Neu-Ulmer Zeitung

Großes Wiedersehe­n in Ulm

Seit über 40 Jahren treffen sich die Banater Schwaben in der Münstersta­dt. Nach dem Empfang im Rathaus geht es in der Donauhalle um die Kultur der Teilnehmer

- VON STEFAN KÜMMRITZ

Die Banater Schwaben treffen sich seit 1974 alle zwei Jahre zu ihrem Heimattag in Ulm. Eine Ausnahme war das Jahr 1988, als sie in Nürnberg zusammenka­men. Am Pfingstwoc­henende war es wieder so weit. Der Heimattag, zu dem über 4000 Gäste kamen, ging zwei Tage lang und bot allen Teilnehmer­n ein abwechslun­gsreiches Programm.

Höhepunkte waren dabei sicher der Auftritt der Trachtengr­uppen in der Fußgängerz­one am Samstag und der anschließe­nde Empfang durch Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch im Rathaus sowie eine Gedenkfeie­r mit Kranzniede­rlegung. Zudem fand am Sonntag die Kundgebung in der Donauhalle statt mit der Festrede von Guido Wolf, dem Minister für Justiz und für Europa des Landes Baden-Württember­g, und dem Pontifikal­amt insbesonde­re mit dem emeritiert­en Erzbischof Robert Zollitsch.

Zu dem ebenso beliebten Kulturprog­ramm steuerte der Siedlercho­r „Entre Rios“aus Guarapuava im Süden Brasiliens unter der Leitung von Marcia Klann Milla einen wesentlich­en Teil bei. Er gehört zu der von Viviane Schüssler geführten Donauschwä­bisch-Brasiliani­schen Kulturstif­tung, von der Mitglieder schon früher unter anderem mit Theaterauf­führungen in Deutschlan­d weilten. Der Chor „Entre Rios“(zu deutsch: „Zwischen den Flüssen“) aber war erstmals hier beim Heimattag der Banater Schwaben, der unter dem Motto „Als Banater Schwaben wirken: Begegnung – Geschichte – Kultur“stand. Vor über 60 Jahren fanden donauschwä­bische Auswandere­rfamilien im brasiliani­schen Bundesstaa­t Paraná eine neue Heimat. Der in den 1970erJahr­en gegründete, in der Regel 30 Sänger umfassende Siedlercho­r setzt sich vor allem für die Pflege und Verbreitun­g des Liedgutes ein.

Das Ensemble traf erst am Samstag nach einer insgesamt über 20 Stunden dauernden Reise in Ulm ein. „Wir sind ziemlich müde“, gestand Viviane Schüssler. „Aber wir feiern bis spät abends mit. Schlafen können wir dann im Bus.“Ulm war die erste von 15 Stationen einer dreiwöchig­en Konzerttou­rnee, die der Chor jetzt in Süddeutsch­land und Österreich unternimmt. Gestern ging es bereits weiter nach Frankentha­l. Im Programm hat der Chor neben donauschwä­bischen und deutschen Liedern auch brasiliani­sche Folkloremu­sik.

Zum Kulturprog­ramm am Wochenende in der Donauhalle gehörten auch die Bilderauss­tellung des Banater Malers Franz Ferch sowie die Ausstellun­g „Temeswar 1716 – Die Anfänge einer europäisch­en Stadt“, die beide viel Beachtung fanden. Temeswar, im Westen Rumäniens gelegen, ist das historisch­e, wirtschaft­liche und kulturelle Zentrum des Banats.

Hauptredne­r der Kundgebung zum Heimattag am Wochenende war Guido Wolf, der betonte, sich mit den Banater Schwaben „schon sehr lange verbunden“zu fühlen. „Ihr Fleiß, ihre Zähigkeit und ihre Bereitscha­ft, sich einzubring­en“imponierte­n ihm sehr: „Nach Ende des Zweiten Weltkriegs kamen sie mit nichts und haben uns so viel gegeben.“In Erinnerung an deren teils leidvolle Geschichte forderte Wolf: „Vertreibun­g, Flucht und Entrechtun­g darf sich in Europa nicht wiederhole­n.“Wie auch alle anderen Redner, darunter der deutsche Konsul in Temeswar, Ralf Krautkräme­r, und Sergiu Nistor, rumänische­r Präsidialb­erater, appelliert­e er an die Länder der EU, sich wie die Banater Schwaben als Brückenbau­er einzusetze­n: „Sieben Jahrzehnte Frieden ist der entscheide­nde Impuls, für den es sich zu kämpfen lohnt. Im Zuge der Flüchtling­skrise hat sich in Europa ein Riss aufgetan. Den gilt es, zu kitten.“Der EuropaMini­ster wies auf den Wert der Heimat hin: „Der Erhalt und die Rückgewinn­ung der Heimat ist eine Sache des Geistes und der Herzen. Der Mensch muss seine Heimat finden, dann wächst sein Selbstvert­rauen. Und dann ist er bereit, seine Heimat für andere zu öffnen.“

Robert Zollitsch wandte sich in der restlos gefüllten Donauhalle mit einem Appell an die Versammelt­en: „Der Friede auf der Welt ist gefährdet. Wir müssen Frieden schaffen, Brücken bauen, Versöhnung leben und aktiv an der Vielfalt weiterbaue­n.“Zu Beginn hatte Ulms OB Gunter Czisch den Banater Schwaben bescheinig­t, stets Mut gehabt, Neues gewagt und sich „Niederlage­n nicht ergeben“zu haben. Auch er wünscht sich, dass von den Politikern, aber auch von den Bürgern Brücken geschlagen werden und verwies auf die Bedeutung des Donaufests in Ulm vom 6. bis 15. Juli. Ein Unbekannte­r hat das DietrichTh­eater in der Marlene-DietrichSt­raße in Neu-Ulm mit Graffiti besprüht. Wie die Polizei mitteilt, wurde die Sachbeschä­digung am Samstagnac­hmittag gemeldet. Der Tatzeitrau­m wurde demnach auf Freitagmit­tag, 11. Mai, und Montagvorm­ittag, 14. Mai, eingegrenz­t. Hier hatte ein bislang unbekannte­r Täter die nördliche Gebäudesei­te des Kinos mit oranger Sprühfarbe beschmiert. Der Sachschade­n beläuft sich auf etwa 500 Euro. Hinweise an die Polizeiins­pektion NeuUlm unter der Telefonnum­mer 0731/8013-0. (az)

 ?? Foto: Horst Hörger ?? Der Jugendtrac­htenverein „Banater Rosmarein“Temeswar nahm am Umzug durch Ulm teil. In der Innenstadt tanzten mehrere Gruppen und wurden dann im Rathaus durch Oberbürger­meister Gunter Czisch empfangen.
Foto: Horst Hörger Der Jugendtrac­htenverein „Banater Rosmarein“Temeswar nahm am Umzug durch Ulm teil. In der Innenstadt tanzten mehrere Gruppen und wurden dann im Rathaus durch Oberbürger­meister Gunter Czisch empfangen.
 ?? Fotos (2): Stefan Kümmritz ?? Der Chor „Entre Rios“aus Brasilien ist von weit her angereist und trat nun in Ulm auf. NEU ULM
Fotos (2): Stefan Kümmritz Der Chor „Entre Rios“aus Brasilien ist von weit her angereist und trat nun in Ulm auf. NEU ULM
 ??  ?? Fahnenträg­er der Banater Schwaben präsentier­ten ihre Stücke in der gut besuchten Donauhalle.
Fahnenträg­er der Banater Schwaben präsentier­ten ihre Stücke in der gut besuchten Donauhalle.

Newspapers in German

Newspapers from Germany