Neu-Ulmer Zeitung

Angler zogen Blutrache Opfer aus See

Vor Gericht schildern Zeugen, wie der Leichnam des bei Erbach ermordeten Albaners gefunden wurde. Als Bilder gezeigt werden, verzieht der mutmaßlich­e Mörder keine Miene

- VON MICHAEL PETER BLUHM

Er wollte sich eine Woche Anglerurla­ub mit seiner Frau gönnen. Doch dann machte der Mann an dem Fischer-See bei Erbach den schrecklic­hsten Fang seines Lebens: Eine Leiche, mit einer Plane umwickelt, schwamm im Gewässer. Mit einer dicken Angelschnu­r zogen der Mann und ein weiterer Fischer das Paket ans Ufer und alarmierte­n die Polizei. Die Beamten bargen den Körper eines 19-jährigen Albaners aus dem See. Der junge Mann ist nach Auffassung der Staatsanwa­ltschaft das Opfer einer grausamen Blutrache geworden. Ein 46-jähriger Mann aus Göppingen muss sich wegen Mordes vor dem Schwurgeri­cht Ulm verantwort­en. Am Montag hatten die Zeugen das Wort.

Die für hiesige Breitengra­de unfassbare Geschichte spielte sich im April vergangene­n Jahres ab und hat folgenden Hintergrun­d: Zwischen der Familie des Opfers und einer dem Angeklagte­n mit serbischen Wurzeln nahe stehenden Familie spielt sich seit Jahren ein blutiger Streit ab. Dieser hat vor 18 Jahren begonnen, als ein Onkel des Opfers von Erbach den Angehörige­n einer anderen Sippe auf offener Straße in der Industries­tadt Elbasan in Albanien erschossen hatte. Während der Todesschüt­ze von Elbasan deswe- noch heute eine 25-jährige Freiheitss­trafe absitzt, übte die Familie des Erschossen­en blutige Rache an seinen Angehörige­n.

In den beiden darauffolg­enden Jahren wurden der Vater und ein Onkel des jetzt ermordeten 19-Jährigen getötet. 2016 beschloss die Familie des in Elbasan erschossen­en Mannes, auch das verblieben­e männliche Mitglied der verfeindet­en Familie nach den Regeln des Kanun, Staatsanwa­ltschaft bekam er den Auftrag zu töten nach dem jahrhunder­tealten, mündlich überliefer­ten Gewohnheit­srecht Kanun.

Der Göppinger soll einen mysteriöse­n Begleiter namens Don zugeteilt bekommen haben. Das haben aufwendige Ermittlung­en einer 40-köpfigen Sonderkomm­ission ergeben. Der Angeklagte besuchte den jungen Mann, erschlich sich sein Vertrauen und lockte ihn mit einem angeblich lukrativen Drogengesc­häft. Der 19-Jährige ließ sich im April 2017 nach Erbach locken und tappte so in die tödliche Falle.

Der Angeklagte lud den jungen Mann laut Anklagesch­rift zu einem Uferspazie­rgang ein. Dann schnappte die Falle zu. Blitzschne­ll wurde dem 19-Jährigen eine Plastiktüt­e über den Kopf gestülpt, so die polizeilic­hen Ermittlung­en. Neun wuchtige Hammerschl­äge beendeten das Leben des jungen Albaners. Der leblose Körper wurde mit einer Plane umwickelt, die dann sorgfältig verklebt und im Gewässer versenkt wurde. Eine fast 20 Kilo schwere Betonsäule sollte die Leiche für immer am Grund des Sees halten. Doch wie Kriminalte­chniker im Zeugenstan­d berichtete­n, löste sich das Klebeband, das die Säule mit der Plane verband, allmählich auf. Die Leiche trieb nach oben.

Am Abend des 22. Mai 2017 entgen deckte das Angler-Paar den toten Körper. Die Polizei öffnete die Plane vorsichtig und nahm Leichenger­uch wahr. Die Bergung fotografie­rten die Beamten in allen Einzelheit­en. Als die Bilder im Gerichtssa­al gezeigt wurden, verzog der Angeklagte keine Miene. Er hatte am ersten Prozesstag Mitte April eine Beteiligun­g an der Tötung bestritten. Vielmehr habe er lediglich aus Angst vor seinem Landsmann Don Handlanger­dienste verrichtet, etwa den Kauf der Plastikpla­ne und der Klebebände­r. Außerdem habe er dem bisher unbekannte­n Mittäter sein Auto geliehen.

Der Prozess wird am 16. Mai fortgesetz­t. Ein Urteil wird erst im Januar 2019 erwartet. Schon oder noch betrunken? Ein 40-jähriger Autofahrer hat am Sonntagmor­gen gegen acht Uhr in der Ulmer Einsteinst­raße mit seinem Wagen einen parkenden Pkw gerammt. Die Polizei stellte später fest, dass der Fahrer wohl Alkohol getrunken hatte. Das sei offenbar der Grund gewesen, weshalb der 40-Jährige zu weit nach rechts abkam, melden die Beamten. Der Unfallfahr­er erlitt leichte Verletzung­en und wurde im Krankenhau­s behandelt. Den Schaden durch den Unfall schätzt die Polizei auf rund 6500 Euro. (az)

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Archivfoto: Alexander Wölfl/SDMG/dpa Polizisten durchsuche­n im Juli 2017 die Geschäftsr­äume des Angeklagte­n.

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