt Räumlichkeiten und Organisationsabläufe. So war eines der größten Probleme in St. Stephan der ungastliche Speisesaal: keine Deko, ungemütliche Stühle, vier lange Tafeln. „Die Mensa hatte Kantinencharakter“, erinnert sich Häußler. Die gelernte Diätassistentin gab Tipps, wie der Raum eine angenehme Atmosphäre erhalten könnte. Nun, ein dreiviertel Jahr nach dem Coaching, ist der Wandel sicht- wie spürbar: mehrere kleinere Tische, eine gemütliche Lounge mit braunen Ledersofas und Wandbehänge mit Naturmotiven. „Das hat nichts von Schulmensa“, sagt Lehrerin Losch. Mittlerweile sei die Mensa ein beliebter Treffpunkt. Die Schüler kommen zusammen, machen Hausaufgaben oder quatschen miteinander. Und das ohne Gerangel und Gezanke, wie Häußler betont.
Nicht nur die weichen Sofas locken in die Mensa. Auch die Speisen des neuen Caterers kommen bei den Kindern an. „Im Vergleich zum vorigen Jahr hat sich die Zahl derer, die hier zu Mittag essen, verdoppelt“, sagt Losch, die Verpflegungsbeauftragte der Schule.
Nachdem der neue Caterer die Schulküche übernommen hat, ist das Essen frisch, saisonal und vor allem gesund. Fertiggerichte sind tabu, genauso wie Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker. „Wir gehen nach dem 70 zu 30 Prinzip vor“, erklärt der Inhaber des Schülercafés „Breakx“, Peter Doehner. Das bedeutet: 70 Prozent der Speisen sind
Vollkornprodukte, frisches Gemüse, Salate und Rohkost. Doch Kinder können auch Muffins und Cookies (30-Prozent-Anteil) kaufen.
Dass Schüler gerne zu Ungesundem wie Pommes oder Schokolade greifen, das bezweifelt Doehner: „Kinder und Jugendliche wollen sich gesund ernähren.“Oftmals fehle ein ansprechendes Angebot. Statt einem Apfel am Stück gibt es täglich frisch geschnittenen Obstsalat. Doehner freut sich: „Der ist als erstes weg“. Statt Schokoriegeln verkauft „Breakx“selbstgemachte Energieriegel. Auch die sind sehr beliebt. „Am Anfang stellten wir noch eine halbe Schüssel von den Riegeln
hin“, sagt der 39-jährige SchulcaféInhaber. „Heute verkaufen wir täglich eine ganze Schale voll.“
Doehner sieht seine Aufgabe nicht nur darin, das Essen zuzubereiten und zu verkaufen. Er will die Kinder zu einer gesünderen Lebensweise erziehen. Die Motivation liegt an seiner persönlichen Vorgeschichte: Früher hatte der Friedberger mit Übergewicht zu kämpfen. „Ich bin auf viele Diäten hereingefallen“, erzählt Doehner. Dann begann er, sich für Sport zu begeistern, kündigte nach 24 Jahren seinen Job als Auslandsmonteur für Dieselmotoren bei der MAN und machte eine Ausbildung zum Personal Trainer.
Mit dem gesunden Catering-Service hat er sich seinen Traum erfüllt. „Ich will Kindern mitgeben, wie eine ausgewogene Ernährung aussieht“, sagt der 39-Jährige, dessen Bizeps manchen Jugendlichen staunen lässt. Erst kürzlich sei ein Schüler zu ihm gekommen und habe gefragt, ob er den Hamburger ohne Brot haben könne. Der Grund: Der junge Mann wollte keine Kohlenhydrate zu sich nehmen. „Aber die brauchen wir“, sagt Doehner und lacht. „Ich empfahl ihm, mehr Sport zu machen. Dann dürfe er sogar noch mehr essen.“Der Heranwachsende ließ sich überzeugen – und nahm eine Fleisch-Bulette extra.