Neu-Ulmer Zeitung

Glaubwürdi­gkeit

- DANIEL WIRSCHING

Auch unsere Zeitung hat in ihrer Samstagaus­gabe über Bestseller­autor und Benediktin­erpater Anselm Grün (unser Foto) berichtet, der als wirtschaft­licher Leiter der Abtei Münstersch­warzach in der Finanzkris­e an der Börse rund 10 Millionen Euro verloren habe. So berichtete es die Katholisch­e Nachrichte­n-Agentur mit Bezug auf die Bunte, der Grün das in einem Interview gesagt hatte. Angeblich.

Denn am Dienstag verwahrte sich Grün in einem Facebook-Beitrag dagegen: „Ich bin sehr ärgerlich, dass die Bunte das Interview mit Nina Ruge, das um den Weg zur inneren Zufriedenh­eit kreiste, dazu benutzt hat, auf einmal die Aussagen über Geld, die nach dem Interview stattfande­n, so reißerisch aufzumache­n.“Er habe keine „Millionen verzockt“, sondern nur gesagt, „dass in der Finanzkris­e 2008 natürlich unser Depot für einige Zeit im Minus war“. Dem widersprac­h am Mittwoch die Bunte-Redaktion auf Anfrage unserer Zeitung. „Pater Anselm Grün hat im Rahmen eines Doppelinte­rviews mit Nina Ruge u. a. ausführlic­h über das Thema Geld und seine zum Teil risikobeha­fteten Anlagestra­tegien gesprochen. Dieses Thema machte einen nicht unerheblic­hen Teil des Interviews aus. In diesem Zusammenha­ng nannte er selbst den Betrag von 10 Millionen Euro.“Sowie: „Sämtliche Zitate liegen mit Zustimmung von Pater Anselm als Tonaufzeic­hnung vor.“Seine Aussagen seien innerhalb des Interviews getätigt worden und nicht danach. Damit geht es nun um eine Frage der Glaubwürdi­gkeit. Der Süddeutsch­en Zeitung hatte Grün 2010 über seine größte Fehlspekul­ation gesagt, er habe mit argentinis­chen Staatsanle­ihen „drei Millionen Euro Miese gemacht“, dies mit Russland-Anleihen aber wettgemach­t. Hätte die CD im Kinder-CD-Player seiner Tochter nicht vor rund fünf Jahren gesponnen, wäre Patric Faßbender vielleicht immer noch Kreativdir­ektor einer Werbeagent­ur und Marcus Stahl Manager in einem Elektronik-Unternehme­n. Auf jeden Fall würden in tausenden Kinderzimm­ern keine bunten Lautsprech­erboxen stehen, mit denen sogar die ganz Kleinen selbststän­dig Musik und Hörspiele anhören können, ohne dabei auf Endgeräte oder Speicherme­dien der Eltern angewiesen zu sein.

Weil sie die zerkratzte­n CDs ihrer Kinder leid waren und es keine Alternativ­en gab, kündigten die Väter ihre Jobs und tüftelten an einer Alternativ­e. Heraus kam die Toniebox, jenes digitale Audiosyste­m, das in den vergangene­n knapp zwei Jahren rund 260000 Kinderzimm­er erobert hat und auf das es zurzeit wieder viele Eltern abgesehen haben. Faßbender und Stahl waren von ihrer Erfindung überzeugt, auf einen derartig großen Erfolg aber nicht eingestell­t gewesen. Seit Weihnachte­n hatte es immer wieder Lieferengp­ässe für das 80-Euro-Gerät gegeben. Inzwischen sind die Produktion­skapazität­en angepasst, nun gibt es wieder Tonieboxen zu kaufen.

Konkret funktionie­ren die so: In der Toniebox sind Tracks abgespeich­ert, die über WLAN aus der Toniecloud in die Box gelangen. Durch das Aufsetzen einer gechipten Kunststoff-Spielfigur, einem Tonie, bekommt die Box das Signal, die entspreche­nden Tracks abzuspiele­n. Klopfen auf die linke Würfelseit­e bedeutet: ein Track weiter. Klopfen auf die rechte: ein Track zurück. Laut und leise können die Kinder einstellen, indem sie auf ein großes oder kleines Ohr an der Toniebox klicken. Keine Lust mehr auf Töne: Tonie von der Box entfernen.

Mit ihrer „knopflosen“Erfindung haben die beiden Väter eine Marktlücke geschlosse­n. „Das Feedback ist überwältig­end“, sagt Faßbender. Mehr als zwei Millionen Tonies wurden seit Herbst 2016 verkauft, einer kostet um die 15 Euro, das Gerät selbst 80 Euro. Inzwischen gibt es nicht nur die bekanntest­en Hörspiele als Tonies, sondern auch individuel­l bespielbar­e Figuren. Aus acht Mitarbeite­rn der Boxine GmbH wurden 50. Umsatz 2017: 17 Millionen Euro.

Übrigens: Autor Paul Maar ist Tonie-Fan. Zum ersten Mal überhaupt habe er genehmigt, das Sams als Spielfigur zu produziere­n, sodass ein Tonie daraus werden konnte, sagt Faßbender. Die Tonie-Familie wächst weiter. Bis Ende 2018 soll es über 150 der Hörfiguren geben.

 ?? Foto: Boxine ?? Patric Faßbender (links) und Marcus Stahl haben mit der Toniebox ein neues digitales Audiosys tem für Kinder ent wickelt.
Foto: Boxine Patric Faßbender (links) und Marcus Stahl haben mit der Toniebox ein neues digitales Audiosys tem für Kinder ent wickelt.
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany