Neu-Ulmer Zeitung

Wird der Rundfunkbe­itrag gekippt?

Das Bundesverf­assungsger­icht prüft, ob die umstritten­e Haushaltsa­bgabe rechtmäßig ist. Jurist Matthias Rossi erklärt, wo die Streitpunk­te liegen und wie die Verhandlun­g ausgehen könnte

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Herr Rossi, am Mittwoch und Donnerstag beschäftig­t sich das Bundesverf­assungsger­icht mit dem umstritten­en Rundfunkbe­itrag. Es wird geprüft, ob der Beitrag – derzeit monatlich 17,50 Euro pro Haushalt – rechtmäßig ist. Was ist der zentrale Streitpunk­t?

Die Parteien streiten sich um drei Punkte: Der erste ist, ob der Rundfunkbe­itrag überhaupt von den Ländern eingeführt werden durfte oder ob nicht der Bund zuständig war. Dann geht es vor allem um die Frage, ob der Beitrag mit dem Gleichheit­sgrundrech­t im Einklang steht. Und zum anderen ist da die Frage, ob neben den Beiträgen, die wir alle zahlen, auch von gewerblich­en Anbietern Beiträge gezahlt werden müssen.

Was hat es mit dem Gleichheit­sgrundrech­t auf sich? Geht es darum, dass alle gleich viel zahlen müssen, egal ob sie zwei Fernseher haben oder nur einen?

Die Zahl der Fernseher ist weniger bedeutsam. Aber denken Sie mal daran, dass jemand, der alleine in einer Wohnung lebt, dasselbe zahlen muss wie jemand, der sich eine Wohnung mit fünf anderen teilt.

Müsste man da stärker differenzi­eren?

Ich denke schon. Ich gehöre tatsächlic­h auch zu den Kritikern des jetzigen Beitragssy­stems und halte es in mehreren Punkten für verfassung­swidrig.

In welchen?

Einmal ist es das, was wir eben schon angesproch­en haben: Es wird zu stark typisiert. Die Haushalte müssen alle dasselbe zahlen, obwohl faktisch unterschie­dlich viele Menschen davon profitiere­n. Der zweite Aspekt betrifft die gewerblich­en Anbieter. Da ist ja der Autovermie­ter Sixt jetzt auch einer der Beschwerde­führer. Der muss für jedes Auto, das er anbietet, ebenfalls einen – wenn auch ermäßigten – Beitrag bezahlen, obwohl in den Fahrzeugen nur Privatleut­e fahren, die den Beitrag schon über ihre Haushaltsa­bgabe bezahlt haben. Der Unmut bei den Bürgern ist groß. Viele empfinden den Beitrag als eine Art Zwangssteu­er.

Das kann ich durchaus nachvollzi­ehen. Verfassung­srechtlich ist es sehr umstritten, was es genau ist. Ursprüngli­ch war es mal eine Gebühr, die GEZ stand ja für Gebührenei­nzugszentr­ale. Jetzt wird es als Beitrag tituliert, möglicherw­eise ist es aber eine Steuer.

Warum sind die begrifflic­hen Unterschie­de so wichtig?

Als Beitrag wird es deswegen tituliert, weil davon ausgegange­n wird, dass man nur für die Möglichkei­t der Inanspruch­nahme des Rundfunks bezahlt. Gezahlt wird also unabhängig davon, ob man öffentlich-rechtliche­n Rundfunk empfängt oder nicht, sondern vielmehr allein deswegen, weil man ihn empfangen könnte. Unabhängig von der Bezeichnun­g ist es der Sache nach aber doch eine Steuer, weil man sich ihr nicht entziehen kann: Man hat nicht die Wahl, auf die Möglichkei­t des Empfangs öffentlich-rechtliche­n Rundfunks zu verzichten und deshalb auch keinen Beitrag zahlen zu müssen. Dem Rundfunkbe­itrag entkommt man nicht. Der Rundfunkbe­itrag wurde ja schon öfter juristisch aufgearbei­tet. Das Bundesverw­altungsger­icht hat etwa im vergangene­n Jahr beschlosse­n, dass der Beitrag auch für Zweitwohnu­ngen erhoben werden darf. Welchen Einfluss hat das für die Verhandlun­g vor dem Bundesverf­assungsger­icht?

Ich würde es eher umgekehrt sehen: Die Entscheidu­ng des Bundesverf­assungsger­ichts wird sich auf das Bundesverw­altungsger­icht auswirken. Das Bundesverw­altungsger­icht hat den Rundfunkbe­itrag bisher weitgehend gestützt. Andere Gerichte haben ihn für verfassung­sund europarech­tswidrig gehalten. Das Bundesverf­assungsger­icht muss jetzt diesen grundsätzl­ichen Streit lösen.

Das heißt, das Urteil ist wegweisend?

Ja, das ist ganz grundsätzl­ich. Und es wird hoffentlic­h Rechtsfrie­den schaffen. Egal, ob es nun das System bestätigt oder ob es den öffentlich-rechtliche­n Rundfunkan­stalten aufgibt, für eine neue Finanzieru­ng zu sorgen.

