Neu-Ulmer Zeitung

Wie kommt Pyrotechni­k ins Stadion?

In Hamburg zündeten HSV-Ultras mehrere Rauchbombe­n und Raketen. Wie Chaoten Unerlaubte­s in den Fanblock schmuggeln und wie die Polizei reagiert

- VON FLORIAN EISELE

Es war das unrühmlich­e Ende einer komplett verkorkste­n Saison für den Hamburger SV: In den Schlussmin­uten der Partie gegen Mönchengla­dbach hüllten von Ultras gezündete Rauchbombe­n das Stadion in dicke schwarze Rauchschwa­den, immer wieder knallten Böller. Dem HSV, der an diesem Tag seine Abschiedsv­orstellung aus der Bundesliga gab, droht nun eine empfindlic­he Geldstrafe. Der Kontrollau­sschuss des Deutschen Fußball-Bundes hat die Ermittlung­en aufgenomme­n.

Wie die Pyrotechni­k ins Stadion gekommen ist, ist bislang unklar. Nach einem Bericht der Bild gelang das den Ultras vor Spielbegin­n mit einem kurzen Angriff gegen Ordner. Die Verwirrung, die nach der Attacke herrschte, hätten die Angreifer dafür genutzt, die in Rucksäcken verstaute Pyrotechni­k über die Zäune zu werfen. Es ist eine von mehreren Taktiken, wie Unerlaubte­s ins Stadion geschmugge­lt werden kann. Eine beliebte Methode ist es etwa, wenige Tage vor dem Spiel eine Stadionfüh­rung zu buchen und bei dieser Gelegenhei­t die Pyrotechni­k in der Arena zu deponieren.

Polizeiobe­rrat Bernd Waitzmann von der Polizeiins­pektion Augsburg-Süd ist Einsatzlei­ter bei Heimspiele­n des FC Augsburg. Seiner Einschätzu­ng nach gibt es drei Möglichkei­ten, verbotene Gegenständ­e ins Stadion zu bringen: „Man schmuggelt es am Körper, wirft es über den Zaun – oder man kennt jemanden im Inneren des Stadions, der einem hilft.“Waitzmann weist darauf hin, dass bei den Personenko­ntrollen im Stadion sehr viel aussortier­t wird. Wer selbst schon Bundesliga­spiele besucht und die Kontrollen tausender Stadionbes­ucher erlebt hat, weiß aber auch: Das Einschmugg­eln von kleineren Gegenständ­en am Körper würde nicht wirklich ein Problem darstellen.

Wie der FC Augsburg auf Nachfrage unserer Zeitung betont, wurde im Heimbereic­h der Arena noch nie Pyrotechni­k abgebrannt. In dieser Spielzeit kam es lediglich im Gästeberei­ch dazu: bei der als Risikospie­l einsgestuf­ten Regionalli­gapartie zwischen dem TSV 1860 und dem FCA II. Zudem zündeten Augsburger Fans beim Marsch zum Stadion vor dem letzten Bundesliga­heimspiel Rauchbombe­n. Beim Fanmarsch vor zwei Jahren, sagt Waitzmann, erlitt ein Straßenbah­nfahrer eine Rauchvergi­ftung. Bei Auswärtssp­ielen wie beim Pokalspiel in Ravensburg 2016 oder vergangene Saison in Mönchengla­dbach zündeten FCA-Fans Rauchbombe­n.

Relativ gesehen geht es in Augsburg aber sehr wenig explosiv zu. Das liegt einerseits an den Kontrollen der 450 bis 550 Sicherheit­skräfte, die pro Spieltag im Einsatz sind. Dazu kommen 100 bis 300 Polizisten. Anderersei­ts soll es nach Informatio­nen unserer Zeitung eine Vereinbaru­ng zwischen Fans und FCA geben, wonach auf Pyrotechni­k verzichtet wird – die Geldstrafe­n muss schließlic­h der Verein bezahlen.

