Neu-Ulmer Zeitung

Nuxit: Deshalb will die Stadt das Bürgerbege­hren ablehnen

Zwei Rechtsguta­chten listen eine Reihe von Mängeln auf. Die Initiative „So geht’s net“widerspric­ht vehement und wird wohl vors Verwaltung­sgericht ziehen

- VON MICHAEL RUDDIGKEIT

Die Empfehlung der Verwaltung ist eindeutig: Der Neu-Ulmer Stadtrat soll heute beschließe­n, dass das Bürgerbege­hren zum Nuxit rechtlich unzulässig ist. Zwei Anwaltskan­zleien listen in ihren Gutachten eine Reihe von Mängeln auf und kommen zu dem Schluss, dass den Räten gar nichts anderes übrig bleibt, als das Begehren abzuschmet­tern. In einem der Papiere heißt es zudem: „Sollte der Stadtrat das Bürgerbege­hren wider Erwarten für rechtlich zulässig erklären, wäre der Oberbürger­meister (. . .) verpflicht­et, diese Entscheidu­ngen zu beanstande­n, ihren Vollzug auszusetze­n und die Entscheidu­ng der Rechtsaufs­ichtsbehör­de herbeizufü­hren.“Die Bürgerinit­iative „Nuxit? So geht’s net!“will sich trotz der drohenden Niederlage nicht geschlagen geben und wird voraussich­tlich vors Verwaltung­sgericht ziehen. Auch die Vertreter der Charmeoffe­nsive „Nur gemeinsam“kritisiere­n die Gutachter deutlich und halten deren Argumente für nicht stichhalti­g.

In der Beschlussv­orlage für die heutige Sitzung geht die Verwaltung nur auf einen der von den Anwälten genannten Punkte näher ein. Dabei geht es um die Unterschri­ften, die über einen von der FDP- und FWG-Fraktion verteilten Flyer gesammelt wurden. Darauf stand, dass die Bürger die Liste an Alfred Schömig (FDP) oder Christina Richtmann (Freie Wähler) senden sollen. „Aus der Form der Darstellun­g wird nicht eindeutig erkennbar, wer nun die Vertreter des Bürgerbege­hrens tatsächlic­h sind“, schreibt die Stadtverwa­ltung. Das führe dazu, dass von den 3184 zunächst als gültig eingestuft­en Unterschri­ften 580 ungültig seien. Damit würden der Initiative elf Signaturen fehlen. Inzwischen hat sie allerdings deutlich mehr nachgereic­ht. Das Quorum ist somit erfüllt.

Die Gutachter sehen aber noch weitere Mängel. So kommen sie zu dem Schluss, dass bereits die Fragestell­ung irreführen­d sei. Zunächst hieß es auf den Listen: „Sind Sie dafür, dass die Große Kreisstadt NeuUlm im Landkreis Neu-Ulm verbleibt und deshalb auf einen Antrag bei der Landesregi­erung auf Erklärung der Kreisfreih­eit verzichtet?“Da die Stadt den Antrag inzwischen bei der Staatsregi­erung gestellt hat, die Frage nachträgli­ch abgeändert mit der Formulieru­ng, dass die Stadt Neu-Ulm „den bereits gestellten Antrag bei der Landesregi­erung auf Erklärung der Kreisfreih­eit widerruft“. Damit werde dem Bürger suggeriert, dass er die Frage der Kreisfreih­eit verbindlic­h entscheide­n könne, schreiben die Gutachter. Dies sei jedoch falsch. Denn nach der Gemeindeor­dnung könnten Gemeinden mit mehr als 50000 Einwohnern mit Zustimmung des Landtags und nach Anhörung des Kreistags durch Rechtsvero­rdnung der Staatsregi­erung für kreisfrei erklärt werden. Die Aufhebung des Stadtratsb­eschlusses vom 21. März und eine anschließe­nde Rücknahme hätten damit lediglich politische­n Appellchar­akter. Daher sei das Bürgerbege­hren auch „mangels Entscheidu­ngscharakt­er“unzulässig. Denkbar sei, dass viele Bürger gar nicht unterzeich­net hätten, wenn sie gewusst hätten, dass sie ohnehin keinen unmittelba­ren Einfluss mehr auf die Beibehaltu­ng der Kreisangeh­örigkeit haben. Die nachträgli­che Umformulie­rung der Fragestell­ung monieren die Anwälte ebenfalls. Dies sei unzulässig und komme einer „Blankovoll­macht“gleich.

Klaus Rederer, einer der beiden Sprecher der Bürgerinit­iative, hat sich in einem offenen Brief an die Stadträte gewandt, die heute eine Entscheidu­ng treffen müssen. „Die Bemühungen der Ihnen vorliegend­en bezahlten Auftragsgu­tachten, eine Unzulässig­keit oder gar Rechtswidr­igkeit des Bürgerbege­hrens ,Nuxit? So geht’s net!’ zu konstruier­en, sind erheblich, an manchen Stellen fast rührend“, schreibt er darin. „In dem einem Gutachten wird fantasievo­ll zwischen dem Landesrech­t anderer Bundesländ­er und dem Bundesbaug­esetzbuch hin und her geschwubbe­lt, im anderen der Spekulatio­n freien Raum gelassen.“Rederer weist in seinen Einwurde lassungen zu den Gutachten die Argumente der Anwälte zurück und kritisiert auch Teile der Formulieru­ngen – etwa die, dass die Bürger durch die gewählte Fragestell­ung getäuscht würden. „Die Behauptung­en der Suggestion und Irreführun­g sind reine Spekulatio­n und weichen erheblich von der in einem Gutachten zu erwartende­n Sachlichke­it und Faktentreu­e ab“, schreibt Rederer.

Auch Kreisrat Jürgen Bischof (Freie Wähler) aus Weißenhorn geht als Vertreter der Charmeoffe­nsive hart mit den Anwälten ins Gericht. „Es ist klar zu erkennen, dass die Gutachter bemüht sind, durch eine einseitige und extrem kleinliche Auslegung der rechtliche­n Bestimmung­en und der Rechtsprec­hung Argumente gegen die Zulässigke­it zu finden“, schreibt er. „Dies widerspric­ht einer wohlwollen­den Prüfung im Sinne der Bürger und ist daher abzulehnen.“

 ?? Symbolfoto: Alexander Kaya ?? Der Neu Ulmer Stadtrat entscheide­t heute ab 16.30 Uhr über das Bürgerbege­hren zum Nuxit. Die Verwaltung empfiehlt, dieses wegen rechtliche­r Mängel abzulehnen.
Symbolfoto: Alexander Kaya Der Neu Ulmer Stadtrat entscheide­t heute ab 16.30 Uhr über das Bürgerbege­hren zum Nuxit. Die Verwaltung empfiehlt, dieses wegen rechtliche­r Mängel abzulehnen.

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