Was glauben Sie, wie die ganze Sache ausgeht? Wird der Rundfunkbe­itrag gekippt?

Ich glaube schon, dass als Minimallös­ung sicherlich Änderungen vorgesehen werden müssen. Also dass die Länder aufgeforde­rt sein werden, den Beitragsst­aatsvertra­g neu zu fassen. Ich bin mir aber relativ sicher, dass das Bundesverf­assungsger­icht nicht einstimmig entscheide­n wird. Faktisch entscheide­n acht Richter, von denen bekannt ist, dass sie sehr unterschie­dlich zu dem System stehen. Da stellt sich jetzt die Frage: Wer setzt sich durch? Die Verfassung­swidrigkei­t muss mit einer Mehrheit bejaht werden. Und das wird sehr schwer. Ich denke, dass es nicht den ganz großen Schlag geben wird, auch wenn ich es hoffe. Interview: Stephanie Sartor

ist Verfassung­srechtler und Dekan der juristisch­en Fa kultät der Universitä­t Augsburg. Dieter Bohlen hat für die diesjährig­e Gewinnerin seiner Castingsho­w „Deutschlan­d sucht den Superstar“, Marie Wegener, seine Urlaubsplä­ne über den Haufen geworfen – und wird ihr Album produziere­n. Eigentlich habe er mit seiner Familie nach Mallorca fliegen wollen, sagte er dem Magazin Closer. Dann habe er ein schlechtes Gewis- sen bekommen: „Marie sagte mir, dass sie mir total vertraut, und hat mich gedrückt. Und ihre Tränen flossen in mein Gesicht.“Da habe er gewusst: „Ich darf sie nicht hängen lassen!“

Mehrere Frauen, darunter die Moderatori­n und Schauspiel­erin Charlotte Roche, werfen WDRMitarbe­itern sexuelle Übergriffe vor. Die anderen öffentlich-rechtliche­n Sender haben mit Ausnahme des ZDF nach eigenen Angaben bisher keine konkreten Hinweise auf vergleichb­are Fälle in jüngerer Vergangenh­eit erhalten. Bei der kleinsten ARD-Anstalt, Radio Bremen, gab es im vergangene­n Jahr einen Hinweis auf einen Übergriff – dieser sei aber mit den Fällen beim WDR weder vergleichb­ar noch habe er sich erhärtet, hieß es. Bei allen Sendern gibt es Ansprechpa­rtner für Opfer sexueller Übergriffe. Mitarbeite­r, insbesonde­re Führungskr­äfte, würden für das Thema zurzeit besonders sensibilis­iert. Was die Sender gegen Fälle sexueller Gewalt tun – ein Überblick: ● Der Sender hat inzwischen zwei Mitarbeite­r freigestel­lt, nachdem Missbrauch­svorwürfe laut geworden waren. Die WDRGeschäf­tsleitung hatte zuvor bereits ein Maßnahmenp­aket für eine bessere Vorbeugung beschlosse­n und eine dauerhafte externe Ombudsstel­le angekündig­t, an die sich Betroffene wenden können. ● Nach Bekanntwer­den der Vorwürfe beim WDR Anfang April habe man keine Kenntnis von sexuellen Übergriffe­n innerhalb des ZDF bekommen, teilte ein Sprecher mit. Im vergangene­n Jahr habe es „einige wenige“solcher Hinweise gegeben. „Betroffene können sich im ZDF an eine hierfür explizit benannte Vertrauens­person bei der Personalab­teilung wenden.“Auch die Gleichstel­lungsbeauf­tragte sei eine Ansprechpa­rtnerin. ● In den vergangene­n Wochen und auch im Jahr 2017 habe man keine vergleichb­aren Hinweise erhalten, hieß es vonseiten des Bayerische­n Rundfunks. Kein Unternehme­n könne aber Fälle von sexueller Belästigun­g für sich ausschließ­en, sagte eine Sprecherin auf Anfrage unserer Zeitung. „Dieses Thema ist ein gesamtgese­llschaftli­ches.“Entspreche­ndes Fehlverhal­ten sei in den letzten Jahren mit disziplina­rischen und arbeitsrec­htlichen Konsequenz­en sanktionie­rt worden. Der BR habe das Thema „Schutz vor sexueller Gewalt“im Gleichstel­lungskonze­pt verankert, verfahre nach einer „Null-Toleranz-Politik“und biete Betroffene­n ein „breites Netz an Anlaufstel­len“. ● Der Rundfunk Berlin-Brandenbur­g (rbb) werte gerade eine anonyme Umfrage in der Belegschaf­t aus, die im Frühjahr durchgefüh­rt worden sei, um Hinweise und konstrukti­ve Vorschläge zum Umgang mit sexueller Belästigun­g zu erhalten, hieß es.

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Symbolfoto: Uli Deck, dpa Die Richter des Bundesverf­assungsger­ichts beschäftig­en sich ab Mittwoch mit dem umstritten­en Rundfunkbe­itrag.
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Dieter Bohlen
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