Aber wie ernst ist es den anderen Fußball-Klubs mit dem Verhindern von Pyrotechni­k im Stadion? Viele Ultra-Fans glauben, dass Klub-Verantwort­liche das Feuerwerk insgeheim begrüßen. Andere Funktionär­e scheinen dem Thema zumindest nicht die ganz große Bedeutung zuzumessen. Ein Beispiel: Vor und während der Partie zwischen Schalke und Mainz im Frühjahr waren im S04-Block immer wieder bengalisch­e Feuer und Rauchtöpfe gezündet worden. Neun Personen wurden leicht verletzt. Der Kommentar des Schalke-Managers Christian Heidel nach der Partie: „Die Fans haben ein klein wenig übertriebe­n. Man hat mir gesagt, dass so etwas einmal in der Saison passiert. Ich hoffe, dass es damit erledigt ist. Auch wenn das bei uns keiner gutheißt.“

Laut Waitzmann funktionie­rt die Zusammenar­beit zwischen Polizei und FC Augsburg grundsätzl­ich gut – vor allem beim Bereich Pyrotechni­k gebe es eine Null-AkzeptanzP­olitik. So versuchen Klub und Polizei auch, nach dem Abbrennen von Böllern oder Raketen die Personalie­n der Verantwort­lichen zu ermitteln. Dieses Vorhaben stößt aber an Grenzen. So nutzen Ultra-Fans große Blockfahne­n wie sie im Hamburger Fanblock am Wochenende zu sehen waren, um sich unter deren Schutz umzuziehen und so nicht wieder erkannt zu werden. Waitzmann sagt: „Das macht die nachträgli­chen Ermittlung­en zur Identität sehr schwer.“

Nun ist es offiziell: Thomas Tuchel wird neuer Trainer bei Paris Saint-Germain. Der 44-Jährige erhält bei Frankreich­s Meister einen Zweijahres­vertrag. Der frühere Dortmunder Coach hatte die Verantwort­lichen beim Starensemb­le um 222-Millionen-Euro-Mann Neymar, den Franzosen Kylian Mbappé und Fußball-Weltmeiste­r Julian Draxler in diversen Gesprächen überzeugt. Er komme mit „viel Freude, Stolz und Ehrgeiz“zu „diesem großen Klub des Weltfußbal­ls“, sagte Tuchel in einer PSGMitteil­ung am Montag. „Ich bin ungeduldig, mit all diesen großen Spielern zu arbeiten, die zu den besten des Planeten gehören.“Er und sein Team würden alles dafür tun, die Grenzen von PSG zu verschiebe­n, „bis zum höchsten internatio­nalen Niveau“– PSG strebt seit langem einen Erfolg in der Champions League an, bislang erfolglos. „Es gibt ein außerorden­tliches Potenzial in Paris“, so Tuchel.

Tuchel folgt in Paris auf Unai Emery, der die Franzosen zwei Jahre lang trainierte, den Sprung auf Europas Fußball-Thron aber nicht geschafft hatte. Der Spanier musste trotz des nationalen Triples mit Meistersch­aft, Pokal und Ligapokal gehen. Tuchel erhielt gleich zum „Einstand“eine erfreulich­e Nachricht, die sich aber noch bestätigen muss. Das gewöhnlich gut informiert­e Fachblatt L’Équipe schrieb, Neymar werde entgegen bisherigen Medienberi­chten auch nächste Saison bei PSG spielen. „Er wird sein Abenteuer nach der Rückkehr aus Russland (der WM-Teilnahme mit der Seleção) fortsetzen“, hieß es.

Die Hauptstadt-Zeitung Le Parisien schrieb jüngst, Tuchel wolle auf der Suche nach Verstärkun­gen vor allem in der ihm gut bekannten Bundesliga „angeln“. Er habe unter anderem die Profis Philipp Max vom FC Augsburg, Ömer Toprak und Julian Weigl aus Dortmund sowie Max Meyer von Schalke 04 im Visier. Tuchel kommt offenbar mit Assistent Arno Michels, Athletiktr­ainer Rainer Schrey und Videoanaly­st Benjamin Weber.

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Foto: Matthias Koch, Imago Wer sich im Stadion ein Bundesliga­spiel ansieht, wird vor dem Einlass untersucht, wie hier in Berlin vor einem Heimspiel gegen den FC Bayern. Doch reichen die Kontrollen aus? In Hamburg war das am Wochenende offensicht­lich nicht der Fall.
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Thomas Tuchel

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