Wie läuft’s mit dem Baukindergeld?
Bereits rückwirkend zum Jahresbeginn will die Große Koalition die neue Leistung für Familien auszahlen. Ab August können die Anträge gestellt werden. Was zu beachten ist
Stark steigende Mieten bei Neuvermietungen, teure Grundstückspreise, in die Höhe schnellende Baukosten und ein ungebremster Anstieg der Immobilienpreise – die Lage am Wohnungsmarkt hat sich in den letzten Jahren drastisch verschärft. Vor allem für junge Familien mit Kindern wird es immer schwieriger, etwas Passendes zu finden. Für Union und SPD ist daher klar: „Wir müssen für mehr Wohnraum und bezahlbare Mieten in Deutschland sorgen“, sagte Ulrich Lange, der für das Thema Bauen zuständige stellvertretende Fraktionschef von CDU und CSU, unserer Zeitung. Bis 2021 sollen 1,5 Millionen neue Wohnungen entstehen, „denn die Wohnsituation ist eine sozialgesellschaftliche Frage, die die Menschen bewegt“, so der CSUAbgeordnete. Ein wichtiges Element ist dabei das Baukindergeld, das noch in diesem Jahr eingeführt werden soll. Union und SPD haben mittlerweile die Eckpunkte vereinbart, die unserer Zeitung vorliegen.
Wer bekommt das Baukindergeld?
Anspruch hat jede Familie, die in Deutschland zum ersten Mal eine Immobilie neu baut oder kauft. Zur Familie gehören alle Kinder, die zum Zeitpunkt der Antragstellung unter 18 Jahre alt sind.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden, um das Baukindergeld zu erhalten?
Das zu versteuernde Jahreseinkommen der Familie muss bei einem Kind unter 90000 Euro, bei zwei Kindern unter 105 000 Euro und bei drei Kindern unter 120 000 Euro liegen. Für jedes weitere Kind erhöht sich dieser Betrag um jeweils 15000 Euro. Maßgeblich sind dabei die durchschnittlichen Einkünfte der beiden letzten Kalenderjahre vor der Antragstellung. Die berücksichtigten Kinder müssen in dem geförderten Wohneigentum leben. Nach dem Einzug in die selbst genutzte Immobilie muss daher die Meldebestätigung des Einwohnermeldeamtes vorgelegt werden.
Wie hoch ist das Baukindergeld?
Pro Kind und Monat erhält jede Familie 100 Euro – und das zehn Jahre lang. Bei einer Familie mit einem Kind sind das 12 000 Euro, bei zwei Kindern erhöht sich das Baukindergeld auf 24 000 Euro. Die Förderung gibt es auch, wenn die Kinder während dieses Zeitraums erwachsen werden, entscheidend ist, dass sie zum Zeitpunkt der Antragstellung jünger als 18 Jahre sind.
Wo kann das Baukindergeld beantragt werden?
Nach dem Willen der Großen Koalition sollen die Anträge ab August bei der staatlichen Förderbank KfW gestellt werden können. In dem von SPD-Finanzminister Olaf Scholz vorgelegten Haushaltsentwurf, der noch von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden muss, werden für dieses Jahr 400 Millionen Euro bereitgestellt.
Gibt es einen Stichtag für das Baukindergeld?
Ja. Die Förderung der Familien soll nach den Plänen der Koalitionäre rückwirkend zum 1. Januar 2018 gelten. Das heißt, wer im vergangenen Jahr eine Wohnung gekauft oder mit dem Bau eines Hauses begonnen hat, geht leer aus. Entscheidend ist das Datum des notariell beglaubigten Kaufvertrags oder der Baugenehmigung durch die jeweilige Bauverwaltung. In Fällen, in denen es keiner Baugenehmigung bedarf, gilt der Anspruch auf das Baukindergeld für Neubauvorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung nach dem 1. Januar 2018 begonnen werden durfte. Weitere Konkretisierungen erfolgen mit der endgültigen Ausgestaltung des KfW-Förderprogramms.
Ist das Baukindergeld mit anderen Förderprogrammen des Bundes kombinierbar?
Ja, es soll mit anderen Fördermitteln im Grundsatz flexibel kombinierbar sein, beispielsweise mit den Zuschüssen zur energetischen Gebäudesanierung. Auch planen Union und SPD ein Bürgschaftsprogramm der KfW einzuführen, mit dem ein Anteil des Kaufpreises oder der Baukosten bei der Kreditfinanzierung von selbst genutztem Eigentum abgesichert werden kann. Dadurch kann zusätzlich das beim Erwerb erforderliche Eigenkapital gesenkt werden.
