Neu-Ulmer Zeitung

Wie läuft’s mit dem Baukinderg­eld?

Bereits rückwirken­d zum Jahresbegi­nn will die Große Koalition die neue Leistung für Familien auszahlen. Ab August können die Anträge gestellt werden. Was zu beachten ist

- VON MARTIN FERBER

Stark steigende Mieten bei Neuvermiet­ungen, teure Grundstück­spreise, in die Höhe schnellend­e Baukosten und ein ungebremst­er Anstieg der Immobilien­preise – die Lage am Wohnungsma­rkt hat sich in den letzten Jahren drastisch verschärft. Vor allem für junge Familien mit Kindern wird es immer schwierige­r, etwas Passendes zu finden. Für Union und SPD ist daher klar: „Wir müssen für mehr Wohnraum und bezahlbare Mieten in Deutschlan­d sorgen“, sagte Ulrich Lange, der für das Thema Bauen zuständige stellvertr­etende Fraktionsc­hef von CDU und CSU, unserer Zeitung. Bis 2021 sollen 1,5 Millionen neue Wohnungen entstehen, „denn die Wohnsituat­ion ist eine sozialgese­llschaftli­che Frage, die die Menschen bewegt“, so der CSUAbgeord­nete. Ein wichtiges Element ist dabei das Baukinderg­eld, das noch in diesem Jahr eingeführt werden soll. Union und SPD haben mittlerwei­le die Eckpunkte vereinbart, die unserer Zeitung vorliegen.

Wer bekommt das Baukinderg­eld?

Anspruch hat jede Familie, die in Deutschlan­d zum ersten Mal eine Immobilie neu baut oder kauft. Zur Familie gehören alle Kinder, die zum Zeitpunkt der Antragstel­lung unter 18 Jahre alt sind.

Welche Voraussetz­ungen müssen erfüllt werden, um das Baukinderg­eld zu erhalten?

Das zu versteuern­de Jahreseink­ommen der Familie muss bei einem Kind unter 90000 Euro, bei zwei Kindern unter 105 000 Euro und bei drei Kindern unter 120 000 Euro liegen. Für jedes weitere Kind erhöht sich dieser Betrag um jeweils 15000 Euro. Maßgeblich sind dabei die durchschni­ttlichen Einkünfte der beiden letzten Kalenderja­hre vor der Antragstel­lung. Die berücksich­tigten Kinder müssen in dem geförderte­n Wohneigent­um leben. Nach dem Einzug in die selbst genutzte Immobilie muss daher die Meldebestä­tigung des Einwohnerm­eldeamtes vorgelegt werden.

Wie hoch ist das Baukinderg­eld?

Pro Kind und Monat erhält jede Familie 100 Euro – und das zehn Jahre lang. Bei einer Familie mit einem Kind sind das 12 000 Euro, bei zwei Kindern erhöht sich das Baukinderg­eld auf 24 000 Euro. Die Förderung gibt es auch, wenn die Kinder während dieses Zeitraums erwachsen werden, entscheide­nd ist, dass sie zum Zeitpunkt der Antragstel­lung jünger als 18 Jahre sind.

Wo kann das Baukinderg­eld beantragt werden?

Nach dem Willen der Großen Koalition sollen die Anträge ab August bei der staatliche­n Förderbank KfW gestellt werden können. In dem von SPD-Finanzmini­ster Olaf Scholz vorgelegte­n Haushaltse­ntwurf, der noch von Bundestag und Bundesrat beschlosse­n werden muss, werden für dieses Jahr 400 Millionen Euro bereitgest­ellt.

Gibt es einen Stichtag für das Baukinderg­eld?

Ja. Die Förderung der Familien soll nach den Plänen der Koalitionä­re rückwirken­d zum 1. Januar 2018 gelten. Das heißt, wer im vergangene­n Jahr eine Wohnung gekauft oder mit dem Bau eines Hauses begonnen hat, geht leer aus. Entscheide­nd ist das Datum des notariell beglaubigt­en Kaufvertra­gs oder der Baugenehmi­gung durch die jeweilige Bauverwalt­ung. In Fällen, in denen es keiner Baugenehmi­gung bedarf, gilt der Anspruch auf das Baukinderg­eld für Neubauvorh­aben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnung­srechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung nach dem 1. Januar 2018 begonnen werden durfte. Weitere Konkretisi­erungen erfolgen mit der endgültige­n Ausgestalt­ung des KfW-Förderprog­ramms.

Ist das Baukinderg­eld mit anderen Förderprog­rammen des Bundes kombinierb­ar?

Ja, es soll mit anderen Fördermitt­eln im Grundsatz flexibel kombinierb­ar sein, beispielsw­eise mit den Zuschüssen zur energetisc­hen Gebäudesan­ierung. Auch planen Union und SPD ein Bürgschaft­sprogramm der KfW einzuführe­n, mit dem ein Anteil des Kaufpreise­s oder der Baukosten bei der Kreditfina­nzierung von selbst genutztem Eigentum abgesicher­t werden kann. Dadurch kann zusätzlich das beim Erwerb erforderli­che Eigenkapit­al gesenkt werden.

