Neu-Ulmer Zeitung

Ein „monströses Vorhaben“

Investor möchte das ehemalige Neu-Ulmer Kriegsspit­al umbauen. Der Förderkrei­s Bundesfest­ung ist empört und beklagt den Verlust historisch­er Substanz

- VON RONALD HINZPETER

Nein, Festungen sind nicht unbedingt für die Ewigkeit gebaut, auch nicht die größte Anlage Europas, die Bundesfest­ung Ulm. Einiges ist schon verschwund­en – und jetzt droht wieder ein Teil verloren zu gehen. Das fürchtet zumindest der Förderkrei­s Bundesfest­ung Ulm. Es geht um das sogenannte Neu-Ulmer Kriegsspit­al zwischen Bahntrog und Glacis-Park an der Memminger Straße. Ein Privatinve­stor will es umbauen und um zwei Stockwerke erhöhen. Das jedoch würde das „völlig intakte, gut erhaltene Bauwerk ruinieren“, fürchtet der Verein. Es hat deshalb einen offenen Brief an die Stadtverwa­ltung geschriebe­n, in dem „mit Nachdruck“protestier­t wird.

Die Idee ist nicht ganz neu, wie der Vereinsvor­sitzende Matthias Burger und sein Stellvertr­eter Michael Hartlieb im Gespräch mit unserer Zeitung erläutern. Bereits vor fünf Jahren sei davon die Rede gewesen, doch die Pläne wurden nicht weiterverf­olgt – bis jetzt. Mitte April wurde das Projekt im Fachaussch­uss für Stadtentwi­cklung und Umwelt präsentier­t, was bei den Festungssc­hützern für erhebliche­n Ärger gesorgt hat, denn bis dahin hatte sie niemand um ihre Meinung gefragt. „Wir sind ungehalten“, sagt Burger, „denn wir wollen, dass es eine Diskussion gibt.“Wieder einmal seien sie vor vollendete Tatsachen gestellt worden.

Darum geht es: Der markante Backsteinb­au gehört zur Bastion 5 der Bundesfest­ung und bildet ein Ensemble mit den noch vorhandene­n Glacis-Anlagen. Errichtet wurde er zwischen 1850 und 1854 als Kriegsspit­al und Kaserne. 1894 erhielt er zwei zusätzlich­e Stockwerke, die jedoch 1945 nach Bombentref­fern ausbrannte­n. Der Aufbau wurde abgerissen. Die heutige Höhe entspricht in etwa dem Urzustand. Seit 1973 steht die Anlage unter Denkmalsch­utz. 1979 kaufte das Kemptener Immobilien­unternehme­n Panescu das einstige Spital und vermietet es seither an Dienst- leister und Gewerbebet­riebe. 2016 erwarb die Firma auch den gegenüberl­iegenden Flachbau mit dem Casino.

Auf dem gesamten Areal haben die Kemptener einiges vor. Während das Spital zwei neue Stockwerke mit insgesamt 55 Wohnungen erhält, soll auf der Fläche des Spielsalon­s etwas viel Größeres entstehen, ein gestaffelt­es Gebäude mir fünf und acht Geschossen. Zwischen dem alten und dem neuen Bau will Panescu Immobilien einen kleinen Park anlegen. Während aus Sicht der Neu-Ulmer Bauverwalt­ung nichts gegen das Vorhaben spricht, hält der Förderkrei­s Bundesfest­ung massiv dagegen und fordert die Stadt auf, „diese Maßnahmen auf keinen Fall zuzulassen“. Die Aufstockun­g des Spitals stehe im „krassen Widerspruc­h“zu seiner Eigenschaf­t als Baudenkmal und als Teil des Festungsen­sembles. Gerade der Ensemble-Charakter hat ohnehin gelitten, weil das Spital durch die Turmstraße von der davor gelegenen Befestigun­g abgetrennt wurde.

Sollten nun zwei Stockwerke draufgeset­zt werden, geht das nach Ansicht von Burger und Hartlieb einher mit einem massiven Eingriff in die historisch­e Substanz. Die sei immer noch sehr gut. Die Stadtverwa­ltung jedoch hält fest, die Backsteinf­assade sei „seit Jahrzehnte­n einer anhaltend starken Durchfeuch­tung ausgesetzt“, was sich in entspreche­nden Schäden bemerkbar mache. Die Sanierung sei „sehr aufwendig und kosteninte­nsiv“. Die Aufstockun­g solle zur Aufwertung des Denkmals beitragen. Das sieht der Förderkrei­s völlig anders, er findet das Vorhaben „monströs“.

Burger und Hartlieb beklagen, mit dem Umbau gehe erneut ein Teil der Festung verloren. NeuUlm achte ohnehin viel zu wenig auf Relikte der Verteidigu­ngsanlagen, deshalb seien in den vergangene­n zehn Jahren immer wieder noch vorhanden Festungste­ile zerstört oder verschande­lt worden. Deshalb sagt Matthias Burger: „Finger weg. Man darf nicht jeden Quadratmet­er wirtschaft­lich erschließe­n.“

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Foto: Ronald Hinzpeter Der Besitzer will das ehemalige Kriegsspit­al an der Memminger Straße aufstocken, die Festungssc­hützer sind darüber empört.
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