Das Baukindergeld ist nicht unumstritten. Was sagen die Kritiker?
Der Bund der Steuerzahler wie die Opposition lehnen das Baukindergeld ab. Sie warnen, dass der eigentlich erwünschte positive Effekt des Baukindergeldes verpuffen wird, weil es zu einer weiteren Kostenexplosion und Verteuerung beim Kauf oder Bau einer Immobilie kommen werde. Da zudem fast 90 Prozent aller Familien Anspruch auf das Baukindergeld hätten, gelte das „Prinzip Gießkanne“statt gezielter Förderung. Unions-Fraktionsvize Ulrich Lange dagegen verteidigt die Maßnahme gegenüber unserer Zeitung: „Wir unterstützen gerade junge Familien dabei, sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen zu können.“Das Baukindergeld setze dafür die richtigen Anreize. „Das ist für uns auch eine Frage der Generationengerechtigkeit.“
Ein auch in seiner Heimat weitgehend unbekannter Juraprofessor könnte neuer italienischer Ministerpräsident und Chef der ersten von Populisten geführten Regierung in Italien werden. Die Spitzen von Fünf-Sterne-Bewegung und Lega, die sich am Wochenende auf einen Koalitionsvertrag geeinigt hatten, schlugen Staatspräsident Sergio Mattarella die Nominierung des 54-jährigen Juristen Giuseppe Conte als Premierminister vor. Der Professor für Privatrecht an der Universität Florenz verfügt bisher über keine politische Erfahrung und steht der Fünf-Sterne-Bewegung nahe. Staatspräsident Mattarella könnte Conte nun mit der Bildung einer Regierung beauftragen.
Die Fünf-Sterne-Bewegung lobte ihren Kandidaten. „Conte ist ein absoluter Profi“, sagte der Chef der Bewegung, Luigi Di Maio. Er stamme aus Süditalien und damit „aus der Peripherie“des Landes. Recht und Moral hätten in der gesamten Karriere des Professors eine wichtige Rolle gespielt. Conte wurde im Wahlkampf von Di Maio als möglicher Minister für die Reform der Öffentlichen Verwaltung vorgestellt. Zuletzt amtierte der Jurist als Vizepräsident eines Kontrollorgans der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Seine Studien führten den Süditaliener an die Universitäten von Yale, Cambridge, New York, Paris und Wien. Als Rechtsanwalt spezialisierte sich der 54-Jährige unter anderem auf die Sanierung in Schwierigkeit steckender Unternehmen. Diese Expertise könnte ihm nun möglicherweise weiterhelfen.
Im Hinblick auf die Skepsis internationaler Beobachter über die Bildung einer Regierung zweier populistischer Parteien in Italien betonte Luigi Di Maio: „Lasst uns erst einmal anfangen und kritisiert uns dann.“Auch Lega-Chef Matteo Salvini versuchte zu beruhigen. An EU und Finanzmärkte gerichtet, sagte Salvini: „Sie müssen nichts befürchten.“Die neue Regierung werde sich an Regeln und Verpflichtungen halten, wolle aber in erster Linie die Interessen Italiens wahrnehmen.
Zuvor hatten EU-Politiker Rom vor einer riskanten Finanz- und Wirtschaftspolitik gewarnt. Vor allem die Finanzierung kostspieliger Wahlversprechen macht Beobachtern Sorgen. So verpflichteten sich Fünf-Sterne-Bewegung und Lega etwa zur Einführung eines monatlichen Grundgehalts für Arbeitslose in Höhe von 780 Euro, zur Senkung des Renteneintrittsalters sowie zur Senkung der Steuern. Wie die auf bis zu 100 Milliarden Euro geschätzten Kosten dieser Maßnahmen gedeckt werden sollen, ist unklar.
Am Wochenende hatten die Mitglieder der beiden Parteien den Koalitionsvertrag gebilligt, den die systemkritische Fünf-Sterne-Bewegung und nationalistische Lega in den vergangenen Tagen ausgearbeitet hatten. Nach einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Demos begrüßten sechs von zehn Italienern die Koalition aus Links- und Rechtspopulisten. Die Mehrheit der Bürger wolle, „dass das Warten ein Ende hat“.