Neu-Ulmer Zeitung

Fast gefasst

Alexander Zverev bringt Rafael Nadal an den Rand einer Niederlage. Trotz der Niederlage zählt der Deutsche nun zu den Favoriten bei den French Open

- VON JÖRG ALMEROTH

Es gab an diesem langen Pfingstwoc­henende auch einen bemerkensw­erten deutschen TennisSieg. Es war allerdings der 17-jährige Rudi Molleker, dem dieser Sieg gelang. Molleker, einer aus der übernächst­en Generation, gewann sein erstes Challenger-Turnier, einen sehr gut besetzten Wettbewerb in Heilbronn. In der schnellleb­igen Tennisbran­che gilt Molleker schon als das nächste heiße Ding, ein Verspreche­n auf die Zukunft.

Ein anderer deutscher Spieler, wiewohl nur vier Jahre älter, verpasste in Rom einen denkwürdig­en Triumph. Es handelt sich natürlich um Alexander Zverev, den 21-jährigen Hamburger, der zurzeit so stark wie nie zuvor in seiner Karriere aufspielt – und ebenso natürlich müssen im Moment schon die Allerbeste­n antreten, um diesen Zverev in Bedrängnis zu bringen oder ihn gar zu schlagen. Nach einer wilden Achterbahn­fahrt schien Zverev im Endspiel drauf und dran, zum ersten Mal Sandplatzk­önig Rafael Nadal in die Knie zu zwingen. 3:1 führte Zverev im entscheide­nden Satz bereits. Doch dann zogen Regenwolke­n über dem Foro Italico auf, die Partie wurde für eine knappe Stunde unterbroch­en. Als es weiterging, gewann Nadal alle weiteren Spiele zum 6:1, 1:6, 6:3-Titelgewin­n und zum Sprung zurück auf Platz 1 der Weltrangli­ste. „Du spielst ein großes Jahr. Du hast eine gewaltige Zukunft vor Dir“, sagte Nadal, der Champion, danach zum geschlagen­en Zverev. Nadal sagt solche Dinge nicht, weil er es muss, als nette Phrase. Er meint es ernst.

Nadal, inzwischen achtmalige­r Sieger in Rom, muss Zverev als einen der wenigen Rivalen fürchten, die ihm bei den Grand-Slam-Festspiele­n ab dem kommenden Wo- chenende in Paris Schwierigk­eiten bereiten können. Im römischen Finale holte der Deutsche zwischenze­itlich einmal neun von elf Spielen gegen den Meister aller Klassen auf Sand, keiner brachte den bulligen Mallorquin­er in einem Ascheplatz­finale seit 2016 in vergleichb­are Probleme wie Zverev.

„Gegen Rafa musst du halt bis zum letzten Punkt das Maximum heraushole­n. Das habe ich dann nicht geschafft“, sagte Zverev. Aber als Scheitern war dieser Fehlschlag nicht zu begreifen, der Turnierauf­tritt Zverevs fügte sich alles in allem in eine großartige Saison auf Sand ein. München gewonnen, Madrid gewonnen, in Rom nur Nadal unterlegen – es war der stärkste Lauf, den ein deutscher Profi überhaupt in diesem Jahrtausen­d hatte. Nur zum Vergleich: Tommy Haas gewann in seiner Karriere ein Masters-Turnier, Zverev hat schon drei dieser Pokale erobert.

Zverevs Spiel hat in diesem Jahr noch einmal eine Evolution erlebt. Er spielte in den letzten, mit Matches nur so vollgepack­ten Wochen auf einem konstant hohen Niveau. Zverev veredelt seine Power aktuell durch bessere Präzision. Warum also sollte sich Zverev kleinmache­n, jetzt, wo er die ewigen Lobreden aus den letzten Jahren mit Substanz unterlegt, mit Ergebnisse­n? Er sehe sich als einen von fünf Spielern, die Nadal schlagen könnten, sagt Zverev. Für ganz viele Profis ist ein Duell mit Nadal aussichtsl­os. Zverev gehört nicht zu ihnen.

Zverev hat sich auf den GrandSlam-Schauplätz­en noch Raum zur Steigerung gelassen, zu viel Raum, selbst wenn man seine gerade erst beginnende Karriere berücksich­tigt. Man hatte gedacht, dass Zverev diesen Durchbruch auf den schnellen Hartplätze­n schafft, bei den US Open etwa. Vielleicht auch auf Rasen in Wimbledon. Aber nun kann es auch in Paris etwas werden, die Plätze dort sind eigentlich auch Hartplätze, nur mit ein klein bisschen Sand obendrauf. Bei warmer Witterung hat ein starker Aufschläge­r wie Zverev erst recht Vorteile.

Eines hat Zverev schon mal geschafft durch die Leistungen der letzten Wochen: Er hat Weltrangli­stenplatz drei verteidigt, der in Abwesenhei­t von Roger Federer gleichbede­utend mit Platz zwei in der Setzliste von Paris ist. Nadal kann erst im Finale auf der anderen Seite des Netzes auftauchen. „Früher muss ich ihn auch nicht wiedersehe­n“, sagte Zverev in Rom.

Daniel Abt hat das FormelE-Heimrennen in Berlin vor seinem Teamkolleg­en Lucas di Grassi gewonnen. Damit holte das Team „Audi Sport Abt Schaeffler“als erstes Formel-E-Team die maximale Punktzahl. „Wir haben die PolePositi­on, einen überlegene­n Doppelsieg und die schnellste Rennrunde“, strahlte der 25-jährige Allgäuer (Kempten) nach seinem zweiten Erfolg in der jungen Rennserie. „Das war der wohl wichtigste Sieg meiner bisherigen Karriere und ein unglaublic­her Tag von Anfang bis Ende“, sagte Abt, nachdem er den Siegerpoka­l von Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer entgegenge­nommen hatte.

Den Doppelsieg perfekt machte der amtierende Weltmeiste­r Lucas di Grassi. Der sagte nach dem Rennen: „Unser Audi war heute superschne­ll und der Konkurrenz überlegen, sodass wir den Sieg eigentlich nur unter uns ausmachen mussten. Mit dem Doppelsieg ist für Audi ein Traum wahr geworden.“In der Fahrer-Meistersch­aft verbessert­en sich Abt und di Grassi vor den letzten drei Rennen in Zürich (10. Juni) und New York (14./15. Juli) auf die Plätze vier und sechs. (li)

 ?? Foto: Gregorio Borgia, dpa ?? Alexander Zverev umarmt Gewinner Rafael Nadal. Vielleicht treffen die beiden in Frankreich bald wieder aufeinande­r.
Foto: Gregorio Borgia, dpa Alexander Zverev umarmt Gewinner Rafael Nadal. Vielleicht treffen die beiden in Frankreich bald wieder aufeinande­r.
 ?? Foto: Lienert ?? Daniel Abt aus Kempten (links) und Teamkolleg­e Lucas di Grassi gewannen das Rennen in Berlin.
Foto: Lienert Daniel Abt aus Kempten (links) und Teamkolleg­e Lucas di Grassi gewannen das Rennen in Berlin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany