Dashcam Urteil im Überblick
Die Aufnahmen der kleinen Autokameras dürfen als Beweis verwertet werden. Was diese Entscheidung bedeutet
Im einen oder anderen Auto fährt bereits eine Dashcam mit, die den Verlauf der Fahrt aufzeichnet – das ist praktisch, um einen Unfallhergang zu dokumentieren. Doch dürfen die Aufnahmen der Videokamera am Armaturenbrett oder an der Windschutzscheibe als Beweis verwertet werden, wenn es wirklich mal gekracht hat? Sie dürfen, entschied am Dienstag der Bundesgerichtshof (BGH). Die wichtigsten Antworten zu der Entscheidung:
Um was ging es vor dem BGH?
Ein Mann aus Sachsen-Anhalt pocht auf vollen Schadenersatz nach einem Unfall. Nach seiner Darstellung ist ein Auto beim Linksabbiegen auf der daneben verlaufenden Spur auf seine Fahrbahn gekommen und gegen seinen Wagen gefahren. Das sollen Aufnahmen seiner Dashcam belegen. Doch weder das Amts- noch das Landgericht Magdeburg berücksichtigten die Aufnahmen: Weil sie unzulässig entstanden sind, dürften sie nicht als Beweis herangezogen werden.
Was steckt dahinter?
Permanentes Filmen anderer ohne deren Einverständnis verstößt nicht nur gegen das Bundesdatenschutzgesetz, sondern auch gegen das Persönlichkeitsrecht und das Recht am eigenen Bild. Diesen Standpunkt des DeutschenAnwaltvereins(DAV) hat der BGH klar bestätigt. Eine gesetzliche Regelung dazu gibt es nicht.
Wann ist das Filmen dann erlaubt?
Dashcams sind nicht verboten. „Auf meinem privaten Grundstück kann ich filmen, so viel ich will“, sagt Paetrick Sakowski von der Wirtschafts- recht-Kanzlei CMS. Auch Kameras, die nur kurz und anlassbezogen einen Unfall aufnehmen, dürften unproblematisch sein – in seinem Urteil weist der BGH auf diese Aufzeichnungsmöglichkeit hin. Wer jedoch andauernd Dritte filmt, das speichert und es womöglich ins Netz stellt, muss mit einem Bußgeld rechnen. Das gilt selbst dann, wenn das Video hilft, einen schweren Verkehrsverstoß aufzuklären.
Was spricht für die Auswertung der Aufnahmen?
Oft ist die Rekonstruktion eines Unfalls schwierig, auch weil Zeugen sich widersprechen. „Grundsätzlich kann eine Videoaufzeichnung als Beweismittel sehr hilfreich sein“, sagt Oliver Malchow, Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Auch Kfz-Versicherer könnten einfacher feststellen, wer wie viel Schuld an einem Unfall trägt, und so schneller Schäden regulieren. „Wenn Beweise da sind, muss man sie auch verwen- den dürfen“, sagt Kläger-Anwalt Volkert Vorwerk.
Wie hielten es die Gerichte bislang mit dem Dashcam-Beweis?
Bundesweit ist das unterschiedlich. Zuweilen urteilte dasselbe Gericht anders: So erkannte das Amtsgericht München mal die Mini-Kamera als Beweismittel an, ein andermal verbot es die Verwertung unter Hinweis auf die Persönlichkeitsrechte anderer Verkehrsteilnehmer.
Welche Erwartungen gab es an den BGH?
Alle Seiten hofften auf Rechtssicherheit. Klarheit gibt es nun darüber, dass solche Aufnahmen in Unfallprozessen als Beweis genutzt werden können. Das freut die Polizei, den ADAC und dürfte auch die Arbeit der Gerichte erleichtern. Der ITBranchenverband Bitkom hätte sich allerdings klare Regeln für Autofahrer zum Einsatz der Dashcams gewünscht.