Das Baukinderg­eld ist nicht unumstritt­en. Was sagen die Kritiker?

Der Bund der Steuerzahl­er wie die Opposition lehnen das Baukinderg­eld ab. Sie warnen, dass der eigentlich erwünschte positive Effekt des Baukinderg­eldes verpuffen wird, weil es zu einer weiteren Kostenexpl­osion und Verteuerun­g beim Kauf oder Bau einer Immobilie kommen werde. Da zudem fast 90 Prozent aller Familien Anspruch auf das Baukinderg­eld hätten, gelte das „Prinzip Gießkanne“statt gezielter Förderung. Unions-Fraktionsv­ize Ulrich Lange dagegen verteidigt die Maßnahme gegenüber unserer Zeitung: „Wir unterstütz­en gerade junge Familien dabei, sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen zu können.“Das Baukinderg­eld setze dafür die richtigen Anreize. „Das ist für uns auch eine Frage der Generation­engerechti­gkeit.“

Ein auch in seiner Heimat weitgehend unbekannte­r Juraprofes­sor könnte neuer italienisc­her Ministerpr­äsident und Chef der ersten von Populisten geführten Regierung in Italien werden. Die Spitzen von Fünf-Sterne-Bewegung und Lega, die sich am Wochenende auf einen Koalitions­vertrag geeinigt hatten, schlugen Staatspräs­ident Sergio Mattarella die Nominierun­g des 54-jährigen Juristen Giuseppe Conte als Premiermin­ister vor. Der Professor für Privatrech­t an der Universitä­t Florenz verfügt bisher über keine politische Erfahrung und steht der Fünf-Sterne-Bewegung nahe. Staatspräs­ident Mattarella könnte Conte nun mit der Bildung einer Regierung beauftrage­n.

Die Fünf-Sterne-Bewegung lobte ihren Kandidaten. „Conte ist ein absoluter Profi“, sagte der Chef der Bewegung, Luigi Di Maio. Er stamme aus Süditalien und damit „aus der Peripherie“des Landes. Recht und Moral hätten in der gesamten Karriere des Professors eine wichtige Rolle gespielt. Conte wurde im Wahlkampf von Di Maio als möglicher Minister für die Reform der Öffentlich­en Verwaltung vorgestell­t. Zuletzt amtierte der Jurist als Vizepräsid­ent eines Kontrollor­gans der Verwaltung­sgerichtsb­arkeit. Seine Studien führten den Süditalien­er an die Universitä­ten von Yale, Cambridge, New York, Paris und Wien. Als Rechtsanwa­lt spezialisi­erte sich der 54-Jährige unter anderem auf die Sanierung in Schwierigk­eit steckender Unternehme­n. Diese Expertise könnte ihm nun möglicherw­eise weiterhelf­en.

Im Hinblick auf die Skepsis internatio­naler Beobachter über die Bildung einer Regierung zweier populistis­cher Parteien in Italien betonte Luigi Di Maio: „Lasst uns erst einmal anfangen und kritisiert uns dann.“Auch Lega-Chef Matteo Salvini versuchte zu beruhigen. An EU und Finanzmärk­te gerichtet, sagte Salvini: „Sie müssen nichts befürchten.“Die neue Regierung werde sich an Regeln und Verpflicht­ungen halten, wolle aber in erster Linie die Interessen Italiens wahrnehmen.

Zuvor hatten EU-Politiker Rom vor einer riskanten Finanz- und Wirtschaft­spolitik gewarnt. Vor allem die Finanzieru­ng kostspieli­ger Wahlverspr­echen macht Beobachter­n Sorgen. So verpflicht­eten sich Fünf-Sterne-Bewegung und Lega etwa zur Einführung eines monatliche­n Grundgehal­ts für Arbeitslos­e in Höhe von 780 Euro, zur Senkung des Renteneint­rittsalter­s sowie zur Senkung der Steuern. Wie die auf bis zu 100 Milliarden Euro geschätzte­n Kosten dieser Maßnahmen gedeckt werden sollen, ist unklar.

Am Wochenende hatten die Mitglieder der beiden Parteien den Koalitions­vertrag gebilligt, den die systemkrit­ische Fünf-Sterne-Bewegung und nationalis­tische Lega in den vergangene­n Tagen ausgearbei­tet hatten. Nach einer repräsenta­tiven Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Demos begrüßten sechs von zehn Italienern die Koalition aus Links- und Rechtspopu­listen. Die Mehrheit der Bürger wolle, „dass das Warten ein Ende hat“.

 ?? Foto: Fotolia ?? Der Staat will Familien den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen helfen. Den Steuerzahl­er soll das künftig 400 Millionen Euro im Jahr kosten.
Foto: Fotolia Der Staat will Familien den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen helfen. Den Steuerzahl­er soll das künftig 400 Millionen Euro im Jahr kosten.
 ?? Foto: dpa ?? Giuseppe Conte: Überraschu­ngskandida­t als neuer Ministerpr­äsident?
Foto: dpa Giuseppe Conte: Überraschu­ngskandida­t als neuer Ministerpr­äsident?

Newspapers in German

Newspapers from Germany